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nmz-archiv
nmz 2005/11 | Seite 42
54. Jahrgang | November
Bücher
Ich wollte immer aussehen wie Jimi Hendrix
Verdientes literarisches Denkmal für Bryan Ferry und Roxy
Music
David Buckley: Bryan Ferry und Roxy Music. Großes
Kino für die Ohren, Hannibal, Höfen 2005, 408
Seiten, € 24,90, ISBN 3-85445-155-1
Musikerbiografien, vor allem wenn sie über 400 Seiten umfassen,
sind oft etwas für Musikexperten, die beruflich mit der Sache
zu tun haben, oder für Hardcore-Fans. Doch das Kapitel Bryan
Ferry und Roxy Music lässt sich eben nicht einfach in ein paar
Seiten klatschen, die Band und ihr zur Kultfigur gewordener Leader
haben Popmusikgeschichte geschrieben und haben mit ihrem außergewöhnlichen
Sound neben David Bowie die Ära des Glamrock geprägt wie
niemand anderer.
Wie so viele großartige Musikerkollegen, die in der 70ern
als Performer groß geworden sind, stammt auch Bryan Ferry
aus Großbritannien, besser gesagt aus einem nordenglischen
Arbeiterviertel, was man dem späteren Gentleman des Pop wirklich
nicht mehr ansah. Vielleicht war es genau diese Sehnsucht nach dem
anderen, nach Glamour, guten Anzügen und einem exotischen Leben,
das den schüchternen Jungen aus ärmlichen Verhältnissen
in eine ungewöhnliche Musikerkarriere trieb.
Der am 26. September 1945 geborene Ferry lernte die erste „richtige“
Musik bereits als Fünfjähriger kennen und lieben, als
ihm eine seiner Schwestern Beethovens Mondscheinsonate vorspielte,
wenig später machte ihn eine Tante mit Nat King Cole bekannt,
wiederum eine andere Schwester mit Blues und Soul. Schon früh
fühlte sich Ferry in der glanzlosen Arbeiterwelt deplatziert
und als Außenseiter, es zog ihn zum Theater, zur Bohème,
zum Künstlertum, alles was schön und perfekt war, spielte
sich seiner Meinung nach, in einer anderen Gesellschaftsschicht
ab.
Musiker wurde er dann beinahe aus Zufall, während seiner
Zeit als Student der bildenden Künste in Newcastle sprach ihn
ein Radsportkollege an, ob er nicht in einer Band singen wolle.
Doch es vergingen fast zehn Jahre bis Ferry auch berufliche Erfolge
als Musiker feiern konnte.
Der Rest ist, wie gesagt, Popgeschichte, und Autor David Buckley
hat sorgfältig recherchiert, zahlreiche Interviews mit Freunden,
Familie und Bandkollegen geführt; mit seiner Biografie ist
ihm gleichzeitig ein Stück Sittengeschichte der verrückten
Siebziger- und Achtzigerjahre im glamourösen London gelungen.
Eine vergnügliche Reise in bunte Kreise und die melancholische
Welt eines der besten Songschreiber seiner Zeit, der mit seiner
Band Roxy Music eine ganze Generation prägte.
Ende der Neunziger gelang Bryan Ferry, um den es Ende der Achtziger
still geworden war, mit der Nostalgiewelle übrigens noch einmal
mit einer großartigen CD-Produktion ein kleines Comeback.
Der Gentleman des Pop interpretiert auf „As Time Goes By“
seine Lieblingslieder aus den Dreißigerjahren, Kritik und
Publikum zeigten sich begeistert. Internetadressen, eine ausführliche
Bibliografie und Diskografie vervollständigen das einfühlsame
Werk.