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nmz-news
nmz 2005/11 | Seite 4-8
54. Jahrgang | November
Nachrichten
Nachrichten aus Musikwirtschaft,
Kulturpolitik und Musikleben
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Nachrichten aus der neuen musikzeitung 2005/11:
Sparplan der Musikschule von der Stadt abgelehnt
Konservatorium „Georg Friedrich Händel“ in Halle
drohen erhebliche Einschnitte
Die Stadt Halle/Saale steht vor der Zwangsverwaltung, sollte ein
erneut erstellter Haushaltplan nach der Ablehnung des letzten durch
die Landesverwaltung Sachsen-Anhalt wiederum scheitern. Der Beigeordnete
für Kultur, Bildung und Sport, Hans-Jochen Marquardt, erklärte,
das Landesverwaltungsamt in Magdeburg habe Halle im Bereich der
freiwilligen und der Pflichtleistungen „exorbitante Ausgaben,
besonders im Bereich Kultur“ konstatiert. Die einstmals von
der Unternehmensberatung Roland Berger formulierten Konsolidierungsziele,
städtische Einnahmen und Ausgaben bis zum Jahr 2007 in Einklang
zu bringen, sind für Halle nicht erreichbar. So heißt
es nunmehr, dass der Haushalt bis zum Jahr 2012 in den roten Zahlen
bleiben werde und bis dahin ein Gesamtdefizit von 350 Millionen
Euro drohe. Gespart werden muss in allen Ressorts. Allein im Kulturressort
sind Einsparungen von acht Millionen Euro zu stemmen. Neben den
im KIZ bereits veröffentlichten Streichungen im Theaterbetrieb
der Saalestadt, geht der Kelch auch am Konservatorium „Georg
Friedrich Händel“ mit zirka 2.400 Musikschülern
nicht vorbei. Der zur Haushaltkonsolidierung eingereichte Sparplan
der Musikschule ging dem Kulturamt nicht weit genug und wurde abgelehnt.
Er sah vor, bis zum Jahr 2024 ein Drittel der fest angestellten
Pädagogen abzubauen und die Gebühren schrittweise zu erhöhen.
In der verlangten „Nachbesserung“ des Sparplanes wird
nun vorgeschlagen, dass der Lehrkörper bereits bis zum Jahr
2012 um ein Drittel dezimiert wird und dass die Gebühren bereits
ab Januar 2006 um 70 Prozent steigen. Das würde eine Erhöhung
der derzeitigen Einnahmen von 25 Prozent bedeuten. Das von der Stadt
vorgegebene Einnahmesoll von 770.000 Euro pro Jahr würde aber
trotz allem nicht erreicht. Zu bedenken ist, dass nach einer solchen
Gebührenerhöhung die Schülerzahl erfahrungsgemäß
um ein Fünftel zurückgeht. Zumal in einer sozial schwachen
Stadt wie Halle. Der stellvertretende Schulleiter, Thomas Effner,
erklärte, für das Konservatorium gäbe es keine Alternative
zur Schrumpfung, sonst gingen die Fördermaßnahmen der
Stadt verloren. Allerdings wolle man Kündigungen vermeiden
und werde deshalb von BAT auf Haustarifverträge umsteigen.
Auch werde geprüft, ob nicht eine andere Rechtsform als die
jetzige denkbar sei.
Die Gebühren, die im Moment noch etwas unter dem Bundesdurchschnitt
lägen, würden laut Effner in zwei Stufen um jeweils 20
Prozent erhöht werden. „Dies ist ein normaler Angleichungsprozess.“
Marquardt sagte weiter: „Trotz acht Millionen Kürzungen
im Kulturbereich, soll keine kulturelle Einrichtung in Halle geschlossen
werden.“
Dabei betonte er allerdings, dass er keine Garantie geben könne:
Voraussetzung sei es, die Sparvorgaben zu erreichen. Noch im Oktober
soll der neuerliche Sparplan präsentiert werden. Dann muss
die Händel-Stadt unter Beweis stellen, wie viel ihr die musikalische
Bildung ihrer Kinder wert ist.
Bayern experimentiert
Gelegentlich erreicht die E-Musiköffentlichkeit aus den ARD-Anstalten,
speziell aus dem von einem Musikdilettanten geführten Südwestrundfunk,
sogar eine positive Nachricht. Diese lautet: „Der Bayerische
Rundfunk wird ab Januar 2006 der dritte Kooperationspartner des
Experimentalstudios der Heinrich-Strobel-Stiftung des SWR e.V. Seit
mehreren Jahren sind das Zentrum für Kunst und Medientechnologie
(ZKM) Karlsruhe sowie die Stadt Freiburg bereits Partner des Experimentalstudios“.
– Solche Kooperationen sind sinnvoll, weil sie die Kosten
einer Einrichtung auf mehrere Schultern verteilen, gleichwohl die
Sache selbst nicht beschädigen. Welche Bedeutung das Experimentalstudio
für die Entwicklungsgeschichte der Neuen Musik hat, braucht
den Lesern der neuen musikzeitung nicht weiter erklärt zu werden.
Vielleicht kehrt im SWR auch noch Vernunft ein, wenn es um die Zukunft
des SWR-Vokalensembles geht.
Was da nach den zum Teil heftigen Protesten aus der gesamten Musiköffentlichkeit
jetzt mehr oder minder klammheimlich in den SWR-Kulissen abläuft,
läuft auf die Fortsetzung des kulturpolitischen Skandals hinaus,
der den Namen des SWR-Intendanten Peter Voss trägt.
Gerhard Rohde
Theaterstatistik des Bühnenvereins
Der vom Deutschen Bühnenverein vorgelegten „Theaterstatistik
2003/2004“ ist zu entnehmen, dass die Kürzungen der Betriebszuschüsse
für die öffentlichen Theater in Deutschland kaum noch
durch Steigerung der Eigenleistungen abgefangen werden können.
Die Zuweisungen der Länder sanken um 12,7 Millionen Euro, die
der Kommunen sogar um 35,8 Millionen; das sind insgesamt 48,5 Millionen
oder rund 2,4 Prozent. 556 Arbeitsplätze mussten in der Spielzeit
2003/2004 infolge dieser Kürzungen der Fördermittel abgebaut
werden. Dementsprechend ging die Zahl der Veranstaltungen um mehr
als 800 auf 63.911 zurück. Die Zahl der Besucher, die 2002/2003
noch gestiegen war, ging um rund 275.000 auf jetzt 19.627.953 zurück,
was sich wiederum auf die Einspielergebnisse auswirkte: Sie sanken
von 16,4 auf 16,3 Prozent. Rückgänge hatten vor allem
das Musik- sowie das Kinder- und Jugendtheater hinzunehmen. Wenn
dennoch die Gesamtzahl der Besucher mit 35,6 Millionen knapp gehalten
werden konnte, so ist dies den Festspielunternehmungen ebenso zu
verdanken wie den 48 selbstständigen Kulturorchestern, die
bei einer Steigerung der ihnen zugewiesenen Fördermittel um
rund zwei Millionen Euro auch rund 200.000 Besucher hinzugewinnen
konnten, vor allem aber den 217 Privattheatern. Obwohl ihre öffentliche
Förderung um rund 1,9 Prozent auf insgesamt 78,12 Millionen
Euro zurückging, konnten sie die Zahl ihrer Veranstaltungen
auf rund 47.000 steigern und damit 11.757.838 Besucher erreichen.
(siehe auch unser Interview
S. 25!)
So gut wie gesichert: Ruhrtriennale 2008 bis 2010
Die Zukunft der Ruhrtriennale ist offenbar gesichert. Wie der neue
nrw-Staatssekretär für Kultur, Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff
(CDU), ankündigte, wird er der Landesregierung vorschlagen,
das Festival auch in der dritten Spielzeit 2008 bis 2010 zu fördern.
Dabei solle die Ruhrtriennale von der angekündigten Verdoppelung
des Landeskulturetats in den nächsten fünf Jahren profitieren.
(siehe auch nrw-Schwerpunkt S.3–8)
Spiel mit dem Feuer in Bremen
Nach der Aufdeckung des Millionendefizits beim Bremer Theater warnt
der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Klaus Zehelein,
vor einer Insolvenz der Einrichtung. Die Freie Hansestadt Bremen
müsse ihre „schützende Hand“ über ihr
Theater halten und für eine möglichst umgehende Konsolidierung
der Finanzen Sorge tragen, sagte Zehelein am Donnerstag in Köln.
Keinesfalls dürfe die Insolvenz des Theaters riskiert werden.
„Das ist ein Spiel mit dem Feuer, eine Zumutung für Publikum
und Mitarbeiter“, betonte Zehelein. Das jüngst bekannt
gewordene Defizit von rund 4,7 Millionen Euro verdeutliche, dass
das Bremer Theater bislang unterfinanziert gewesen sei.
Der Intendant des Bremer Theaters, Klaus Pierwoß, hatte in
der vergangenen Woche das Etatloch eingeräumt. Der Schuldenberg
sei unter anderem auf den knappen Kulturetat Bremens und auf fragwürdige
Investitionen eines vor kurzem entlassenen kaufmännischen Geschäftsführers
zurückzuführen.
Die neue Kern-Orgel in der Dresdner Frauenkirche
Am Sonntag, den 30. Oktober, findet die Weihe der wiederaufgebauten
Dresdner Frauenkirche statt – mit neuer Kern-Orgel. Die neue
musikzeitung hatte in der Vergangenheit ausführlich über
den seit Jahren andauernden Streit um eine Rekonstruktion der Silbermann-Orgel
oder den Bau eines neuen Instruments „in Anlehnung an Silbermann“
berichtet. Letztlich war dann doch die Firma Kern in Straßburg
mit dem Bau einer Orgel beauftragt worden, die sowohl die Vorzüge
einer historischen Orgel als auch die technischen Errungenschaften
eines modernen Konzertinstruments vereinigt. Der von George Bähr
entworfene Orgelprospekt dagegen wurde beim Wiederaufbau der Frauenkirche
detailgetreu nach der 1736 geschaffenen und 1945 zerstörten
Silbermann-Orgel rekonstruiert. Der Carus Verlag Stuttgart bringt
jetzt die erste CD-Einspielung an der neuen Kern-Orgel auf den Markt.
Samuel Kummer, Organist an der Frauenkirche zu Dresden, spielt Werke
von Bach und Duruflé.
„musik gewinnt“ – Musikalisches Leben
in Schulen
Ungezählte Schulen in allen Bundesländern bieten ihren
Schülern mehr als nur den staatlich vorgegebenen Musikunterricht
in der Klasse. Oft jedoch weiß kaum jemand außerhalb
der Schule, welche Leistungen tatsächlich erbracht werden.
Der Verband Deutscher Schulmusiker (vds) möchte das musikalische
Leben dieser Schulen und Stufen der Öffentlichkeit vorstellen,
und zwar als Modelle, die andere Schulen musikalisch motivieren
und zu ähnlichen Aktionen anregen können. Der Wettbewerb
„musik gewinnt“ – Musikalisches Leben in Schulen
findet im Abstand von zwei Jahren statt und wird in diesem Jahr
für die Förderschule und die Sekundarstufe I (Hauptschule,
Realschule, Gymnasium, Gesamtschule) ausgeschrieben. Infos: Dieter
Zimmerschied, Mainz, Tel. 06131/83 41 05; DZimmer schied@t-online.de;
Bewerbungen: Verband Deutscher Schulmusiker e.V., Weihergarten 5,
55116 Mainz, Tel. 06131/23 40 49. Der Einsendeschluss ist der 31.12.2005
Ein Festival für Giacinto Scelsi
Die Fondazione Isabella Scelsi veranstaltet anlässlich des
100. Geburtstages von Giacinto Scelsi im Februar 2006 das „Festival
Scelsi“, ein Projekt internationalen Umfangs – realisiert
in Zusammenarbeit mit dem Comitato Progetto Musica. Ins Leben gerufen
wurde das Festival von dem Komponisten Nicola Sani, der sowohl die
künstlerische Leitung innehat als auch Präsident der 1987
von Scelsi gegründeten und in Erinnerung an seine Schwester
Isabella benannten Stiftung ist. Im Oktober 2005 führte man
in die Musik des großen italienischen Komponisten mit den
„performances“ des Maurizio Trippitelli Percussion Ensembles
von Cesare Di Giulio, von Max Lifchitz oder von Barbara Lueneburg
ein, offiziell eröffnet wurde das Festival am 25. Oktober mit
dem Quartetto Arditti, das die Streichquartette Nr. 4 und 5 spielte.
Das Konzert am 17. November im Teatro Palladium widmen einige der
bekanntesten Scelsi-Interpretinnen und -Interpreten, darunter Pauline
Vaillancourt und Marianne Schroeder, dem großen Meister. „Twentyfingers“
ist der Titel eines internationalen Klavierwettbewerbs, der im Palazzo
Doria Pamphili in Valmontone stattfindet. Nach einigen weiteren
Höhepunkten wird das Festival anlässlich der Veröffentlichung
der Autobiografie Scelsis mit einem Konzert der Cellistin Frances-Marie
Uitti am 14. Mai 2006 im Auditorium des Parco della Musica beschlossen.
Infos: www.scelsi.it
Konzerte für Junge Ohren
In Deutschland wird erstmals ein Musikpreis für Kinder- und
Jugendkonzerte im Klassiksektor ausgeschrieben. Mit dem „Junge
Ohren Preis“ wollen die Deutsche Orchestervereinigung, die
Jeunesses Musicales Deutschland und die Initiative Hören das
Qualitätsbewusstsein bei Konzertangeboten für junges Publikum
schärfen, wie die Initiatoren am Donnerstag mitteilten.
„Um unser Publikum von morgen zu finden, müssen wir Kinder
und Jugendliche schon heute für einen Konzertbesuch begeistern“,
sagte der Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung,
Gerald Mertens. An dem Wettbewerb für die Konzertsaison 2005/06
können professionelle Veranstalter von Konzerten mit eigenen
Kinder- und Jugendkonzertproduktionen teilnehmen. Infos und Ausschreibungen:
dov.org, jeunessesmusicales.de,
initiative-hoeren.de