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nmz-archiv
nmz 2005/12 | Seite 11
54. Jahrgang | Dez./Jan.
Magazin
Wie die Neugier wuchs und zur Leidenschaft wurde
Last-Minute-Geschenk-Ideen: die Musikbuch-Tipps der Redaktion
der neuen musikzeitung
Gabrielle Crawford: Jane Birkin,
Hannibal 2005, € 34,90, ISBN 3-85445-260-8
„Je
t’aime“ hauchte sie in den 60ern zusammen mit ihrem
Geliebten Serge Gainsbourg ins Mikro und wurde zur Ikone. Die
Halbengländerin/Halbfranzösin Jane Birkin hat und hatte
aber immer viele Talente. Das Buch ist eine Hommage an eine sinnliche
Frau mit einer Menge Lebenserfahrung und interessanten Begegnungen,
fotografisch festgehalten von ihrer engen Vertrauten Gabrielle
Crawford. Ein wunderbares „Coffeetable Book“.
Ursula Gaisa
Martin Geck: Mozart. Eine Biographie,
Rowohlt 2005, € 24,90, ISBN 3-498-02492-2
Wer
glaubt, das Phänomen „Mozart“ sei hinreichend
entschlüsselt und beschrieben, dem sei Martin Gecks soeben
erschienene Biographie dringlichst an Hirn und Herz gelegt. Der
ebenso gründliche wie witzige und völlig unprofessorale
Professor entwirft ein weites Panorama solider und origineller
Sichtweisen auf den Menschen Mozart, sein Umfeld und sein Werk.
Man lässt sich von Martin Gecks Sprachkunst gern einfangen,
freut sich über F. W. Bernsteins Illustrationen und spürt,
wie spannend Musikwissenschaft sein könnte…
Theo Geißler
Hannelore Brenner-Wonschick: Die Mädchen von Zimmer
28,
Droemer/Knaur 2004, € 19,90, ISBN 3-42627-331-4
In
einfühlsamer Weise hat sich die Autorin mit der Geschichte
der Mädchen befasst, die das Schicksal zwischen 1942 und
1945 im KZ Theresienstadt im Zimmer 28 des Mädchenheims zusammenführte.
Angst und das immer drohende Damoklesschwert der Deportation in
den Osten vermischen sich mit einem intensiv erlebten Gemeinschaftsgefühl
und der unmittelbaren Freude an künstlerischen Aktivitäten.
Ein eindrucksvolles und fesselndes Buch, das Zeugnis dafür
ablegt, dass Kultur und Musik auch in schlimmsten Situationen
Lebenssinn und -motivation und vor allem die menschliche Würde
bewahren helfen.
Barbara Haack
Michael Gielen: „Unbedingt Musik“. Erinnerungen,
Insel 2005, € 19,80, ISBN 3-485-17272-6
Ein
Unbequemer, der etwas zu sagen hat: Was Michael Gielen hier sprachlich
pointiert zu erzählen weiß, ist weit mehr als eine
harmlose Aneinanderreihung von Anekdoten (solche, übrigens
köstliche, finden sich natürlich auch), vielmehr entsteht
ein reflektiertes Panorama musikalischer Grundbedingungen in Deutschland
und darüber hinaus. „Erfahrungen und Gedanken“
zu einzelnen Themen und Werken beschließen einen unbedingt
lesenswerten Band.
Juan Martin Koch
Ursula Anders: Friedrich Gulda – Wanderer zwischen
Welten. Diskografie, Reden, Interviews, zusammengestellt von Thomas
Kanehl, 1949–2003,
Bibliothek der Provinz 2005, € 37,00, ISBN 3-85252-531-4
Ein
Jahrhundertpianist auf Schallplatte: ein aktuelleres Nachschlagewerk
zur diskografischen Hinterlassenschaft von Friedrich Gulda gibt
es nicht. Die Nachlassverwalterin Ursula Anders firmiert als Herausgeberin
der ersten Gulda-Diskografie (Bibliothek der Provinz); auf knapp
350 Seiten sind 154 Veröffentlichungen dokumentiert. Das
Buch enthält außerdem die DVD „The Legacy“
und ist gespickt mit Reden, Interviews und Statements des österreichischen
Künstlers.
Andreas Kolb
Ulla Meinecke: Im Augenblick. Texte – Fotografien
– Bühnengeschichten,
Schwarzkopf & Schwarzkopf 2005, € 19,90, ISBN 3-89602-617-8
Intelligent,
eigenwillig, voller Fantasie. Alles Attribute, die der Vollblutkünstlerin
Ulla Meinecke zu eigen sind. In ihrer längst überfälligen
Biographie erzählt sie über Begegnungen mit ihr wichtigen
Personen, über ihre Sichtweise auf die alltäglichen
Dinge eines Künstlerlebens. Ihre bereits legendären
Bühnengeschichten kann man ebenso nachlesen wie die geistreichen
Liedtexte. Die im Buch veröffentlichten Fotos des langjährigen
Begleiters Jim Rakete bringen dem Leser eine Sängerin näher,
die sich in fast dreißig Jahren Bühnenpräsenz
nicht unterkriegen lassen hat.
Barbara Lieberwirth
Manfred van Rey, Ernst Herttrich, Thomas Daniel Schlee
(Hrsg.): Die Beethovenfeste in Bonn 1845–2004. Band 1 Geschichte,
Band 2 Dokumentation von Robert Fontani.
Eine Veröffentlichung des Beethoven-Hauses und der Internationalen
Beethovenfeste Bonn, Verlag Beethoven-Haus Bonn 2003, ISBN 3-88188-076-3
Vielerlei
Ein- und Rückblicke: Das Bonner Podium als Standort europäischer
Musikgeschichte durch mehr als 150 Jahre. Gesellschaftskritischer
Tiefblick aus dem Hörraum dieser Stadt. Erhellung kaum bekannter
kulturpolitischer Hintergründe. Mekka nicht nur der Beethoven-Pflege,
sondern vieler Impulse und Initiativen. Wer nennt, wer kennt (noch)
all deren Namen, all die Interpreten, Komponisten, Macher und
Gäste? Zwei Bände Dokumentation zum Stöbern.
Eckart Rohlfs
Ingo Metzmacher: Keine Angst vor neuen Tönen,
Rowohlt 2005, € 16,90, ISBN 3-87134-478-8
Man
wird das Buch wohl kaum empfehlen können, weil es neue Erkenntnisse
in Sachen zeitgenössischer Musik verschafft. Hier ist Metzmacher
oft etwas pauschal und einfach. Aber hier schreibt einer, der
sich vom Neuen begeistern ließ, er beschreibt, wie die Neugier
wuchs und schließlich zur Leidenschaft wurde. Nicht vielen
im „großen“ Dirigentengeschäft ist dieser
Weg offen geblieben. Und Metzmacher schildert ihn mit einer Schlichtheit
und Offenheit, wie sie nur in Liebesgeständnissen zu finden
sind.
Reinhard Schulz
Josef Tal: Tonspur. Auf der Suche nach dem Klang des Lebens.
Autobiografie, Henschel Verlag 2005, € 24,90, ISBN 3-89487-503-8
„Meinen
Enkeln und Urenkeln, vom Überleben erzählt“ lautet
die Widmung zu dem Buch, in dem der 95-jährige Doyen der
israelischen Musikkultur mit Charme und Witz sein Leben Revue
passieren lässt. Berlin, das der Sohn eines Rabbiners 1934
Richtung Palästina verlassen musste, und Jerusalem bilden
– trotz allen Leids seiner Familie im Holocaust –
bis heute die beiden wichtigsten Pole in Tals Leben, wo er jeweils
mit dem Aufbau von Studios für elektronische Musik (1927
bzw. 1961) Pionierarbeit leistete.
Michael Wackerbauer
Wenn Engel musizieren. Musikinstrumente von 1594 im Freiberger
Dom,
Verlag Janos Stekovics 2004, € 19,80, ISBN 3-89923-067-1
Ein
Zufallsfund: musizierende Engel, durchleuchtet. Erleuchtet die
Kommentare und Beiträge auch zur Sozialgeschichte der Musik
vor 400 Jahren. Für Kenner, Liebhaber und Dilettanten; für
Genießer.
Martin Hufner