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nmz-news
nmz 2006/02 | Seite 4-8
55. Jahrgang | Februar
Nachrichten
Nachrichten aus Musikwirtschaft,
Kulturpolitik und Musikleben
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Nachrichten aus der neuen musikzeitung 2006/02:
Entlassung unverhältnismäßig
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Kündigung des RBB-Klassikredakteurs
Martin Demmler für unwirksam erklärt. Sie sei unverhältnismäßig.
Demmlers Anwalt vermutet, dass der Sender in Berufung gehen wird.
Damit würde sich ein pikanter Streit fortsetzen, der seinen
Ausgang in einer Moderation des Kulturradio-Musikchefs Christian
Detig am 30. Mai vergangenen Jahres nahm. Detig hatte in einer Morgensendung
aus einer Rede des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels zitiert.
Im Radio müsse „besonderer Bedacht auf die Entspannung
und Unterhaltung gelegt werden“. Dem gegenüber „fallen
die wenigen, die nur von Kant und Hegel ernährt werden wollen,
kaum ins Gewicht“. Detig hatte kommentiert, „das könnte
so ohne große Abstriche jeder ARD-Intendant auch unterschreiben“.
Er tue dies aber nicht. Demmler, Redakteur für zeitgenössische
Klassik, fühlte sich angesprochen. Schließlich war sein
Bereich von fünf auf zwei Stunden pro Woche gekürzt worden.
Daraufhin schrieb er unter falschem Namen einen Brief an die Intendanten
Fritz Pleitgen (WDR), Jobst Plog (NDR) und an RBB-Chefin Dagmar
Reim. Die Intendanten sollten wissen, so Demmler, was in ihrem Namen
gesagt wurde. Den Brief bedauert er inzwischen, sieht ihn als „Kurzschlusshandlung“.
Kollegen Demmlers nennen den Fall „tragisch“ und sagen:
„Es ist unser aller Schuld, wegen der fehlenden Diskussion
im Sender.“ Man habe sich nicht getraut, die Goebbels-Moderation
und Musikchef Detig zu kritisieren. Hörfunkdirektorin Hannelore
Steer rügte ihn immerhin.
Kulturauftrag missachtet In einer gemeinsamen Pressemitteilung des Deutschen Musikverleger-Verbandes
e.V. und des Verbandes Deutscher Bühnen- und Medienverlage
e.V. zum Kulturradio des rbb heißt es: Es kann schlimmer nicht
kommen: Während sich die Bundesregierung bemüht, den gebührenfinanzierten
öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Brüssel gegen Angriffe
einzelner Privater Rundfunkanstalten zu verteidigen, denen das ganze
System nicht passt, sägt eine regionale Sendeanstalt, der Rundfunk
Berlin-Brandenburg (rbb), nach Kräften an dem Ast, auf dem
sie zusammen mit dem gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk
sitzt. Der nun auch gerichtlich ausgetragene Streit zwischen dem
rbb und einem seiner Musikredakteure um das Profil des „Kulturradios“
und seines Musikprogramms im Besonderen zeigt auf symptomatische
Weise die offenbar rasant zunehmende Kulturabstinenz der handelnden
Personen in den Sendeanstalten. Das vollmundige Motto des rbb „Hier
ist Kultur“ taugt nicht einmal mehr als Etikett, den Schwindel
zu kaschieren, der, wortwörtlich, auf Kosten der Hörer
und ihrer berechtigten Erwartungen an einen öffentlich-rechtlichen
Sender betrieben wird. Ein Sender, der die Verpflichtungen nicht
ernst nehmen will, die seine Existenz erst ermöglichen. Die
Präsidentin des Deutschen Musikverleger-Verbandes e.V. (DMV),
Dagmar Sikorski, und der Präsident des Verbandes Deutscher
Bühnen- und Medienverlage e.V. (VDB), Bernd Schmidt, stellten
aus Anlass dieses jüngsten Beispiels der Missachtung des Kulturauftrages
fest: „Es ist an der Zeit, dass sich der öffentlich-rechtliche
Rundfunk seiner Verpflichtungen besinnt und endlich Anstrengungen
unternimmt, das ihm zukommende Profil im dualen Rundfunksystem zurückzugewinnen.
Die Anbiederung an vermeintliche ,Hör- und Sehgewohnheiten‘
und die Fokussierung auf ,Quoten‘ wird unweigerlich zu seiner
Abschaffung führen. Das wäre ein nicht wieder gutzumachender
Verlust für die Kultur in unserem Lande, den niemand wollen
darf.“ [Siehe dazu auch: Nachschlag,
Kulturbeauftrag]
Die Musiker des Jahres 2005
21 Solopreise und 4 Ensemblepreise brachten junge deutsche Musiker
oder hier lebende und hier ausgebildete Musiker aus ihrer Beteiligung
an den renommiertesten internationalen Musikwettbewerben nach Hause.
Mehrfacher erster Preisträger wurde der Pianist Herbert Schuch
sowohl in London wie in Wien neben seinem zweiten Preis in Santander.
Weitere erste Preisträger wurden der Kontrabassist Benedikt
Hübner in Markneukirchen, der Sänger Daniel Behle in Oslo,
der Tubist Andreas Martin Hofmair in Porcia. Auf zweite Plätze
kamen im Fach Geige Daniel Austrich in Pamplona und Nadja Nevolovitsch
in Sion, im Fach Horn Renate Hupka in München und Samuel Seidenberg
in Genf, ferner der Kontrabassist Dominik Greger in Markneukirchen,
die Cellistin Tatjana Uhde in Warschau, der Pianist Igor Levit in
Tel Aviv, bei den Kammermusikwettbewerben in Osaka das Bläser-Quintett
Arirang und in Triest das Julius-Stern-Klaviertrio, das außerdem
in Florenz den dritten Preis empfing. Weitere dritte Preise empfingen
im Fach Geige Sophia Jaffé sowohl in Brüssel wie in
Genf, Katja Lämmermann in München und Korbinian Altenberger
in Martigny, im Fach Horn in München Christoph Eß und
für Streichquartett in Osaka das Jade-Quartett. Zu weiteren
Laureaten zählen in Kiew Miao Huang aus Hannover und, gleich
zweimal, der Geiger Andreas Janke bei den Wettbewerben in Wien und
im japanischen Sendai. Mit 25 Auszeichnungen liegt Deutschland nach
den russischen Ländern (über 40 Preise), nach Korea (27)
und Japan (26) an vierter Stelle, gefolgt von den Ländern Frankreich,
USA, Italien und China, die je 21 bis 11 Preise für sich buchen
konnten. Das zeigt die Auswertung aus 60 weltweit durchgeführ-ten
Veranstaltungen der Weltföderation internationaler Musikwettbewerbe
in der Saison 2004/05.
Großer Klang für Streicher
Wolfgang Stegmüller beschäftigt sich seit 25 Jahren mit
der Technologie der klassischen Streichinstrumente und hat bis heute
etwa 60 Violinen, Violen und Violoncelli hergestellt. Insbesondere
gelten seine Bemühungen einem Instrumentalklang, der den Anforderungen
in großen Konzertsälen standhält. Stegmüller
ließ sich eine Erfindung patentieren, die auf dem Prinzip
des Schalltrichters beruht. „Die Verkleinerung der Rückseite
bzw. der Böden der Instrumente und die durch konische Anordnung
der Seitenteile bzw. Zargen entstehende Trichterform des Korpus
vergrößert einerseits den Boden als wesentliches Resonanzelement,
indem die Zargen in die Bodenschwingungen einbezogen werden. Andererseits
bewirkt die so entstehende Trichterform, dass der Schalldruck im
Korpus zur Decke hin sehr stark fokussiert wird und dadurch der
Klang eine sehr klare Projektion erhält und in großer
Akustik sich als tragfähiger als der klassische Instrumententyp
erweist.“ Gute Erfahrungen bestätigen dem Geigenbauer
Adrian und Alfred Brendel sowie Daniel Müller-Schott.
Musikfest für Kinder Vom 10. bis 19. Februar 2006 veranstalten die Stuttgarter
Musikschule, die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende
Kunst Stuttgart sowie die Stuttgarter Philharmoniker das 4. Stuttgarter
Musikfest für Kinder und Jugendliche. www.stuttgarter-musikfest.de
Musikexportbüro GermanSounds vor dem Aus
Öffentliche Hand will sich aus der Finanzierung zurückziehen
Nach einem Bericht des Handelsblatts steht das erst Ende 2003 aus
der Taufe gehobene deutsche Musikexportbüro Germansounds schon
wieder vor dem Aus. Vor allem der größte Geldgeber, die
öffentliche Hand, scheint die Geduld zu verlieren. „Die
öffentliche Finanzierung war immer nur als Anschub gedacht,
jetzt muss die Wirtschaft das allein weiterführen“, erklärte
der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Steffen Kampeter,
während einer Veranstaltung auf der Musikmesse Midem in Cannes.
In zwei Jahren wurden rund 310.000 Euro Steuergelder investiert.
Die Neigung der Privatwirtschaft über das aktuelle Niveau hinaus
als Geldgeber einzuspringen ist allerdings sehr gering. Germansounds
mit Sitz in Berlin wurde etabliert, um deutschen Künstlern
und mittelständischen Musikverlegern bei der Vermarktung ihrer
Musik im Ausland zu helfen. Das Exportbüro muss mit einem Jahresetat
Etat von unter 100.000 Euro im Jahr auskommen, falls kein Ersatz
für den Wegfall der öffentlichen Mittel gefunden wird.
Je 25.000 Euro pro Jahr bringen die Urheberrechtsorganisation GEMA
und der Musikverlegerverband GVL ein. Die GEMA, die naturgemäß
ein großes Interesse an zusätzlichen Einnahmen für
ihre Mitglieder durch höhere Auslandseinnahmen hat, wäre
bereit an dem Projekt festzuhalten. Immerhin werden rund viermal
so viele Gebühren an ausländische Verwertungsgesellschaften
überwiesen wie für im Ausland gespielte deutsche Musik
von Künstlern wie Nena oder Rammstein eingenommen wird.
In der Kritik steht aber mangelnde Transparenz der Mittelverwendung
beim Exportbüro. „Wir wollen schon sehen, was mit dem
Geld gemacht wurde, aber grundsätzlich sind wir weiter bereit,
das Büro mitzutragen“, erklärte Vorstandssprecher
Jürgen Becker. Für 2006 sei das Geld im Prinzip bereits
eingeplant. Michael Haentjes, Musikmanager und Chef des deutschen
Zweigs der IFPI-Musikverbände, will dagegen lieber heute als
morgen Schluss machen. „Ich würde sagen, vergesst es.
Es gibt genug Firmen, die den Export ihrer Künstler selbst
organisieren können und dies auch machen“, zieht er Resümee.
Das Musikgeschäft wachse nicht durch Exportbüros, sondern
durch Kreativität. Der Verband ist als Gründungsmitglied
an GermanSounds beteiligt. Hier sind auch die großen Musikfirmen
Universal, Emi, SonyBMG und Warner Mitglied. Der konkurrierende
Verband der unabhängigen Tonträgerunternehmen, VUT, will
das Büro dagegen halten. Gerade die kleinen Unternehmen ohne
Rechtsabteilungen oder internationale Schwesterunternehmen könnten
eine professionelle Unterstützung gebrauchen. VUT-Präsident
Peter James ist zugleich Vorstand und Geschäftsführer
der Germansounds AG. Gegenüber dem Handelsblatt forderte er
ein klares Bekenntnis auch der Politik zum Exportbüro, wenn
man es wirklich haben wollte. [Siehe dazu auch Theo
Geißlers Leitartikel, Export-Stopp!]
Kongress der Komponistinnen und Komponisten Der Österreichische Komponistenbund (ÖKB) organisiert
für das Jahr 2006 die Ausrichtung eines europäischen Fachkongresses
in Wien, zu dem Komponistinnen und Komponisten sowie Vertreterinnen
und Vertreter der nationalen Komponistenverbände aus allen
Staaten Europas und aus allen Stilrichtungen der zeitgenössischen
E- und U-Musik eingeladen sind, um die Zukunft des „Komponierens
im Europa des 21. Jahrhunderts“ einzuläuten und zu beschreiten.
Der viertägige Kongress soll in der Zeit vom 2. bis 5. Februar
2006 im neuen „Gläsernen Saal“ des „Wiener
Musikvereins“ stattfinden.
Detaillierte und fundierte Kenntnisse über zentrale Fragen
wie die Zukunft des Urheberrechts oder der Verwertungs-Gesellschaften
in Europa zu gewinnen, gemeinsam und verbandsübergreifend darüber
zu beraten, zu debattieren und fortschrittliche Wege zu finden,
das sind wichtige Eckpfeiler des geplanten Kongresses.
Die Veranstalter haben sich für den Kongress ein hohes Ziel
gesetzt, das sich auf die engere Zusammenarbeit aller europäischen
Verbände untereinander stützt: nämlich den Aufbau
eines funktionierenden, gesamt-europäischen Netzwerkes aller
Komponistinnen und Komponisten. Dieses kann in einen Dachverband
aufgehen, der die ständige Vertretung aller nationalen Komponistenverbände
auf europäischer Ebene übernimmt und die sozialen, rechtlichen
und künstlerischen Interessen aller europäischen Komponistinnen
und Komponisten vor der Europapolitik vertritt und verteidigt. Nach
dem Vorbild des föderalistischen Systems sollte der zu gründende
Verband sowohl die Bereiche E- als auch U-Musik repräsentieren.
Die entscheidenden, akuten wie auch zukünftigen Herausforderungen
– etwa die grundsätzlich schwierige Situation im Musikmarkt
und weitere Fragen in Sachen sozialer, rechtlicher und künstlerischer
Belange, sowohl in der E- wie auch U-Musik – sind Themen,
die überregional und europaweit dominieren und damit gleichermaßen
in allen nationalen Verbänden diskutiert werden müssen.
Der Präsident des Deutschen Komponistenverband (DKV), Manfred
Trojahn, wird ein Referat zum Thema „Komponieren im 21. Jahrhundert“
halten. Außerdem nimmt der Vizepräsident des DKV, Jörg
Evers, am Kongress teil. Konzerte mit Werken vor allem junger zeitgenössischer
Komponisten runden das Programm ab.