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nmz-archiv
nmz 2006/02 | Seite 48
55. Jahrgang | Februar
Wortlaut
Wortlaut
Auszüge aus einem Gespräch, das die Wiener Komponistin
Olga Neuwirth mit dem Medientheoretiker und ZKM-Chef Peter Weibel
führte.
Olga
Neuwirth. Foto: C. Oswald
Olga Neuwirth: Musik hat anscheinend in den Köpfen
der Menschen hauptsächlich die Funktion, zu entspannen und
rührselig zu verschönern, aber auf keinen Fall die Funktion,
sich selbst zu hinterfragen, obwohl das eigentlich ein Auslöser
zum Komponieren sein sollte. Das wird nicht gewünscht.
Peter Weibel: Das hat die Literatur oder auch
die bildende Kunst der Musik voraus. Sie hat sich errungen, dass
sie hinterfragen darf. Die Kunst kann sogar die Institution hinterfragen.
Musik darf das nicht. Wenn man sich das vorstellt, dass es heute
möglich ist, so jemanden wie dich und die Jelinek noch abzulehnen.
Olga Neuwirth: Das zeigt, dass hier noch ein
Feudalsystem herrscht, wie es das sonst in keiner Kunstsparte mehr
gibt. Die absolute Herrschaft des privaten Geschmacks einiger edler
Herren! Einige fühlen sich sogar als Revolutionäre, dabei
sind sie zutiefst konservativ und risikoscheu.
Aus: Spike Art Quarterly Nr. 5, Herbst 2005: „Die Musik
sollte Herrin der Zeit sein“. Abdruck mit freundlicher Genehmigung
von Spike