[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2006/05 | Seite 25
55. Jahrgang | Mai
Forum Musikpädagogik
Neuheiten und Trends der Musikmesse für den Pädagogen
Neue Publikationen zu den Jubiläen des Jahres 2006 sowie
Kreatives für den Unterricht
Viele Gründe sprechen dafür, dass die Messe für
Musikpädagogen eine jährliche Pflicht- und zugleich Lustveranstaltung
sein sollte. Es lohnt sich also immer, selbst die Musikmesse zu
besuchen – der Fachhändler vor Ort wird die Neuheiten
und auch vieles Althergebrachtes vermutlich nicht im Geschäft
vorhalten. Wie schon im letzten Jahr zeigte es sich, dass insgesamt
weniger neue Veröffentlichungen herausgebracht wurden und dass
auch einige Instrumentenhersteller der Messe ferngeblieben sind.
Trotzdem, ein Tag auf der Messe will genutzt sein und so kam es
dem interessierten Musikpädagogen entgegen, dass Verlage, Softwarehersteller
und Instrumentenhersteller gut vorbereitet waren, die interessierten
Fachbesucher durch die Fülle ihres Angebots zu führen.
Er selbst konnte dadurch sowohl das Neueste als auch schon Älteres,
das zwar wertvoll, aber schon vergessen oder nicht genügend
bekannt ist, erkunden. Was ließ sich denn dieses Jahr neu
entdecken?
Geprägt von den Jubiläen des Jahres 2006 gab es hierzu
eine Fülle an teilweise auch kuriosen Neuheiten sowie zusätzlich
die gesamte Palette des veröffentlichten Materials zu den Jubilaren.
Zu schmökern, vergleichen, Unterschiede festzustellen und Erklärungen
zu bekommen, war für den Besucher höchst attraktiv, diese
Information zusätzlich in Form von informativen, komponistenbezogenen
Einzelkatalogen mitnehmen zu können, der Nutzen.
Welche Rolle spielte bei den Verlagen der alles in den Schatten
stellende 250. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart oder der 150.
Todestag von Robert Schumann oder etwa offensichtlich weniger bekannte
Jubiläen, wie der 200. Todestag von Michael Haydn, der 550.
Geburtstag und 500. Todestag von Alexander Agricola, der 325. Geburtstag
von Georg Philipp Telemann, der 110. Todestag von Anton Bruckner,
um nur ein paar Jubilare aufzuzählen?
Doblinger stellte zum 200. Todestag von Michael Haydn nochmals alle
Veröffentlichungen in einem Sonderkatalog zusammen. Passend
zu Anton Bruckners 110. Todestag erhielt der C. F. Peters Verlag
den Deutschen Musikeditionspreis Kategorie 5 für seine Ausgabe
der Aufführungsmaterialien der Messe e-Moll für achtstimmig
gemischten Chor und Bläser (2.Fassung, 1882), herausgegeben
von Rüdiger Bornhöft. Der Wissenschaftliche Verlag Wien/Doblinger
legte die kritische Neuausgabe der Messe f-Moll und der 2. Symphonie
in c-Moll (1. Fassung 1872) neu vor und bei Bärenreiter erschien
Bruckners „Te Deum“ in der Reihe „Chor und Orgel“
– mehr zufällig? Eher unbewusst auch die neue Bärenreiter
Urtext-Ausgabe der Kantate „Der Jüngste Tag wird bald
sein Ziel erreichen“, die pünktlich zum 325. Geburtstag
von Telemann herauskommt.
Da wurde der 150.Todestag von Robert Schumann schon bewusster behandelt:
Breitkopf und Härtel listet in einem interessanten Katalog
die Verbundenheit des Verlages, der bereits 1837 Schumanns „Carnaval“
veröffentlichte, und die Qualität der einzelnen im Verlag
erschienen Auflagen von Schumanns Werken auf. So konnte die Urtext-Neuausgabe
der bedeutenden Kammermusikwerke Robert Schumanns zum Schumannjahr
2006 durch die Phantasiestücke op. 73 vervollständigt
werden. Dank der Revisionsarbeit von Joachim Draheim sind diese
wieder in den drei ursprünglichen Originalbesetzungen (Klarinette,
Violine und Violoncello) zugänglich. Der Carus Verlag stellt
in einem Extrablatt die bei ihm erschienene Chormusik à cappella
und mit Klavier zusammen. Für alle, die Schumann neu entdecken
wollen, hat der Bärenreiterverlag in Zusammenarbeit mit J.B.
Metzler ein Schumann-Handbuch herausgegeben. Verschiedene namhafte
Autoren und Schumann-Forscher haben hier Schumanns Biographie, seine
Literatur und Kunstanschauung sowie sein kompositorisches Werk neu
beleuchtet. Doblinger wiederum berücksichtigt beide Jubiläen
– Schumann und Mozart – in seiner Serie „Jazz
on“, so entstehen unter anderem „Figaro‘s Boogie“
oder „A Little Night Swing“.
Inspiration Mozart
Wie zu erwarten, stellt – wie in der Öffentlichkeit
– auch hier auf der Messe Wolfgang Amadeus Mozart alles andere
in den Schatten. Schott stellt unter „Happy Birthday Amadeus“
alles im Verlag zu – aber auch um – Mozart Erschienene
in einer Sonderbroschüre zusammen. Dabei werden die folgenden
drei musikalischen Glückwünsche für Klavier sicherlich
viele andere Geburtstage mit Mozartzitaten beseelen: „Happy
Birthday Amadeus“ von Dietrich Paul verarbeitet bekannte Geburtstagslieder
im Mozartstil, in „Somata Fackle“ arbeitet Erna Freitag
„Happy Birthday“ parodistisch ein und Vestard Shimkus
hat als „Rondo alla turca“ auf fortgeschrittenem Niveau
ein Rondo mit Mozartzitaten arrangiert. Paul Dessau widmet Bertold
Brechts Enkeltochter Johanna Stephanie seine „Kleinste Nachttopfmusik“,
für Flöte, Klavier, Triangel und „zwei Nachttöpfchen
(Cis und Pis)“, die Mozarts „Kleine Nachtmusik“
parodiert. Ebenfalls neu bringt Christoph Gottlob Neefe sechs Ohrwürmer
aus der Oper „Zauberflöte“ in den Unterricht, arrangiert
für Klavier zu vier Händen. „Inspiration Mozart“
stellt eine neu erschienene Sammlung von ernsten und kuriosen Kompositionen
unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade von Mozarts Zeitgenossen bis
zu modernen Komponisten für Klavier zu zwei und zu vier Händen
zusammen.
Zu den Büchern gesellen sich neu Mozarts Briefwechsel von
1777 bis 1779 „Allerliebster Papa“ und „Der Fall
Mozart“, ein Buch, in dem Helmut Perl noch unbekannte historische
Dokumente ausgewertet hat und mit den biographischen Daten Mozarts
in Zusammenhang bringt. Der Eres Verlag hat mit dem Menuett aus
der „Kleinen Nachtmusik“, arrangiert für vier Hände
von M. Heupel und Edith Meyer, und einer Bearbeitung des Flötenquartetts
KV 285a von Oliver Rosteck, zwei weitere Werke Mozarts für
den Unterricht aufbereitet und zu seinem eigenen 60. Geburtstag
neu herausgegeben. Die Edition Peters hat im Rahmen ihrer Reihe
„Chorsingen – leichtgemacht“ Mozarts Missa c-Moll
KV 427 (417a) als Lern-CD für alle vier Chorstimmen einzeln
und mit einem Klavierauszug ins Programm aufgenommen. Breitkopf
und Härtel stellt in einem umfangreichen Katalog seine Mozartveröffentlichungen
einschließlich elf neuer Ausgaben von Werken für Orchester
und Orchester mit verschiedenen Soloinstrumenten sowie eine Studienpartitur
des Requiems und die kleine Ausgabe des Köchelverzeichnisses
vor, die teilweise in Kooperation mit dem Henle-Verlag entstanden
sind.
Just im Mozartjahr erhielt Bärenreiter den Editionspreis Kategorie
9 für das Faksimile der Jupitersinfonie von Mozart und den
Editionspreis Kategorie 7 für die Studienpartituren der sieben
großen Mozartopern. Neu erschienen ist in der Reihe der Einzelausgaben
auch die Sonate A-Dur KV 331 mit Einführungsteil und neuen
variablen Fingersätzen von Matthias Kirschnereit. Mit dem gerade
erschienenen Band acht ist dann auch die Gesamtausgabe der Briefe
und Aufzeichnungen Mozarts pünktlich zum Jubiläum fertig
geworden. Das gilt auch für die zum ersten Mal veröffentlichten
Briefe Mozarts an Constanze „Guten Morgen liebes Weibchen“,
herausgegeben und kommentiert von Silke Leopold. Interessant auch
die Faksimileausgabe von Mozarts „Ein Mädchen oder Weibchen
wünscht Papageno sich“ in deutsch, englisch und japanisch
inklusive Klavierauszug und Nachwort. Neben den neuen Biographien,
Ulrich Konrad „Wolfgang Amadeus Mozart“, Maynard Salomon
„Mozart. Ein Leben“ und Clemens Prokops „Mozart.
Der Spieler“ bietet das „Mozart-Handbuch“ einen
umfangreichen Einblick in das Gesamtwerk Mozarts, verknüpft
mit seiner Biographie. Die Wiener Urtext Edition hat Mozart zu Ehren
eine kleine kostenlose Informationsschrift „Lebensstationen
im Spiegel seiner Klaviermusik“ mit kurzen Notenbeispielen
herausgegeben.
Auch die Werke für Klavier zu vier Händen sind gerade
neu erschienen und eignen sich im Schwierigkeitsgrad für den
Unterricht in der Mittelstufe. Einen interessanten Beitrag zum Jubiläum
liefert Sikorski mit „Pantomime“. Ein erhaltenes Fragment
einer Musik Mozarts zu einer Pantomime (KV 446, 416d), in der –
so Mozart an seinen Vater – alle Figuren der Commedia dell’Arte
auftreten, wurde auf Initiative von Gidon Kremer hin von Alfred
Schnittke frei rekonstruiert. Neue Bearbeitungen für den Unterricht
auch bei Doblinger: die bekanntesten Duette aus der Zauberflöte
für zwei Celli, Alla turca (KV 331), für Bläserquintett
und die Serenade Es-Dur für Bläserquintett sowie die CD-Ausstattung
des Bandes „Die schönsten und bekanntesten Melodien“
von Mozart, leicht spielbar für Klavier bearbeitet.
Auch trifft der interessierte Pädagoge spätestens im
Mozartjahr auf „Wie Mozart Klavierspielen lernte“ („Tre
Divertimenti per Cimbalo mit didaktischem Anhang „Fondamento
per il Clavicembalo“) von Georg Christoph Wagenseil, das auch
Leopold Mozart angeblich für seine Kinder im Unterricht verwendet
haben soll. Als interessanter Beitrag zum Mozartjahr dürfen
wohl auch die drei neuen Ausgaben von Mozart-Zeitgenossen der Edition
HH/Tre Media gelten: Anton Franz Josef Eberls „Zehn Variationen
über ,Zu Steffen sprach im Träume‘“ wurden
zu Mozarts Zeiten oft im Unterricht verwendet und lange Zeit fälschlicher
Weise auch Mozart zugeschrieben. Auch Josef Gelineks „Acht
Variationen über ,Wie stark ist nicht dein Zauberton‘“
wurden sehr häufig im Klavierunterricht verwendet. Die Sonate
B-Dur op. 26 von August Eberhard Müller, Autor einer Fortepiano-Schule,
wurde früher auch fälschlicherweise Mozart zugeschrieben.
Alle drei Komponisten standen in Kontakt mit Mozart und verdienen
auch heute noch Aufmerksamkeit.
Die neuen Veröffentlichungen zu den Jubilaren 2006 bieten
also für alle Schwierigkeitsgrade, für Laien und für
Profis im Bereich von Chor, Orchester und Instrumentalspiel eine
Fülle von Materialien, die so manches Konzert bereichern können
und auch in späteren Jahren den Unterricht bereichern werden.
Kreative Neuheiten
Trotz dieser überwältigenden Neuerscheinungen zu Mozart
gab es noch weitere interessante Verlagsneuheiten. Zusätzlich
zu den vorhandenen Arbeitsmaterialien, Heften mit Liedern, Rhythmus
und Perkussion, mit kreativen Spielanregungen zum Erkunden von Musik,
besonders im Vorschulbereich, sind noch einige Erweiterungen erschienen.
Bevor man sich auf ein Programm oder die Kombination zweier Programme
festlegt, lohnt es sich grundsätzlich, das Angebot bei unterschiedlichen
Verlagen anzusehen und zu vergleichen. Auch sollte die pädagogische
Anwendbarkeit wohl überprüft werden.
Bei neuen Bilderbüchern mit Musik oder Liederbüchern
mit Bildergeschichten, die auch in sehr unterschiedlicher Qualität
vertreten sind, wird man in jedem Fall beim Eres Verlag fündig.
Sikorski hat mit dem Titel „Gucken, was der Mond so macht“
22 neue Lieder für Kinder mit lustigen Texten und Gitarrengriffen,
die generell Grundlage auch für andere instrumentale Begleitung
sein können, in einem kleinen Heft herausgebracht. Der Carus
Verlag bietet für die Arbeit mit Kindergruppen eine Fülle
von neuen Kindermusicals in verschiedenen Besetzungen, die neuesten
sind von Peter Schindler „Weihnachten fällt aus“
und „Das Gold der Inkas“ von Rainer Butz. Beide reihen
sich in die bei Carus bekannte Qualität ein. Zur Fußball-Weltmeisterschaft
erscheint bei Schott das Nationalhymnen-Songbook mit 50 Nationalhymnen
mit Texten in Originalsprache und phonetischer Hilfe, mit Melodie
und Begleitakkorden. Auf Deutsch, Englisch und Französisch
werden Informationen zu Land und Leuten und die Entstehungsgeschichte
der Hymne geboten.
Ein zweiter Teil der interessanten Neuheiten aus dem Bereich der
Instrumentalschulen, der Lieder- und Ü-bungssammlungen, der
Spielhefte, der „großen“ Literatur folgt in der
nächsten Ausgabe. Auch die wesentlichen Neuheiten auf dem Gebiet
des Klassenmusizierens, der Improvisation, der Musiktheorie und
der Harmonielehre sowie der Popularmusik, der Rockmusik und des
Jazz werden vorgestellt – genauso wie die Welt musikalischer
Bilderbücher und andere Neuheiten für die Kleinsten und
deren Eltern.