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nmz-archiv
nmz 2006/06 | Seite 40
55. Jahrgang | Juni
Oper & Konzert
Begeistert, niveauvoll, vielseitig
Das Hackbrett beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“
19 Jugendliche freuten sich ganz besonders, Ende März beim
bayerischen Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ im schwäbischen
Bobingen teilnehmen zu dürfen. Zum ersten Mal in der Geschichte
des 43-jährigen Wettbewerbs konnten sie mit ihrem Instrument
auf Landesebene in musikalischen Wettstreit treten. Dass das Hackbrett
nicht schon früher zu dem Wettbewerb zugelassen wurde, erstaunt
selbst tief im Musikleben verwurzelte Juroren. Wobei – so
richtig zugelassen zum Wettbewerb ist es immer noch nicht; zumindest
steht es nicht in der offiziellen Ausschreibung. Doch das ändert
sich hoffentlich bald. Denn es gibt keinen gegenteiligen Grund:
Die zahlreichen Teilnehmer zeigen, dass eine entsprechend große
Nachfrage besteht; das auffällig hohe Niveau der Darbietungen,
welches sich in zehn auf Landesebene vergebenen ersten Preisen widerspiegelt,
beweist, dass sich das Hackbrett nicht hinter anderen Instrumenten
zu verstecken braucht; und auch die Literatur für dieses aus
dem Mittelalter stammende und von dem Volksmusikpfleger Tobi Reiser
in den 30er-Jahren neu entdeckte Instrument ist so umfangreich,
dass die Wettbewerbsbedingungen ohne weiteres erfüllt werden:
Es existiert umfangreiche Originalliteratur aus der Renaissance-
und Barockzeit, diverse namhafte zeitgenössische Komponisten
ließen sich in den letzten Jahrzehnten vom Hackbrett zu neuen
Werken inspirieren und auch die Hackbrettlehrer trugen mit ihrem
Engagement dazu bei, dass zahlreiche leichte und mittelschwere Schülerstücke
in den letzten Jahren veröffentlicht werden konnten. Doch warum
wird das Hackbrett erst jetzt vom Wettbewerb „Jugend musiziert“
entdeckt? Existiert doch bereits seit den 70er-Jahren eine professionelle
Ausbildung für dieses Instrument am Münchener Richard-Strauss-Konservatorium,
die – seit der Kooperation mit den Musikhochschule –
mit einem pädagogischen Diplom abgeschlossen werden kann. Auch
an den bayerischen Musikschulen lernen über 1.000 Schüler
Hackbrett, neben den zahlreichen, nicht von Statistiken erfassten
Privatschülern. Richtig erklären kann es sich keiner –
wobei natürlich auch keiner ohne Bitte von außen gewillt
ist, Geld für zusätzliche Juroren und Preise auszugeben.
An abwertenden Vorurteilen zumindest liegt es nicht. Denn an allen
„Jugend musiziert“-Regionalstellen, an denen Birgit
Stolzenburg-De Biaso, Dozentin für Hackbrett am Richard-Strauss-Konservatorium
München, für ihr Instrument Werbung macht und um Aufnahme
in den Wettbewerb bittet, wird sie mit offenen Armen empfangen.
Schon lange werde als Ungerechtigkeit empfunden, dass die Hackbrettschüler
nicht bei „Jugend musiziert“ mitwirken dürfen.
Dieser Ansicht schließt sich der Vorsitzende des „Jugend
musiziert“-Landesausschusses Bayern und Vertreter des Verbandes
deutscher Sing- und Musikschulen (VDM), Rüdiger Schwarz, an.
Wie Stolzenburg-De Biaso möchte er sich in den nächsten
Jahren dafür einsetzen, dass das Hackbrett bald in der offiziellen
Ausschreibung vertreten ist, dass auch in anderen Bundesländern
– besonders in Baden-Württemberg – junge Hackbrettspieler
am Wettbewerb teilnehmen können und dass schließlich
eine Wertung für das Instruments beim Bundeswettbewerb „Jugend
musiziert“ möglich ist.