nmz 2006/06 | Seite 2
55. Jahrgang | Juni
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Grenzenlose Experimentierlust
Zum Tod des Komponisten und Organisten Werner Jacob
Der Komponist, Organist und Hochschullehrer Werner Jacob hat den
langen Kampf gegen seine schweren Krankheiten verloren. Er ist am
23. Mai in Nürnberg im Alter von 68 Jahren gestorben.
Am 4. März 1938 im thüringischen Mengersgereut geboren
begann er bereits als Jugendlicher zu komponieren. Nach dem Abitur
verließ er die für ihn perspektivlose DDR und studierte
ab 1956 an der Musikhochschule Freiburg Orgel bei Walter Kraft und
Komposition bei Wolfgang Fortner, der zehn Jahre lang sein Lehrer
sein sollte. 1963 verlegte Jacob seinen Lebensmittelpunkt nach Nürnberg,
sieben Jahre später wurde er zum Kirchenmusikdirektor an St.
Sebald berufen.
Seitdem prägte Werner Jacob die Internationale Orgelwoche Nürnberg
und setzte in den 18 Jahren seiner künstlerischen Leitung Maßstäbe,
die bis heute nachklingen. Als er vor drei Jahren sein Amt niederlegte,
hatte seine künstlerische Konzeption der ION zu internationaler
Anerkennung verholfen, die es für die Zukunft zu erhalten gilt.
Ein weiteres Verdienst kommt Werner Jacob als Pädagoge zu.
22 Jahre lang lehrte er an der Musikhochschule Stuttgart Orgel und
Komposition.
Für die zeitgenössische Orgelmusik setzte sich Werner
Jacob weltweit in zahllosen Konzerten ein. Er begleitete über
150 Uraufführungen als Dirigent oder Organist. Seinen Kompositionen
war immer auch der Musikant in ihm anzumerken. Dank seiner grenzenlosen
Experimentierlust konnte man ihn in keine Schublade stecken.
Musiktradition und evangelisch-liturgische Aspekte spielten eine
ebenso große Rolle in seinem kompositorischen Schaffen wie
die Einflüsse von Literatur und Philosophie. „Ich war
nie ein modischer Komponist. Ich wähle sehr gezielt aus und
bin dann auch geschmäcklerisch und huldige nicht unbedingt
dem Zeitgeist. Aber damit habe ich nie Schwierigkeiten gehabt, eher
die anderen mit mir.“ bl
Otto M. Zykan
Der Wiener Komponist Otto M. Zykan ist im Alter von 71 Jahren gestorben.
Nach Angaben seiner Lebensgefährtin verstarb Zykan am Morgen
beim Radfahren in Sachsenhoff (Niederösterreich). Zykan galt
als vielfältiger Künstler, als „kompromissloser
Neutöner“, als kreativer Kopf, der die Konventionen von
Musik und Konzertbetrieb ebenso in Frage stellte wie die herkömmlichen
Gattungsgrenzen. Er komponierte Opern, Konzerte, Chansons, Bühnen-
und Filmmusik und betätigte sich als Sprachjongleur. Mit den
Humanic-TV-Spots kreierte Zykan eine der ungewöhnlichsten und
erfolgreichsten österreichischen Werbekampagnen der vergangenen
Jahrzehnte.
Beiträge zur Gregorianik
Johannes Berchmans Göschl wird fünfundsechzig
Im Juni 2006 kann Professor Johannes Berchmans Göschl seinen
65. Geburtstag feiern. Göschl ist Inhaber des Lehrstuhls für
Gregorianik und Deutschen Liturgiegesang an der Hochschule für
Musik und Theater in München und ein international gefragter
Experte auf dem Gebiet des Gregorianischen Chorals. Er ist Präsident
der „Associazione Internazionale Studi di Canto Gregoriano“
AISCGre (Internationale Studienvereinigung zur Erforschung des Gregorianischen
Chorals), Mitherausgeber der wissenschaftlichen Reihe „Beiträge
zur Gregorianik“, Mitautor des knapp 1000-seitigen Standardwerkes
„Einführung in die Interpretation des Gregorianischen
Chorals“ und Leiter der „Schola Gregoriana Monacensis“,
der Choralschola der Münchner Musikhochschule. Göschl
war Schüler von Professor Eugène Cardine OSB, dem Begründer
der so genannten „Gregorianischen Semiologie“, einer
Wissenschaft, die sich mit der Erforschung der ältesten Choralhandschriften
befasst. Neben seiner Lehrtätigkeit an kirchenmusikalischen
Ausbildungsstätten und seinem Amt als Kantor der Erzabtei St.
Ottilien von 1978 bis 1994 war und ist Johannes Berchmans Göschl
auch über die Grenzen Deutschlands hinaus tätig: als Dozent
auf diversen Kursen im In- und Ausland, so vor allem in Cremona
seit 1978, in Essen von 1984 bis 1988, in St. Ottilien bis 1994
und in Goslar seit 2002; weiterhin durch Vorträge, Teilnahme
an Symposien und Durchführung von Konzerten, Kursen oder Workshops
in Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz, Tschechien, Slowakei,
Ungarn, Niederlande, Belgien, Spanien, Portugal, Luxemburg, Australien,
Venezuela und Korea.
Seinen Lehrstuhl wird Professor Göschl zum Ende des Sommersemesters
2006 niederlegen, im Rahmen seiner Kurstätigkeit aber sicherlich
noch für viele Jahre seine Begeisterung für den Gregorianischen
Choral der nächsten Generation weitergeben.
Ihm zu Ehren wird die nächste Ausgabe der „Beiträge
zur Gregorianik“ als Doppelband und als Festschrift erscheinen.
Namhafte Autoren ehren ihren Kollegen in vielen Beiträgen mit
Artikeln zu Themen, die von der Entstehung des Stundengebets bis
hin zur Beziehung zwischen der Gregorianik und der Orgelmusik Tournemires
reichen. cd
Neuer Mozart-Präsident Der Komponist und Dirigent Jörg Riedlbauer (45) ist
zum neuen Präsidenten der Deutschen Mozart-Gesellschaft gewählt
worden. Er tritt die Nachfolge von Dirk Hewig an, der die Gesellschaft
seit 2002 geführt hat. Riedlbauer beschäftigte sich in
zahlreichen Veröffentlichungen mit Mozart, Wagner und der Musik
des 20. Jahrhunderts. In seiner Antrittsrede hob er die Notwendigkeit
einer kulturellen Breitenbildung durch aktives Musizieren hervor.
Neuer Kraus-Präsident Die Mitgliederversammlung der Internationalen Joseph Martin
Kraus-Gesellschaft e.V. wählte Gerhart Darmstadt, Violoncellist,
Dirigent und Professor für historische Aufführungspraxis
und Kammermusik an der Musikhochschule Hamburg, zum neuen Präsidenten
der Gesellschaft. Vizepräsident wurde der Buchener Bürgermeister
Roland Burger. Als Geschäftsführerin amtiert weiterhin
Gerlinde Trunk und als Schatzmeister Volker Balles.
Die Musikschul-Muse
Heidi Wucher mit der Ehrenmitgliedschaft des VdM geehrt
Die Delegierten der VdM-Bundesversammlung in Aschaffenburg erhoben
sich und spendeten minutenlangen Beifall: Eine Angestellte ihres
Verbandes war zum Ehrenmitglied ernannt worden – in der Geschichte
des VdM ein ebenso einmaliger wie angemessener Vorgang.
Heidi Wucher hat mehr als 40 Jahre ihres Lebens für die Sache
der Musikschulen gearbeitet. Viele Jahre an der Seite ihres Mannes,
des langjährigen Bundesvorsitzenden Diethard Wucher, und nach
dessen Tod als kompetente, sich lieber im Hintergrund bewegende
Referentin in der Bundesgeschäftsstelle. Der prunkvolle öffentliche
Auftritt ist nicht ihr Ding – eher schon die auf solidem Fachwissen
gründende eigene Meinung. Heidi Wucher wirkt organisatorisch
und inhaltlich lieber im Hintergrund. Dies aber eben hocheffizient
und in bestem Einvernehmen mit ihren Kolleginnen und Kollegen. Ihre
überzeugte humanistische Grundhaltung, ihre herzliche Wärme
hat sie – im Verbund mit norddeutsch-gerader Sprache und profunder
Kenntnis aller Winkel unseres Musiklebens zu einer Persönlichkeit
geformt, die weit über Verbandsgrenzen hinaus Anerkennung findet.
Erinnert sei an ihren Dauer-Einsatz bei den Bundeswettbewerben „Jugend
musiziert“ – oder an ihre editorische Leistung bei der
Fertigstellung des letzten Buches ihres Mannes „Musik selber
machen – Musikalische Erwachsenenbildung an Musikschulen“.
Vielleicht bezeichnend, dass dieses Thema für die Institution,
der Heidi Wucher dient, gerade wieder stark an Aktualität gewinnt
– wie auch für die Herausgeberin selbst: Das so genannte
dritte Lebensalter als Zeitraum hoher Schaffenskraft beginnt bekanntlich
mit dem fünften Lebensjahrzehnt. Da bleibt noch viel Zeit für
fruchtbare Taten in unserem Musikland… thg
Im Geiste des Aufbruchs
Zum Tod des Schlagzeugers und Komponisten Siegfried Fink
Am 3. Mai 2006 ist der Schlagzeuger und Komponist Siegfried Fink
in seiner Heimatstadt Würzburg gestorben. Er war eine der großen
Aufbruchsgestalten, die die Musikgeschichte der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts kennt und ohne die die Neuanfänge auf
allen Ebenen nicht gewagt worden wären. Das Schlagzeug war
ohnehin prädestiniert für den Gang in neue Regionen und
Fink hat das von Anfang an genau gespürt. Siegfried Fink wurde
1928 in Zerbst (Sachsen-Anhalt) geboren und hat in der gerade gegründeten
DDR Schlagzeug studiert. Sein Engagement für Jazz aber machte
ihn verdächtig. 1958 ging Fink in den Westen und kam über
die Stationen Lübeck und Hannover 1965 nach Würzburg.
Schnell hat er erkannt, welche Möglichkeiten sich dem Schlagzeug
in der Neuen Musik boten. In Würzburg wurde er als Gründer
und Leiter seines „Studios für Perkussion“ zur
Vaterfigur zeitgenössischen Schlagzeugspiels und die Existenz
eines aufgeschlossenen Schlagzeugensembles aus Fink und seinen Schülern
motivierte eine große Zahl von Komponisten, für Schlagzeug
zu schreiben. Um zu begreifen, warum das Schlagzeug in der Musik
der Moderne so eine fundamentale Rolle spielt, muss man sich die
unermüdlichen Aktivitäten Siegfried Finks vor Augen führen.
Er schrieb Kompositionen und etliche Lehrwerke, gab Kurse, ermunterte
und beriet Komponisten und unterrichtete eine Vielzahl von Schülern,
die heute einen internationalen Namen haben. Fink darf als einer
der großen Protagonisten der zeitgenössischen Musik gelten,
der den Geist des Neuanfangs nach dem Zweiten Weltkrieg für
seine Sache nutzte und mit Elan füllte. Modernes Schlagzeugspiel
wird auch in Zukunft nicht am Namen von Siegfried Fink vorbei kommen.
rs