Aktuelle Ausgabe
Nehmen Sie Kontakt zur nmz auf
Holen Sie sich die nmz ins Haus
Archiv und Sitemap der neuen musikzeitung
Links zum Musikleben
neue musikzeitung interaktiv
Taktlos - Das Musikmagazin des bayerischen Rundfunks und der neuen musikzeitung
Fortbildung - Stellenmarkt der nmz
Die nmz als Werbeplattform
zurück zur vorherigen Seite
Startseite der neuen musikzeitung, nmz aktuell
Counter





Ausgabe 2006/06
Inhaltsverzeichnis
Archiv und Suche
[an error occurred while processing this directive]
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

nmz-archiv

nmz 2006/06 | Seite 38
55. Jahrgang | Juni
Oper & Konzert

Eigensinnig, autark, gefragt

Neue Werke von Jens Joneleit in Augsburg und Stuttgart

Leicht gespenstisch die Stimmung beim 55. Mozart-Fest in Augsburg. Das Rokoko-Schmuckkästchen Schätzlerpalais verströmt runderneuerten Glanz, Amadeus-Masken machen sich in der Stadt breit und als Cantus firmus singt man dazu das Lamento auf die in Auflösung begriffene Musikhochschule (siehe auch Seite 17). Und ausgerechnet Siegfried Mauser, der als Münchner Hochschulrektor wenig Mitleid mit den Augsburgern zeigt, führt in das Auftaktkonzert der kleinen Reihe „Mozart der Fortschrittliche“ ein, die neben Moritz Eggert und Manfred Trojahn auch den frisch dekorierten Siemens-Förderpreisträger Jens Joneleit mit einer Uraufführung betraut.

Bild vergrößernBeim Schlussapplaus: Peter Hirsch (li.) und Jens Joneleit. Foto: Juan M. Koch

„Nah von fern“ heißt sein Streichquintett, ein Titel, der nicht nur auf Mozart bezogen einiges aussagt. Nähe und Ferne, das könnten auch die Kriterien sein, mit denen Joneleit sich der Quintettbesetzung annimmt. Die eröffnenden Flageolett-Flächen lassen wie durch das Flirren einer Glasharmonika hindurch erst allmählich eine Streicherklanglichkeit erahnen, die sich zunächst auf Pizzikati und unspezifisches Brummen am Steg beschränkt. Die „Gastbratsche“ – so Joneleits Formulierung – gibt mit melodischen Fragmenten erste Impulse für eine kammermusikalische Aufgabenverteilung, die sich von wechselnden Violin-Bratschen-Koppelungen aus langsam eine Selbstverständlichkeit bis hin zu Fragmenten von Tonalität erarbeitet. Ein Akkord schält sich heraus, eine emphatische Wiederholung setzt als Zielpunkt ein rhythmisches Ostinato frei. Mit fast Janácek’scher Intensität kreist es um einen durch die Stimmen wandernden Grundton, Reste von Bewegungsenergie stauen sich in endlos scheinenden Pizzikatoakkorden auf, die schließlich doch ein Ende herbeiführen.

Das Petersen Quartett mit dem fabelhaften Hartmut Rohde, das einen musikantisch zupackenden Mozart als Rahmen geboten hatte, war diesem sinnlich unmittelbar erfahrbaren, eindringlichen Stück Kammermusik in jeder Phase gewachsen.

In anderen Dimensionen bewegt sich der zunehmend gefragte, nach wie vor aber eigensinnig und autark wirkende Joneleit in seinem Orchesterstück „…von anderen Räumen – Angst – Leeres Schimmern“, das im Monat zuvor vom Radio-Sinfonieorchester Stuttgart uraufgeführt wurde. „A wie Angst“ könnte das knapp dreiviertelstündige, 2002 entstandene Werk auch überschrieben sein, so bedrückend macht sich der Orgelpunkt von den Kontrabässen aus breit. In quälenden 20 Minuten wird dieser Angst- und Erregungszustand mit dem C als angedeuteter Mollterz und dem H als Sekundspannung abgesteckt, ohne dass schneidende Schlagzeug- und Tuttielemente auch nur eine Andeutung von Entwicklung oder auch nur ein Weiterkommen herbeiführen könnten.

Schnell wäre hier der Vorwurf des Länglichen bei der Hand, ob in anderen Zeitdimensionen der danach erreichte Ruhepunkt die gleiche Wirkung erzielte, ist allerdings fraglich. Einsame, Bruckner’sche Weite atmende Streicherlinien bewegen sich endlich vom obsessiven A-Orgelpunkt weg, ein C-Dur scheint gar in der Ferne auf, das aber in gnadenlosen Unisonoschlägen vernichtet wird. Bald haben sich die Streicherlinien zu Blech verwandelt und kreisen ziellos einem Ende entgegen, das zu erwarten man irgendwann aufgegeben hat. Eine gewagte, durch und durch desolate Musik hat Joneleit da geschrieben, die bei der von Peter Hirsch unerbittlich dirigierten Uraufführung freilich das Pech hatte, hinter Helmut Lachenmanns Bahn brechender „Fassade“ von 1973 zum Stehen zu kommen, vom RSO Stuttgart bis in die feinsten Geräuschverästelungen hinein zum Tönen gebracht. Solchen Gegenüberstellungen standhalten zu müssen, ist die Kehrseite des Erfolges. Jens Joneleits Musik wird daran wachsen.

Juan Martin Koch

Social Bookmarking
Bookmark bei: Mr. Wong Bookmark bei: Webnews Bookmark bei: Linkarena Bookmark bei: Newskick Bookmark bei: Newsider Bookmark bei: Folkd Bookmark bei: Yigg Bookmark bei: Digg Bookmark bei: Del.icio.us Bookmark bei: Reddit Bookmark bei: Slashdot Bookmark bei: Netscape Bookmark bei: Yahoo Bookmark bei: Google Bookmark bei: Technorati Bookmark bei: Newsvine Bookmark bei: Ma.Gnolia Information

| top | nmz-start | kontakt |
| aktuelle ausgabe | kulturinformationszentrum | archiv/suche | abonnement | leserbrief |
| © 1997-2008 by neue musikzeitung und autoren | Impressum | Alle Rechte vorbehalten |