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nmz-archiv
nmz 2006/06 | Seite 10
55. Jahrgang | Juni
Cluster
Staatsziele
Nun also auch Kurt Beck: Der neue SPD-Vorsitzende setzt sich dafür
ein, Kultur als Staatsziel in der Verfassung, dem Grundgesetz, zu
verankern.
„Der Staat schützt und fördert die Kultur.“
So soll ein Artikel 20 b heißen. Genau, mit dem bestimmten
Artikel. „Die“ Kultur gehört endlich geschützt
und gefördert – mit verfassungsmäßigem Rang,
aber doch so, dass man daraus möglichst wenig ableiten kann.
Nichts da mit einer Verfassungsklage, weil einem ein kulturelles
Projekt nicht gefördert wird, oder geschützt wird, nämlich
vor irgendwelchen Kürzungen irgendwelcher politischer Amateure.
„Das Staatsziel Kultur unterstreicht die Verantwortung des
Staats, das kulturelle Erbe zu bewahren, zu schützen und weiter
zu entwickeln“, heißt es in dem Zwischenbericht der
Enquête-Kommission „Kultur in Deutschland“. Das
muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Eine Verantwortung
des Staates soll da unterstrichen werden. Das ist ja mehr als man
erwarten konnte. Und bei allem, was unser Staat unter Verantwortung
versteht ein reiner Hohn.
Wahrscheinlich gibt es bald dann ein Kulturerbe-Hartz-V-Gesetz.
Denn am besten schützt man „die“ Kultur doch, wenn
man ihr das Leben so schwer wie möglich macht, das ist doch
das schöne romantische Kulturverständnis. Darben ist der
beste Garant für eine lebhafte Kultur. Wie unwichtig der Politik
so ein Kulturstaatsziel ist, zeigt Kurt Beck, wenn er ein solches
auch für den Sport fordert. „Der Staat schützt und
fördert den Sport.“ Vielleicht als Artikel 20 c. Als
Artikel 20 d böte sich an: „Der Staat schützt und
fördert das Dummschwätzen, In-der-Ecke-stehen und In-der-Nase-bohren.“
Wundern würde einen so etwas eigentlich auch nicht mehr.
Martin Hufner
Andere Meinung
Staatsziel Kultur - Bewegung in der Debatte (nmz, Seite 33)
Deutscher Kulturrat begrüßt die klare, unmissverständliche
Aussage des SPD-Vorsitzenden zum Staatsziel Kultur
Der Vorsitzende der SPD, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident
Kurt Beck, hat sich anlässlich des Gründungskongresses
des Deutschen Olympischen Sportbundes nachdrücklich für
die Aufnahme des Staatsziels Kultur und des Staatsziels Sport
in das Grundgesetz ausgesprochen.
Der Deutsche Kulturrat begrüßt die eindeutigen Worte
des SPD-Vorsitzenden für die Aufnahme des Staatsziels Kultur
und des Staatsziels Sport in das Grundgesetz.
Der Deutsche Kulturrat hofft, dass damit Bewegung in die Debatte
zur Aufnahme des Staatsziels Kultur und des Staatsziels Sport
in das Grundgesetz kommt und die Aufnahme dieser beiden Staatsziele
zügig beschlossen wird. Der Geschäftsführer des
Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Die klare,
unmissverständliche Aussage des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck
stärkt alle Abgeordneten im Deutschen Bundestag, die sich
für das Staatsziel Kultur und das Staatsziel Sport stark
machen, und ist ein deutliches Signal an den Bundesrat. Die jetzt
anstehende Grundgesetzänderung sollte genutzt werden, um
das Staatsziel Kultur und das Staatsziel Sport im Grundgesetz
zu verankern.“