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nmz-archiv
nmz 2006/06 | Seite 17
55. Jahrgang | Juni
Forum Musikpädagogik
Neuheiten und Trends von der Musikmesse für Pädagogen
Teil 2: Brauchbare Unterrichtsmaterialien: eine Bestandsaufnahme
2006
Die Verlags- und Notenhalle ist für den Musikpädagogen
doch immer wieder Luxus pur und zugleich absolute Notwendigkeit:
Schmökern, vergleichen, begutachten, Unterschiede feststellen
und erklärt bekommen, um dann auf seinem Arbeitsfeld auf dem
neuesten Stand zu sein. Das machte auch die Musikmesse 2006 wieder
höchst attraktiv. Viel gab es dieses Jahr neu zu entdecken
– ein Tag auf der Messe will ja genutzt sein.
I nsgesamt zeigte sich, wie schon im letzten Jahr, eine veränderte
Verlagslandschaft: mehr Großsortimente, dafür weniger
Einzelverlage und Instrumentenhersteller, dazu auch weniger neue
Veröffentlichungen. Der interessierte Musikpädagoge konnte
sich auch von Verlagen durch die Fülle ihres Angebots führen
lassen, er selbst konnte sowohl das Neueste als auch schon Älteres
finden, das zwar wertvoll, aber schon vergessen oder nicht genügend
bekannt ist.
Die Welt musikalischer Bilderbücher oder Liederbücher
mit Bildergeschichten wird immer mehr erschlossen und ist in sehr
unterschiedlicher Qualität vertreten: so genannte kindgerechte
Musikerbiographien kommen mehr und mehr auf den Markt. Dieses Jahr
natürlich zuhauf die zu den diesjährigen Jubilaren passenden
Biographien. Neben diesen hier nur ein anderes Beispiel: „Johann
Sebastian Bach – Das Bilderbuch“, eine Biographie, die
gerade auch menschliche Seiten Bachs beleuchtet und über die
Lebensgeschichte und eine reiche, detaillierte Bebilderung das Buch
für Kinder interessant gestaltet. In der ebenso mit einer umfangreichen
und detaillierten Illustration ausgestatteten Ausgabe „Mein
Instrument – Die Klarinette“ erweitert Bärenreiter
die Bildersachbuchreihe für Schüler jeden Alters.
Ein Band 2 „Ritter Rost“ für Klavier (mittlerer
Schwierigkeitsgrad), erschienen bei Edition ConBrio bietet den Fans
der Ritter Rost-Musicals die beliebtesten Lieder zum Singen und
Spielen. Die Klaviergeschichte „Unterm Mikroskop“ (sehr
leicht mit Begleitstimme), erschienen bei Edition ConBrio lässt
die kleinen Klavierspieler mit dem Klavierklang die Welt der nur
unter dem Mikroskop zu erkennenden Kleinlebewesen darstellen und
erfahren. Beide Bücher sind leider jedoch mit einer groben,
wenig inspirierenden Graphik versehen. Ganz im Gegensatz arbeitet
da die ungewöhnliche Geschichte für Klavier „AbraKLAdabra
– das Klavier, das zaubern kann“ (Nepomuk Verlag, Schweiz)
mit aufwändigen, fantasievollen Gemälden, in denen viel
zu entdecken ist.
Die Klavierstücke mittleren Schwierigkeitsgrades fügen
sich nahtlos in den spannenden Text des Erzählers und regen
klanglich die Fantasie an. Mit der beiliegenden CD lässt sich
die Geschichte auch hören und mitlesen. „Jedes Kind will
musizieren“ von Andrea Rittersberger (Schott) versucht hingegen,
Fragen von Eltern auch schon der Kleinsten zum Thema Musikerziehung
vom Kleinkindalter bis zur Pubertät zu beantworteten. „Konzertführer
für junge Leute“ von Arnold Werner-Jensen (Schott) bietet
jungen Konzertgängern die Möglichkeit, nie wieder unvorbereitet
in ein Konzert zu gehen. Auf der Schülerebene knüpft dann
auch „Ein wunderbarer Einblick in die Welt der Klarinette“
(auch Schott) aus der Reihe „Musikinstrumente entdecken“
an und vermittelt anschaulich die Geschichte der Klarinette und
ihre Spielweise. Auch Bücher für den Lehrenden und Studierenden
gab es viele.
Hier nur einige wichtige neue Werke: Klaus Börners „Handbuch
der Klavierliteratur zu vier Händen“ (Schott Verlag)
dokumentiert ohne Anspruch auf Vollständigkeit die vierhändige
Klavierliteratur von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert.
Hier finden Klavierpädagogen eine umfangreiche vierhändige
Klavierliteraturauswahl und -fundgrube mit unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden.
Die im gleichen Verlag erschienene „Geschichte der Musikalischen
Bildung“ von Karl Heinrich Ehrenfoth stellt diese hingegen
in einem Zeitfenster von 3000 Jahren dar. Dabei spielen Kultur-
und Sozialgeschichte sowie europäische Bildungsgeschichte eine
wichtige Rolle. Das „Handbuch Üben“ (Breitkopf
& Härtel) bietet dem Instrumentalpädagogen eine interessante
Sammlung von unterschiedlichen Aufsätzen zum Thema Üben
mit jeweils eigenen Schwerpunkten und somit einiges an Anregungen
für den eigenen Unterricht.
Ein weiteres für Pädagogen wichtiges Nachschlagewerk ist
das „Lexikon der Musikpädagogik“ (Bosse Verlag,
Neuauflage). In dem im Ganzen unverzichtbaren Nachschlagewerk wurden
viele Stichworte neu hinzugenommen oder überarbeitet. „Berufsbezogen
ausbilden“ (Band 18) und „Qualität von Musikunterricht
an Schule und Musikschule“ (Band 19) der Reihe „Musik
im Diskurs“ präsentieren Ergebnisse und Methoden der
Unterrichtsforschung und Information zur Praxisorientierung in der
Ausbildung. Gerade diese Themen bieten sowohl Beratung in der eigenen
Aus- und Weiterbildung als auch einen geschärften Blick für
Qualität im Unterricht.
Bei den Fachzeitschriften gesellt sich zur bewährten Zeitschrift
„Musik in der Grundschule“ im Schott Verlag nun „Pamina“
im Helbig Verlag. Mit Spezialthemen, Musikpraxisunterlagen und der
Verknüpfung verschiedener Grundschulfächer, zum Beispiel
Musik und Englisch oder Musik und Mathematik, gibt sie dem Pädagogen
Materialien und Ideen, sein Fach lebendiger zu gestalten. Im Bereich
der Instrumentalschulen ist auch einiges Neues zu finden, aber meist
rangiert eine Bewertung zwischen „nur teil-weise ok“
und „pädagogisch nicht vertretbar“. Positiv zu
erwähnen sind hier „Die Welt der vier Saiten“ von
Christian Sikorski, das eher als Nachschlagewerk mit vielen Übungen
für den fortgeschrittenen Geigenschüler und den Violinstudierenden
gedacht ist.
Mit „Arrangieren im Klavierunterricht“ (Nepomuk) wird
eine Schule der Bearbeitung von Stücken vorgestellt: Drei Bände
mit CD in den Schwierigkeitsgraden Unter-, Mittelstufe und anspruchsvoll
führen unter anderem ein, wie man Begleitungen in unterschiedlichen
Varianten findet. „Brass Masterclass“ (Schott) verspricht
eine einzige Methode für alle Blechbläser. Mit Hilfe einer
CD sind Theorie und Übungen auch praktisch zu erfahren. Keine
Schule im althergebrachten Sinne ist die von Christoph Prégardien
„Schott Master Class Gesang“. Sie bietet die Vermittlung
einer Gesangstechnik per Buch und DVD. Eine Schule des Djembé-Spiels
entwickelte Alexander Kästli, die allen einen schnellen und
leichten Zugang zum Instrument verspricht. „Taketina“
(Schott) ist eine Rhythmusschule, die entspannen, die rhythmische
Kompetenz und Kreativität im Schüler stärken und
eine natürliche rhythmische Orientierung entwickeln soll.
Aus der Fülle der Lieder- und Ü-bungssammlungen sowie
der Spielhefte für Anfänger und Fortgeschrittene sind
zu nennen: „Im Zoo“ (Bärenreiter), ein kleiner
Etüdenband mit Literatur für Anfänger, in dem über
die Assoziation zum Zoo und seinen Tieren Artikulation, Tempi und
Dynamik in besonderem Ausmaß verlangt und geübt werden
sollen. Die revidierte Ausgabe von Bohuslav Martinus „Marionetten“
in drei Bänden enthält Stücke, die Kinder sehr gerne
spielen und die die Fantasie der Kinder anregen. „30 Klavierstücke
für junge Spieler“ von Dimitri Kabalewski sind in Neuauflage
bei Sikorski. Die Sammlung „Russische Lieder und Romanzen“
für Klavier, auch zu vier Händen (Doblinger), bietet eine
Auswahl von leichten bis sehr leichten Spielstücken. „Das
Pianobuch“ (Edition Peters) bietet aus vier Jahrhunderten
Klaviermusik, die wiederum technisch, thematisch, und gestalterisch
Querverbindungen fördern soll. „Dur, Moll und ihre vier
Schwestern“ (Nepomuk Verlag) bietet kurze Klavierstücke
– auch für vier Hände und zum Improvisieren –
unterstützt durch eine CD. Auch „Peter und der Wolf“
wurde wieder aufgelegt (Sikorski), diesmal in Varianten für
Chor und für Bläserquintett. Bei Peters erschien Rachmaninoffs
Prélude cis-moll op. 3 No. 2 als Urtext-Einzelausgabe.
Auch Janáceks „Pianistische Stimmungsbilder“
(Bärenreiter) werden dem Spieler Ausdrucksstärke entlocken.
Auffällig sind auch die vielen Angebote von Literatur zum Klassenmusizieren:
So bietet der Verlag Heinrichshofen mit „Frisch gestrichen“
und „Perkussionsband“ zwei Bücher mit Spielliteratur
als Beitrag zur Monokultur im Klassenmusizieren in der Grundschule
an. Der Eres Verlag hat eine Reihe „Klassenmusizieren“
mit Einzelstimmen für unterschiedliche Instrumente entwickelt.
Hinzu kommt noch die „Die Gitarren AG“ (AMA), eine Gitarrenschule
für Gruppen und Klassen, um nur einige zu nennen. Es wird jetzt
deutlich, dass die Verlage für diesen Trend in den Startlöchern
stehen. Zum Thema Improvisation, Rock, Pop und Jazz kann der Instrumentallehrer
unter anderem den 2. Band „Die Jazzmethode für Klavier
solo“ (Schott) mit Schwerpunkt „Skalen-Improvisation-Artikulation“
von Klaus Ignatzek und „Alto Sax –Improvisations Concepts“
(AMA) als Neuheit finden. Schott bekam einen der „Best Edition“-Preise
für Carsten Gerlitz’ „Pop Ballads“.
Der interessierte Pädagoge sollte die Materialien der unverändert
vielfältigen Lehrwerke jeweils genau studieren, denn die Qualität
ist sehr unterschiedlich und sowohl Auswahl als auch die pädagogischen
Ausführung und die grafische Aufmachung der Literatur sind
allzu oft mangelhaft und damit teilweise unbrauchbar. Humoristisches
war nicht nur in Musikform zu finden, sondern auch in Schriftform,
zu erwähnen sind Klaus Heizmann und Herrmann von Saalfeld:
„Immer diese Bläser…“. So zum Beispiel: „Wie
lautet der kürzeste Witz in der Blasmusik? – Piano.“