[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2006/06 | Seite 48
55. Jahrgang | Juni
Wortlaut
Wortlaut
Siebeng‘scheit
Der folgende Wortlaut stammt aus Redebeiträgen des bayerischen
Staatsministers Thomas Goppel auf dem Kongress Musikvermittlung
des Deutschen Musikrats, der Hans Seidel Stiftung und des Bayerischen
Rundfunks Anfang Mai in Wildbad Kreuth. Goppel unterhielt sich mit
Hans Bäßler, Vizepräsident des deutschen Musikrats,
über das Thema „Ist Kultur vermittelbar? Zur Frage des
Staatsauftrages einer kulturellen Vermittlung.“ Moderation
Theo Geißler.
Thomas
Goppel. Foto: Martin Hufner
Thomas Goppel: Ich teile die Auffassung unseres
Ministerpräsidenten nicht, der letztes Jahr im Rahmen des Wahlkampfes
sagte, dass drüben, in den neuen Ländern, Schwierigkeiten
sind, was die Wahlentscheidung angeht. Ich würde sagen: Es
ist nett, dass die neuen fünf Länder uns Bayern alle ihre
gescheiten Leute schicken. Denn so sind wir die Ersten. Ja Freunde,
es ist doch so! Wenn alles, was sich an Gescheitheit in Deutschland
findet, immer mehr in den Nord-Süd-Strom und den Ost-West-Strom
geht, und dann am Ende die Leute sich über die beklagen, die
daheim bleiben, dann ist das doch ein Zeichen dafür, dass die
Gescheiten, weil dort nix geschieht, sich auf den Weg gemacht haben.
Ich habe hier die Gescheiten aus Mecklenburg-Vorpommern sitzen.
Es ist nicht so, dass die Mecklenburg-Vorpommer dumm sind. Nur:
die Gescheiten haben sich auf den Weg gemacht und deswegen müssen
die Mecklenburg-Vorpommer darüber nachdenken, ob sie auf dem
richtigen Weg sind.
Bei uns wird keiner auf die Idee kommen, wegzugehen. Sie haben bei
uns in Bayern viel weniger, die nach Amerika auswandern. Oder sie
gehen nach Kanada, weil das im Prinzip im Großen Bayern wiederholt
ist (allgemeines Gelächter).
Geißler: Herr Goppel, halten Sie es wirklich
für erstrebenswert, dass ganze deutsche Landschaften nicht
von den Gescheiten, sondern von den jungen, flexiblen Leuten befreit
werden?
Goppel: Nein! Ich möchte ja, dass die da
bleiben! Ich möchte ja nicht, dass die alle an eine Stelle
ziehen. Aber die Menschen gehen dahin, wo die Lebendigkeit ist!
(...)
Zu den Pädagogen muss ich sagen, es ist wichtig, dass der Staat
sich nicht einmischt. Sonst wird Kultur ja nicht vermittelt, sondern
sie wird eine Vorschrift.
Das heißt aber noch lange nicht, dass wir alle sich selbst
überlassen können. Weil sonst eine ganze Reihe von Leuten
nichts tut. Ich muss also locken, muss jemand soweit kriegen, dass
er mitmacht, muss sehen, dass er selber die Initiative ergreift,
muss sehen dass er tätig wird … oder sie … ich
mein, bitte, immer „er“ und „sie“, ich bin
nur nicht bereit, immer gleich in der negativ … nicht negativ
… in der weiblichen Form zu sprechen (allgemeines Gelächter).
Das war ne Freudsche Fehlleistung, ich bin bestimmt kein Macho,
darauf können Sie sich verlassen.