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nmz-archiv
nmz 2006/10 | Seite 10
55. Jahrgang | Oktober
Cluster
Absence sells
„Riccardo Chaillys einziges Operndirigat in Deutschland
an der Oper Leipzig“: So lautet die Überschrift einer
Pressemitteilung der Leipziger Oper vom 7. September 2006. Und weiter:
„Wer keine Karten mehr für die Eröffnung der Mailänder
Scala am 7. Dezember ergattern kann, wo Riccardo Chailly Verdis
,Aida’ dirigieren wird, den italienischen Star-Dirigenten
aber dennoch gerne live erleben will, hat dazu deutschlandweit die
einzige Möglichkeit im Oktober und November an der Oper Leipzig.“
Immerhin fünf Mal, so ist zu lesen, wird Chailly den „Maskenball“
in Leipzig dirigieren. Das ist Marketing: Wer oder was sich rar
macht, wird umso attraktiver. Damit lässt sich trefflich werben.
Was genau sagt uns diese Meldung? Am besten wäre es wohl, nach
Mailand zu fahren, um sich dort des Meisters „Aida“
anzuhören. Wer das nicht schafft, sollte zur zweitbesten Lösung
greifen und in Leipzig in den seltenen Genuss eines Chailly-Dirigats
kommen. Da war aber doch noch was? Ach ja! Immerhin ist Chailly
Generalmusikdirektor der Oper Leipzig, abgesehen davon, dass er
auch noch den Job des Gewandhauskapellmeisters innehat. Und hieß
es nicht seinerzeit bei seiner Berufung, dass er selbstbewusste
Honorarvorstellungen durchsetzen konnte? Zu erwarten, dass damit
eine regelmäßige und selbstverständliche Präsenz
verbunden sei, ist offenbar die naive Vorstellung eines herkömmlichen
Lohnarbeiters. Das Konzept der Leipziger Oper scheint ein anderes
zu sein. Chailly macht sich rar. Absence sells: Das ist Marketing!