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nmz-archiv
nmz 2006/10 | Seite 16
55. Jahrgang | Oktober
Hochschule
Das Prinzip der konstruktiven Ermutigung
Erinnerungen an die Hochschullehrerin Juliane Ribke
Mit Juliane Ribke verliert das Fach eine starke Frau, die bis
zuletzt sowohl in der Lehre als auch in der Forschung mit großer
Inspiration und einem immensen Pool an immer neuen, das Fach stets
voranbringenden Ideen wirkte. Ihrem unendlichen Engagement verdankt
die EMP wesentliche Impulse. Sie war eine Pädagogin, der die
individuelle Persönlichkeitsbildung ihrer Studierenden und
Doktorandinnen ebenso am Herzen lag wie die besondere Förderung
all der Kinder, die an der Hamburger Musikhochschule im Laufe der
letzten 16 Jahre in den Genuss von Praktikumsunterricht in Musikalischer
Früherziehung kommen durften.
Juliane
Ribke und Michael Dartsch bei einer Buchpräsentation
auf der Musikmesse Frankfurt 2002. Auf der gegen-überliegenden
Seite würdigt Michael Dartsch die Arbeit der Wissenschaftlerin,
Autorin und Hochschulprofessorin.
Foto: Charlotte Oswald
Während die Studienrichtung EMP an den meisten Hochschulen
von mehreren Personen mit unterschiedlichen, individuellen Themenschwerpunkten
unterrichtet wird, hat Juliane Ribke nahezu die ganze Bandbreite
der zentralsten EMP-spezifischen Anteile selbst angeboten und zu
vernetzen versucht. J. Ribkes großes Engagement für die
EMP im Allgemeinen und ihr Eintreten für eine hohe künstlerische
Qualität im Speziellen durften Kollegen und Studierende anderer
Studienrichtungen und Hochschulen spätestens ab dem Moment
erleben, als sie begann, regelmäßig Klassenabende mit
außerordentlich aufwändigen Gestaltungsstudien im immer
bestens besuchten Forum der Hamburger Musikhochschule zu veranstalten.
Bis es zu dieser Bühnenreife kam, war es für die aktiv
Beteiligten jedoch ein langer und mitunter auch harter Weg, denn
Juliane Ribke war eine Hochschullehrerin, die mit ihren Studierenden
nicht weniger anspruchsvoll und ehrgeizig an die Arbeit ging als
mit sich selbst: „Konstruktive Ermutigung“ lautete ihr
Motto, wenn sie mit hoher Präzision und extremer Genauigkeit
an Studien und Unterrichtsentwürfen so lange feilte, bis aus
ihrer Sicht auch die letzte Gefahr endgültig gebannt war, eine
Präsentation könne in Beliebigkeit oder gar „blinden
Aktionismus“ ausarten.
Auch die Beziehung zu ihren Doktorandinnen baute stets auf Förderung
und Vertrauen auf. Als Doktormutter begleitete Juliane Ribke das
Denken, Forschen, Fühlen und Formulieren ihrer Promovendinnen
über mehrere Jahre. Sie ließ dabei eine große Bandbreite
an Themen und persönlichen Herangehensweisen zu. Gerne hätte
sie sicher auch noch die letzten Schritte von drei sich im Abschlussverfahren
befindenden Arbeiten erlebt. Die Kollegien der Musikhochschulen
von Bremen und Hamburg kannten Juliane Ribke immer als eine sehr
wache und lebendige Frau, deren Urteilsvermögen bei der Abnahme
von Prüfungen bei Lehrenden wie Studierenden gleichermaßen
geschätzt wurde. Wer sie kannte, wird Juliane Ribkes intensiven
Spürsinn für die individuellen Stärken und Fähigkeiten
eines jeden Menschen bewundern und sie als eine liebenswerte Kollegin
und Hochschullehrerin in Erinnerung behalten.