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nmz-archiv
nmz 2006/11 | Seite 29
55. Jahrgang | November
Deutscher
Tonkünstler Verband
Monika Brendel: musikalische Bildung für alle
Leiterin der Musikschule Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf verabschiedet
Mit einem großen Festkonzert dankten Lehrkräfte, Schüler
und Schülereltern der Berliner Musikschule Charlottenburg-Wilmersdorf
am 23.09.2006 im Konzertsaal Bundesallee der Universität der
Künste (UdK), Berlin, Ihrer Leiterin Monika Brendel, die Ende
2006 in den Ruhestand geht. Vor 31 Jahren hatte Brendel mit der
Musikschulleiterstelle die Verantwortung für die erste kommunale
Musikschule der Geschichte übernommen, welche 1923 durch Prof.
Fritz Jöde unter dem Namen „Jugendmusikschule Charlottenburg“
gegründet worden war. Jödes Idee, musikalische Bildung
für alle Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, war
für Monika Brendel stets inneres Anliegen, dessen praktische
Umsetzung sie kompromisslos verfolgte.
So hat sie das Musikschul-Schiff mit sicherem Instinkt, aber insbesondere
mit hart erarbeiteter profunder Verwaltungskenntnis durch die Klippen
gesteuert, hat lauernde Untiefen – von Umstrukturierungs-
über Privatisierungsvorhaben und Haushaltssperren bis zu Ost-West-Ausgleich
und Bezirksfusion – stets mit intuitivem Radar geortet und
sorgsam umschifft. Ob ihres Mottos, „Verwaltung kann nur mit
Verwaltung besiegt werden“, wurde sie in den 1980er-Jahren
im Bezirksamt gleichermaßen für ihre Beharrlichkeit gefürchtet
wie für ihre Erfolge geschätzt. Analoges gilt für
Gremien, wie. zum Beispil den Berliner VdM. Die Lehrkräfte
(freie Mitarbeiter) verdanken ihr, dass landesweite Einschnitte
meist in der eigenen Musikschule zu geringeren Reduktionen führten
als in den übrigen.
Beim Festkonzert wurde deutlich, welch hohes künstlerisches
Niveau sich in der – seit der Bezirksfusion – zweitgrößten
Musikschule Europas fokussiert: So verfügt die Musikschule
über internationale Spitzenensembles, wie das Berliner Saxophonquartett
(Karola Elssner, Matthias Zippel, Detlef Bensmann, Christof Griese)
oder den von Sabine Wüsthoff geleiteten Berliner Mädchenchor,
sowie über landesweit herausragende Ensembles, so das von Dinah
Backhaus und Matthias Wildenhof geleitete E.T.A. Hoffmann Kammerorchester,
welches mit der Musikschullehrerin und international erfolgreichen
Pianistin Vida Kalojanova das beeindruckende Klavierkonzert op.
40 von Henryck Górecki darbot, das von Elke Mentges aufgebaute
Jugendorchester Charlottenburg, welches unter Leitung des Komponisten
und mit dem Solisten Stefan Gocht das Monika Brendel gewidmete Werk
„Indigo“ von Christoph Griese in der 2006 entstandenen
Fassung für Tuba und Orchester spielte, das von Kai Heiden
gegründete, in Berlin einzigartige Posaunen-Ensemble, Trombonata,
den von Anne Kernbach und Klaus Peter Perschke geleiteten Instrumentalkreis
für Alte Musik, und den Madrigalchor und das Kammerorchester
der Musikschule Charlottenburg-Wilmersdorf, geleitet von Gudrun
Krösmann. So merkte der Moderator in seiner Schlussrede an,
es werde wohl in kaum einer anderen Kommune Deutschlands bei derart
geringem finanziellen Input der öffentlichen Hand in die Musikschule
ein solch großer Output an künstlerischer Qualität
erreicht, und nahm Bezug auf die zwei Tage zuvor von Bundespräsident
Horst Köhler, unter der Überschrift „Bildung für
alle“ gehaltene Berliner Rede. Unter Beifall des Publikums
zitierte er folgende Worte des Bundespräsidenten: „Engagierte
Pädagogen machen immer noch das Beste auch aus schwierigen
Bedingungen, und deutsche Schulen bringen immer noch Spitzenleistungen
hervor. Aber mit ,immer noch‘ dürfen wir uns nicht länger
zufriedengeben. Wenn es um Bildung geht, muss auch über Geld
gesprochen werden. Unsere Bildungsausgaben sind insgesamt zu niedrig.
Deshalb müssen wir den Mut und die politische Kraft haben,
anderes zugunsten der Bildung zurückzustellen. Bildung ist
die wichtigste Investition, die unsere Gesellschaft und jeder Einzelne
tätigen kann. Wer an der Bildung spart, spart an der falschen
Stelle.“ Horst Köhler dürfte Monika Brendel aus
der Seele gesprochen haben, hat sie doch drei Jahrzehnte lang unter
der zu geringen Finanzausstattung ihrer Musikschule gelitten und
ist doch musikalische „Bildung für alle“ stets
ihr höchstes Anliegen bei der Musikschularbeit gewesen.
Dem Festkonzert schloss sich ein Empfang im alten Gebäude
der Musikschule Charlottenburg an, bei dem Monika Brendel sichtlich
bewegt im Kreise „ihrer“ Lehrkräfte und Weggefährten
bei reichlich Sekt und Wein von einem Meer aus Herzlichkeit bis
in die frühen Morgenstunden hinein getragen wurde.