nmz 2006/11 | Seite 24
55. Jahrgang | November
Musikbildung
Eine neue Aufgabe für ein altes Kloster
Die Landesmusikakademie Sachsen-Anhalt im Kloster Michaelstein
im Harz
Im Herbst 2001 fiel die Entscheidung: Das Kloster Michaelstein,
vor den Toren der Stadt Blankenburg am Harz, wird Sitz der Landesmusikakademie
Sachsen-Anhalt. Schon seit den frühen 90er Jahren hatten sich
die Musikverbände in Sachsen-Anhalt, allen voran der Landesmusikrat,
darum bemüht, eine Landesmusikakademie im Land einzurichten:
Als Probenort für Chöre, Orchester und die Auswahlensembles
des Landes, als Zentrum für Qualifizierungen in der Laienmusik
und als Anlaufstelle für Weiterbildungen von Musiklehrern an
Schulen, Musikschulen und im freien Beruf.
Neue
Musik in alten Mauern: Streicher aller Altersgruppen spielen
moderne Musik im „SwingFunkBluesSamba-Streichorchester“
der Landesmusikakademie Sachsen-Anhalt
Am 2. April 2002 war es dann so weit: Der damalige Kultusminister
Dr. Gerd Harms übergab das wiederhergestellte Stallgebäude
des Klosters zur Nutzung als Seminar- und Übungshaus und eröffnete
gleichzeitig offiziell die Landesmusikakademie – an einem
Ort, der in Sachsen-Anhalt und vormals in der DDR für die Musikpflege
bekannt war: Hier kümmerte man sich seit den 70er Jahren um
die „Alte Musik“, insbesondere um Telemann, hier wuchs
ein „Institut für Aufführungspraxis“, dem
es durch seine Besonderheit gelang, die ansonsten starren Grenzen
zwischen Ost und West zumindest im Kleinen zu überwinden. Ob
dazu der Ort beigetragen hat, die besondere Atmosphäre eines
Klosters aus dem 12. Jahrhundert, die auch heute noch Gäste
und Kursteilnehmer empfinden? Schließlich wussten die Zisterzienser
seinerzeit sehr genau, an welchen Stellen sie Ihre Klöster
errichten ließen. Nun bekam dies „alte“ Michaelstein
also eine neue Aufgabe hinzu und sollte sein eigenes Profil weiterhin
wahren. Eine anspruchsvolle Verpflichtung, die die öffentlich-rechtliche
Stiftung Kloster Michaelstein im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt
übernommen hatte und die seit 2005 von der „Stiftung
Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt“ verwaltet wird.
Denn zum – modern gesprochen – Aufgabenportfolio der
Stiftung gehören eben nicht nur das Institut und die Landesmusikakademie,
sondern auch die kulturtouristische Erschließung und „Vermarktung“
des Denkmales „Kloster Michaelstein“, was in einer Region
wie dem Harz eine wichtige Rolle spielt.
Die Erfahrung des Klosters als Tagungshaus kam der Landesmusikakademie
natürlich zugute: Nicht nur die eingespielte Verwaltung und
das Hausmanagement – was bei dem großen Areal des Klosters
besonders gut funktionieren muss – sondern auch die umfangreiche
Ausstattung mit vor allem historischen Tasteninstrumenten erleichterten
den Start. Damit die Landesmusikakademie auch den aktuellen Aufgaben
gerecht werden kann, wurde das Instrumentarium um Orff- und Perkussionsinstrumente
sowie moderne Medien erweitert. Die Bauabteilung der Trägerstiftung
sorgt aufgrund ihrer Erfahrung mit zahlreichen historischen Liegenschaften
dafür, dass die anstehenden Baumaßnahmen – und
das sind bei einem derart alten Bauwerk nicht wenige – nicht
nur denkmalgerecht, sondern auch mit Blick auf die Kursteilnehmer
funktional und ästhetisch ausgeführt werden.
In den ersten Jahren bestimmten neben eigenen Kursangeboten vor
allem Probenphasen das Bild, doch inzwischen sind die verfügbaren
Wochenenden dafür rar geworden. Die 29 Zimmer und derzeit 7
Probenräume sind entweder vom Institut für Aufführungspraxis
oder von Weiterbildungsangeboten der Landesmusikakademie belegt.
Mitunter reichen die Zimmer nicht aus und Teilnehmer müssen
sich anderswo einquartieren, ganz besonders dann, wenn es sich um
Kurse auf dem Gebiet der elementaren Musikpädagogik handelt,
einem Schwerpunkt in der Arbeit der Akademie: Auf ein solches Angebot,
gemeinsam mit dem Landesmusikrat Sachsen-Anhalt erstellt, meldeten
sich in diesem Jahr 180 Interessenten, wovon überhaupt nur
125 an zwei Wochenenden berücksichtigt werden konnten.
So wie der Landesmusikrat sind viele andere Partner eingebunden:
Früh nahmen Landeschorverband und Landesmusikverband Kontakt
zur Landesmusikakademie auf, die Zusammenarbeit mit dem Landesverband
der Musikschulen intensivierte sich, der VDS-Landesverband sowie
die Volkssolidarität sind ebenso vertreten wie die Orff-Schulwerk-Gesellschaft
oder das Bildungswerk Rhythmik.
Jüngstes Kind der Landesmusikakademie in Zusammenarbeit mit
der „Ständigen Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik“:
das Jugendbarockorchester (www.bachs-erben.de). Erstmals im Sommer
2006 zusammengekommen, arbeiteten 25 junge Musiker zwischen 14 und
20 Jahren unter der Leitung von Mitgliedern der „Akademie
für Alte Musik, Berlin“, einem der Spezialensembles für
Historische Aufführungspraxis in Deutschland, an einem Programm
unter der Überschrift „Auf den Spuren J.S. Bachs“
und führten es an verschiedenen Bach-Stätten auf. „Die
Idee ist ganz einfach, es musste nur einer darauf kommen“,
schrieb die Mitteldeutsche Zeitung nach dem ersten Konzert im –
wo hätte es passender stattfinden können – Spiegelsaal
des Köthener Schlosses.