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nmz-archiv
nmz 2006/11 | Seite 38
55. Jahrgang | November
Bücher
Psycho-Songs
Klaus Theweleit/Martin Baltes (Hrsg): absolute(ly) Sigmund Freud
Songbook, orange press, Freiburg 2006, 224 S., Abb., € 18,00,
ISBN 3-936086-21-4
Der Wiener Psychodoktor und die Popmusik: Von Abba über The
Doors und Jimi Hendrix zu den Rolling Stones hat er seine Spuren
hinterlassen. Dieses hübsche Songbook zeigt, wie vielfältig
der olle Sigmund sich in den Texten dieser und vieler anderer Superstars
der Pop- und Rockmusik wiederfindet. Denn schon die Brüder
Gershwin ließen 1933 „Freud and Jung and Adler“
im flotten Trio über die Bühne persiflieren. Später
brannte Ray Charles’ Liebste (zumindest in „Hide nor
Hair“) durch – soll vorkommen, aber hier tat sie es
mit dem eigenen Psychiater. Die Songtexte sind nicht immer ganz
ernst gemeint, oft wirklich witzig, manchmal aber auch (wie in „The
Blue Mask“ von Lou Reed) ziemlich düster. Den fast ausschließlich
englischsprachigen Texten wird löblicherweise Zeile für
Zeile die deutsche Übersetzung mitgeliefert. Zwischen den Songtexten
bieten einige Essays allerlei Skurriles und Informatives zu Freud
und dessen Arbeit. Scharfsichtig und weitsinnig hinter die Thesen
der Psychoanalyse geguckt, im launigen Stil geschrieben und jenseits
aller Handbücher für Psychologie. Denn das will das Songboook
nicht sein, kann es auch nicht sein. Immer stehen der Liedtext und
die dort manifestierbaren Einflüsse der Theorien auf die Texter
– also der Umgang der Rock- und Popmusiker mit Freud, nicht
die Lehren Freuds im wissenschaftlichen Kontext – im Vordergrund.
So führt das kleine Songbook, das mehr ist als eine amüsante
Abendlektüre für interessierte Rockfreunde, unterhaltsam
und gut recherchiert nebenbei doch ein wenig in die Denkwelt Freuds
ein. Aber auch wen Sigmund Freud partout nicht interessiert, die
allermeisten Liedtexte lohnen die Lektüre.