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nmz-archiv
nmz 2006/11 | Seite 44
55. Jahrgang | November
Rezensionen
Kurz vorgestellt
CDs
Arthur Honegger; Bohuslav Martinu; Johannes Sebastian Bach;
Matthias Pintscher; Maurice Ravel: Stücke für Violine
und Violoncello.
Frank Peter Zimmermann, Violine, Heinrich Schiff, Cello.
ECM 1912 (476 3150)
Frank Peter Zimmermann ist wohl einer der aufregendsten Geiger
der Gegenwart. Eben weil er nichts zur Attitüde macht, nichts
aufträgt. Er nähert sich der Musik mit einer Seriosität,
die einen fast bedenklich stimmen könnte, wenn nicht eine
geradezu unglaubliche Lust am Musizieren die Strenge ausgliche.
Und mit Heinrich Schiff entsteht bei dieser nicht gerade häufigen
Besetzung eine Symbiose des Zusammenspiels, die immer wieder in
höchstes, beglücktes Erstaunen versetzt. Wunderbare
Musikalität!
Sofia
Gubaidulina: Am Rande des Abgrunds; De Profundis; Quaternion; In
Croce.
Julius Berger, Cello; Stefan Hussong, Akkordeon; Sofia Gubaidulina,
Aquaphon; sechs weitere Cellisten.
Wergo 6682 2
Sofia Gubaidulinas Kompositionen sind wohl gerade da am stärksten,
wo sie die abseitige, dunkel eingefärbte Besetzung wählen
(Am Rande des Abgrunds, mit sieben Violoncelli und zwei Aquaphonen).
Hier kann die Musik aus tiefen Kluften der Seele hervortönen
und sich entfalten zum Trost in der Trostlosigkeit, zur erfüllten
Anklage, in die immer wieder auch surreale Momente eindringen.
Eine CD, die das Wesen der Musik Gubaidulinas genau trifft.
Nikolai Roslavets: Klaviertrios Nr. 2– 4.
Trio Fontenay.
Teldec 8573-82017-2
Immer wieder hat sich das vorzügliche Trio Fontenay, um
das es in letzter Zeit ein wenig stiller wurde, mit großem
Erfolg für unbekanntere Komponisten der Musikliteratur eingesetzt.
Der Ukrainer Nikolai Roslavets (1881 bis 1944) gehört zu
ihnen. Er hatte in der jungen Sowjetunion einen hervorragenden
Ruf, fiel dann aber mit dem Etikett des Formalisten versehen in
Ungnade. Seine Musik ist geprägt von motivischer Dichte,
von einer Fortsetzung der Brahms-Reger-Linie auf ganz eigene,
klanglich romantisch warme Art. Die Ausgefeiltheit der musikalischen
Arbeit ist stets spürbar. Konzentration und charakterliche
Fülle bestimmen seine Kompositionen, die vom Trio Fontaney
mit größter Anteilnahme gespielt werden.
Dmitry Borisovich Kabalevsky: Klavierkonzerte Nr. 1 und
2.
In-Ju Bang, Klavier; Russisches Philharmonisches Orchester, Dmitry
Yablonsky.
Naxos 8.557683
Der in St. Petersburg geborene Kabalevsky (1904–1987),
Zeitgenosse von Schostakowitsch, spielte im sowjetischen Musikleben
eine führende Rolle. Seine Musik wurde anerkannt und häufig
gespielt, was vor allem auf die plastische melodische Erfindungsgabe,
die sich ein wenig an Prokofieff orientiert, zurückzuführen
ist. Es ist eine im Spielerischen kraftvolle Musik, die von der
koreanischen Pianistin In-Ju Bang etwas zu pauschal vorgetragen
wird.
Galina Ustwolskaja: Klaviersonaten 4 und 5; Earle Brown:
Folio.
Manon-Liu Winter, Klavier.
ein klang records 020
Die in Wien geborene und lebende Pianistin Manon-Liu Winter erweist
sich hier als außerordentlich ernsthafte, mit der Ästhetik
der Stücke bestens vertraute Musikerin. So geraten Ustwolskajas
Sonaten hart und unerbittlich, ohne dass aber dem desolaten Ausdruck
die Struktur der Arbeiten geopfert würden (was bei manch
anderen Interpreten der Fall ist). Dieser dezidierte Gestus findet
in den Darstellungen der halbgraphischen Blätter von Earle
Brown eine erfüllt sprechende Fortsetzung.