Aktuelle Ausgabe
Nehmen Sie Kontakt zur nmz auf
Holen Sie sich die nmz ins Haus
Archiv und Sitemap der neuen musikzeitung
Links zum Musikleben
neue musikzeitung interaktiv
Taktlos - Das Musikmagazin des bayerischen Rundfunks und der neuen musikzeitung
Fortbildung - Stellenmarkt der nmz
Die nmz als Werbeplattform
zurück zur vorherigen Seite
Startseite der neuen musikzeitung, nmz aktuell
Counter





Ausgabe 2006/12
Inhaltsverzeichnis
Archiv und Suche

DTKV Bayern www.dtkv-bayern.de

[an error occurred while processing this directive]
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

nmz-archiv

nmz 2006/12 | Seite 34
55. Jahrgang | Dez./Jan.
DTKV Bayern

Zur Lage der Musik in Bayern

Überblick und Ausblick auf eine vielfältige Musiklandschaft

Der Vorsitzende des Landesverbandes Bayerischer Tonkünstler, Mitglied im Präsidium des Bayerischen Musikrats, Dirk Hewig hielt auf der Arbeitstagung des Bayerischen Musikrats „Zur Lage der Musik in Bayern“ am 13./14.10.2006 in der Musikakademie Hammelburg das Eröffnungsreferat. Dieses wird im Folgenden in gekürzter Form abgedruckt:

Als sich in den 70er-Jahren die Laienmusik im Landesverband Singen und Musizieren in Bayern (LBSMB) und die professionelle Musik in der Aktionsgemeinschaft Musik in Bayern (AMB) organisierten, die verstreuten Einzelverbände, Institutionen und Personen in sich versammelten und auf gemeinsame Ziele ausrichteten, da hatten die Initiatoren und Betroffenen erkannt, dass für ein derartiges Zusammengehen die Zeit gekommen war. Der Sport hatte die Gunst der Stunde weit eher genutzt und war der Musik voraus- und davongeeilt, ein Vorsprung – allerdings nicht nur zeitlicher Art – den wir auch heute noch nicht eingeholt haben.

1977 schlossen sich dann die Laien und Profis, der LBSMB und die AMB, im Bayerischen Musikrat zusammen. Die Erkenntnis war gereift, dass Laien und Profis gemeinsame Wurzeln und Grundlagen, Anliegen und Ziele haben und diese im gesellschaftlichen und politischen Raum nur gemeinsam erreichen können. Diese Erkenntnis gegen Widerstände und Bedenken durchgesetzt zu haben, war das Verdienst einzelner Persönlichkeiten, an ihrer Spitze der unvergessene Alois Kremer für die Laien und Prof. Dr. Alexander Suder für die Profis. Die Zeit für ein Zusammengehen und eine gemeinsame Organisation war gekommen. Und von da an kann man die Entwicklung der Musik in Bayern – trotz aller verbleibenden Mängel und Probleme – als Erfolgsstory ansehen.

Der erste große Schritt zum Aufschwung des Musiklebens in Bayern war die Schaffung des 1. Bayerischen Musikplans, eine knappe Darstellung des seinerzeit Vorhandenen, der laufenden Entwicklung und der daraus abgeleiteten Zielsetzungen für die Zukunft. Dieser Musikplan stellt eine erste umfassende Standortbestimmung dar. Er zeigte nicht nur wichtige Ziele auf, er war auch mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattet, die eine Umsetzung der Zielvorstellungen oder zumindest den Beginn einer solchen Umsetzung ermöglichten. Es war der erste und ist auch der einzige Landesmusikplan geblieben, der von einer Landesregierung erlassen und von einem Landesparlament gebilligt wurde. Das hatte zur Folge, dass sich der Staat nicht nur beim Erlass des Musikplans, sondern auch in der Folgezeit den dort formulierten Zielen verpflichtet fühlte und insbesondere in den 80er-Jahren viel zu seiner Realisierung beitrug. Weil die Entwicklung der verschiedenen Bereiche dank der zur Verfügung stehenden Mittel eine rasante Entwicklung nahm, strebte der BMR bereits Mitte der 80er-Jahre eine Fortschreibung des Musikplans an. 1985 feierte Europa das Europäische Jahr der Musik. Anlass waren die 300. Geburtstage von J.S. Bach, G.F. Händel und D. Scarlatti, der 400. Geburtstag von H. Schütz und der 100. Geburtstag von A. Berg. Auf europäischer Ebene wurden zahlreiche Initiativen für Konferenzen, musikalische Veranstaltungen, Ausstellungen, Symposien, Appelle et cetera unternommen. Der Bayerische Landtag nahm das Europäische Jahr der Musik zum Anlass für eine umfangreiche Interpellation zur Lage der Musik in Bayern. Einen ganzen Tag befasste sich das Plenum ausschließlich mit Fragen der Musik.

Mit der Interpellation war dann die Grundlage für die Fortschreibung des Musikplans geschaffen. In Verhandlungen mit dem BMR und den Verbänden, gemeinsam mit Abgeordneten und Vertretern des Ministeriums wurde eine Vorlage erarbeitet, die nach einer Straffung unmittelbar umgesetzt werden konnte.

1989 wurde dann der 2. Musikplan vom Bayerischen Kabinett verabschiedet und vom Bayerischen Landtag nach Erörterung in verschiedenen Ausschüssen zustimmend zur Kenntnis genommen.

Den 70er- und 80er-Jahren, die von Begeisterung, großem Engagement und dem Glauben geprägt waren, alles werde immer größer, weiter, der Gestaltung seien keine Grenzen gesetzt, folgte dann in den 90er-Jahren laufend Einschränkungen der Mittel beim Staat und den Kommunen. Die fetten Jahre wurde zunächst unmerklich, dann aber immer stärker spürbar durch die mageren Jahre abgelöst.

Heute – durch die schwierige Lage der öffentlichen Haushalte und den Rückgang von Stiftungs- und Sponsorengelder geprägt – versuchen wir erneut Bilanz zu ziehen:

Was ist seit Mitte der 80er-Jahre, als die Vorlage für den neuen Musikplan durch den BMR erarbeitet wurde und mit einiger Verzögerung der Erlass durch die Staatsregierung erfolgte, geschehen? Welche Defizite haben wir –trotz allem, was erreicht wurde – heute? Was können, was sollen und was wollen wir anstreben? Wollen wir die Grenzsteine nur um Zentimeter verrücken, im Schneckengang fortschreiten oder wollen wir – wie in den 70er- und 80er-Jahren – zu neuen Ufern aufbrechen, Visionen entwickeln, die uns beflügeln und dann allerdings mit Augenmaß und in realistischen Schritten unsere Ziele angehen?

Seit Mitte der 80er-Jahre hat sich viel gewandelt. Zahlreiche Ziele wurden erreicht. Neue Anforderungen sind aufgetaucht. Wir müssen reagieren.

Jedes Ding hat seine Zeit. Die Zeit, den Jetztzustand und die Ziele für die nächsten 10 oder gegebenenfalls auch 20 Jahre in einem neuen Musikplan zu formulieren, ist mit Einschränkung gekommen. Nach Fußball-WM, sonstigen vergangenen und noch zu erwartenden Sportereignissen ist es an der Zeit, dass auch in unserem Landtag die Musik wieder einmal im Mittelpunkt steht. Eine Interpellation oder große Anfrage zur Musik wäre dafür das geeignete Mittel. Daran sollten ein gefestigter und mit reichem Erfahrungsschatz ausgestatteter Musikrat – gleiches gilt für seine Verbände – mitwirken. Dieser Mitwirkung dient diese Arbeitstagung. Wir haben für wichtige Themenbereiche Arbeitsgruppen gebildet, die eine Bilanz versuchen und Zielvorstellungen erarbeiten sollen. Ich beschränke mich hier auf wenige grundlegende

Bemerkungen:

Sicherung des Erreichten

Wir haben viel erreicht. Eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft wird es sein, das Erreichte dauerhaft zu sichern. Wenn einmal ein Orchester aufgelöst oder eine Hochschulabteilung, die eine lange Tradition hat, in der Region fest verankert ist und für das dortige Musikleben große Bedeutung hat, eingestellt wird, dann droht unserer kulturellen Vielfalt ein großer Schaden. Das heißt nicht, dass nicht manches neu konzipiert und organisiert, dass nicht beispielsweise im Hochschulbereich Schwerpunktbildungen notwendig wären. Ein Flächenstaat und Kulturland wie Bayern hat mit sechs nichtstaatlichen Orchestern und vier öffentlichen Hochschulstandorten nicht zu viele derartige Einrichtungen.

Die Musikpflegemittel als sogenannte freiwillige Leistungen sollten nicht bei jeder Haushaltsverhandlung erneut zur Disposition gestellt werden. Was rein haushaltstechnisch keine Pflichtaufgabe ist, sollte wegen der gesellschaftlichen Bedeutung vom Staat wie eine Pflichtaufgabe angesehen werden. Wir sollten hier dem Wissenschafts- und dem Kultusminister, aber auch den Parlamentariern im Landtag und bei den Gebietskörperschaften den Rücken stärken. Was wäre unser Land, wenn die sogenannten freiwilligen Aufgaben nicht mehr von der öffentlichen Hand mitfinanziert würden. Das bedeutet nicht, dass jedes Festival, jede H-moll Messe eines bescheidenen Chores vom Staat oder einer Kommune bezuschusst werden müssen. Auch hier sind Schwerpunktsetzungen erforderlich. Nur wenn wir uns auf das Wesentliche konzentrieren, können wir dieses auch halten.

Grundlage unserer Musikkultur ist eine frühzeitige Heranführung der Kinder an die Musik, sind durchgängige musikalische Angebote in den Kindergärten und den Schulen. Das setzt nicht nur organisatorische Maßnahmen wie Stundentafeln Lehrpläne und Räume mit entsprechender Ausstattung voraus, das setzt vor allem qualifiziert ausgebildete Erzieher und Lehrkräfte voraus.
Ein bedeutsamer und grundlegender Bereich unserer musikalischen Bildung stellt die Laienmusik in ihren unterschiedlichen vokalen und instrumentalen Ausformungen, stellt die bodenständige Volksmusik und stellen die Musikschulen mit ihrem breitgefächerten musikalischern Angebot dar. Diese Bereiche, in denen es viel ehrenamtliches Engagement und hohe Qualität gibt, bedürfen weiter einer finanziellen Grundsicherung. Wie das geschehen soll, das kann ein wichtiges Thema unserer Diskussion sein.

Wahrung, Nutzung und Schaffung von Freiräumen

Die Kunstfreiheit ist ein hohes Gut. Die Kunst braucht nicht nur Freiheit von staatlichen Eingriffen. Die in der Kunst, in der Musik Tätigen sollten ihre Freiräume wahren und nicht selber immer weiter einschränken. Notwendig ist, die vorhandenen Freiräume zu nutzen und notfalls durch Änderung einengender Regelungen auch auszuweiten.

Wagen neuer Ideen, Konzepte

Wir sollten uns heute von der Geldknappheit nicht abschrecken lassen das Wünschbare und Notwendige zu denken und zu konzipieren. Wir sollten weiterhin Visionen haben, Konzepte entwickeln und den Glauben daran haben, dass – nicht nur mit Hilfe von Staat und Kommunen, sondern auch durch Mithilfe Dritter – das Eine oder Andere verwirklicht werden kann. Sollte ein dritter Musikplan kommen, so darf dieser sich in seinen Zielen nicht auf die Heraufsetzung bestimmter derzeit vorhandener Beträge beschränken. Er sollte vielmehr Perspektiven aufzeigen, sich auch nicht nur an den Staat und die Kommunen, sondern an die Kirchen, die Medien, die Musikwirtschaft und alle für die Musik Verantwortlichen und im musikalischen Leben Tätigen wenden.

Wir sollten uns klar darüber sein, dass die Finanzen wichtig sind und ohne finanzielle Mittel wenig geht, und dass auch die Fragen der rechtlichen Rahmenbedingungen und der Organisation von großer Bedeutung sind. Das Entscheidende aber ist, dass wir aus Begeisterung für die Sache selbst brennen, dass wir andere damit anstecken, dass wir aus dieser Haltung heraus Ideen und Konzepte entwickeln und dann mit Beharrlichkeit, Klugheit, Augenmaß und in Solidarität versuchen, diese Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen. Im Geflecht unserer Tätigkeiten und Aufgaben sollten wir uns durch nichts entmutigen lassen, sondern erkennen, dass es Zeit ist, das in den 70er- und 80er-Jahren Begonnene fortzuführen, den heutigen Erfordernissen anzupassen, gleichzeitig neue Ideen zu entwickeln und für deren Verwirklichung zu kämpfen.

 

Social Bookmarking
Bookmark bei: Mr. Wong Bookmark bei: Webnews Bookmark bei: Linkarena Bookmark bei: Newskick Bookmark bei: Newsider Bookmark bei: Folkd Bookmark bei: Yigg Bookmark bei: Digg Bookmark bei: Del.icio.us Bookmark bei: Reddit Bookmark bei: Slashdot Bookmark bei: Netscape Bookmark bei: Yahoo Bookmark bei: Google Bookmark bei: Technorati Bookmark bei: Newsvine Bookmark bei: Ma.Gnolia Information

| top | nmz-start | kontakt |
| aktuelle ausgabe | kulturinformationszentrum | archiv/suche | abonnement | leserbrief |
| © 1997-2008 by neue musikzeitung und autoren | Impressum | Alle Rechte vorbehalten |