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nmz-archiv
nmz 2006/12 | Seite 32
55. Jahrgang | Dez./Jan.
Deutscher
Tonkünstler Verband
Gespür für Trends und Stilrichtungen
125 Jahre Verlag Ries & Erler in Berlin, ehemals Königlich
Sächsischer Hofmusikalienhändler
Ein Musikverlag, der als Familienunternehmen seit 1881 erfolgreich
ist, ist eine Besonderheit. Um einen solchen Erfolg verbuchen zu
können, braucht man nicht nur ein gutes Verlagskonzept und
bekannte Autoren, Komponisten und Herausgeber, sondern auch das
Gespür für musikalische Trends und Stilrichtungen. Und
das hat der Verleger und Firmeninhaber Andreas Meurer, der seit
1979 bereits dabei ist, 1985 Prokurist wurde und 1997 den Verlag
Ries & Erler von seiner Mutter Ingrid Meurer, geborene Ries,
übernahm.
Seit 1997 liegt deshalb ein Schwerpunkt des Verlagsprogramms in
der Herausgabe und Auswertung von Stummfilm-Musiken (original und
neukomponiert), wie unter anderem der Original-Filmmusik zum Fritz-Lang-Stummfilm
„Metropolis“ (UNESCO Weltkulturerbe). Und so begann
die Geschichte des ältesten Berliner Musikverlages: Im Juli
1881 gründete der Violinvirtuose, Komponist, Konzertagent und
Königlich Sächsische Hofmusikalienhändler Franz Ries
mit dem Verleger Hermann Erler in Berlin den Verlag Ries & Erler.
Franz Ries, der als Sohn des Berliner Konzertmeisters Hubert Ries
und als Neffe des Beethovenschülers und -freundes Ferdinand
Ries aus einer Musikerfamilie kam, steuerte als Komponist zum Start
auch eigene Werke wie „Perpetuum mobile“ und später
„ La Capricciosa“ bei, die heute noch beliebte Vortragsstücke
für Violine sind. Durch den Ankauf der Verlage M Schloß
(Köln), Voigt (Kassel), E. F.Hientzsch (Breslau) und die Übernahme
von R. Sulzer und Jatho (Berlin) wurde das Verlagsprogramm wesentlich
erweitert.
Nach dem Tode Hermann Erlers führte Franz Ries den Verlag
allein weiter. Die Herausgabe des bis heute international anerkannten
Studienwerkes für Violine von Carl Flesch zeigte die besondere
Fachkenntnis des Verlegers Ries. 1924 ging die Geschäftsführung
an den Sohn Dr. Robert Ries. Durch ihn erhielt das Verlagsprogramm
Ende der 20er-Jahre neue Akzente durch die Inverlagnahme von Werken
aus dem Bereich der Unterhaltungsmusik. Als Robert Ries 1942 starb,
wurde das Familiengeschäft von den beiden Töchtern weitergeführt.
Kurz vor Ende des Krieges, am 1. Mai 1945, wurden die Geschäftsräume
am Kurfürstendamm 22 völlig zerstört, wobei der größte
Teil der Unterlagen verlorenging.
Nach Erteilung der Lizenz durch die Militärregierung Deutschland
1948 begann Waltraud Ries unter großem persönlichem Einsatz
mit dem Wiederaufbau des Unternehmens. Seither sind die Werke von
über 200 Komponisten verlegt worden, unter ihnen finden sich
Namen wie: Felix Weingartner, Hans Pfitzner, Wilhelm Furtwängler,
Eduard Künnecke, Dietrich Erdmann, Harald Genzmer, Ruth Zechlin,
Gabriela Moyseowicz und viele andere. Zum Erfolgsrezept gehören
hervorragende Mitarbeiter, aber in erster Linie auch der persönliche
Kontakt zu den Komponisten und zur Musikszene.