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nmz-archiv
nmz 2006/12 | Seite 17
55. Jahrgang | Dez./Jan.
Musikwirtschaft
Wenn der Sponsor nicht aufs Bild darf
Der Kultursponsoring-Gipfel der Europäischen Sponsoring-Börse
Das „Web 2.0“ ist inzwischen zum gängigen Begriff
geworden. Daran anknüpfend verwendete Stefan Shaw in seinem
Einführungsvortrag zum Kultursponsoring-Gipfel 2006 anlässlich
der Art Cologne den Begriff des Kulturspsponsoring 2.0 – auch,
wenn die Assoziation nicht weiter reichen dürfte als bis zu
der Tatsache, dass beides ein Umdenken bisheriger Denkprozesse und
Verhaltensweisen bedeutet. Kultursponsoring 2.0 zeichnet sich dadurch
aus, dass es effizient ist, effektiv und dass es sich rechnet. Das,
so Shaw, war bisher nicht der Fall. Zumindest nicht aus Sicht der
sponsernden Firmen. Damit also zukünftig ein echtes Kultursponsoring
stattfinden kann, müsse einiges passieren in den Firmen –
und einiges wegfallen.
Der Unternehmer, um echter Sponsor und nicht etwa Mäzen zu
sein, dürfe persönliche Präferenzen nicht berücksichtigen,
ebenso wenig die Erwägung, ob ein Projekt oder Träger
eine Zuwendung in besonderem Maße verdient oder nötig
hat. Er solle auch nicht zuförderst Projekte mitfinanzieren,
die von außen an ihn herangetragen werden. Die Vorstellung
der „gesellschaftlichen Verantwortung“, die kulturfördernde
Unternehmen gerne pflegen, gehört nach Shaws Vorstellungen
in den Bereich des Mäzenatentums. Dieses wiederum ist Kulturförderung
ohne oder mit nur geringem Gegenwert.
So mancher der anwesenden Sponsoringvertreter mag dem Einführungsvortrag
halb zustimmend, halb skeptisch zugehört haben. Selbstverständlich
müssen sich Sponsoring und unternehmerische Kulturförderung
auch heute schon vor Controlling-Abteilungen verantworten.
Was kostet es, was bringt es
Was es kostet, was es bringt, ist eine von Betriebswirten gerne
gestellte Frage. Andererseits aber führt fast jeder der anschließend
vortragenden Firmenrepräsentanten den Begriff der gesellschaftlichen
Verantwortung wie selbstverständlich im Munde, wenn er vom
kulturellen Engagement seines Unternehmens spricht. Den „Spagat
zwischen Kultursponsoring 1.0 und 2.0“ nennt es Michael Münch,
Vorstandsmitglied der Deutschen Bank Stiftung. Wie sich ein solches
Engagement schließlich und endlich in Zahlen messen lässt,
blieb während der Veranstaltung letztlich unbeantwortet. Der
„Tausenderkontaktpreis“, den Shaw nannte und der bei
der Festlegung von Werbebudgets eine feststehende Größe
ist, greift hier sicher zu kurz. Anneliese Gfrerer von der Bayerischen
Hypo- und Vereinsbank kündigte an, dass man sich in München
soeben mit der Entwicklung von Kennzahlen fürs Sponsoring-Controlling
beschäftigt. Mehr wurde aber nicht verraten.
Eine wichtige Rolle für die Ausrichtung und Zielsetzung spielt
dabei die Frage, wo im Unternehmen das Sponsoring andockt: in der
Marketing-Abteilung, im Bereich PR und Kommunikation oder als Stabsstelle
der Geschäftsleitung. Alles kam vor in den Berichten derjenigen,
die in großen Firmen wie Beiersdorf, Daimler Chrysler oder
der AXA-Versicherung das Sponsoring verantworten. Wenig neue Impulse
oder Ideen traten in den Vorträgen zu Tage. Beeindruckend aber
– und da kann sich der Kulturbereich sicher etwas abgucken
– ist die Professionalität, mit der die Kulturengagements
von Firmenseite betrieben werden.
Beispiel: Die Beiersdorf AG. Deren PR-Programmchefin, Manuela Rousseau,
berichtete, wie systematisch und fundiert das Sponsoring in ihrer
Firma aufgebaut und betrieben wird. Hier gelingt es offensichtlich,
das kulturelle Engagement überzeugend in das Gesamtkonzept
der Unternehmenskommunikation einzubauen, dieses nach außen
wie nach innen zu transportieren – und es gleichzeitig in
den historischen Kontext der Firmengeschichte zu integrieren.
Die drei Basics des Sponsoring
Einig waren sich die Redner darüber, dass nur ein längerfristiges
Engagement erhoffte Wirkungen zeitigt (eine Erkenntnis, die sich
Kulturschaffende zu Nutze machen können), dass erfolgreiches
Sponsoring nur durch Konzentration, nicht durch die „Gießkanne“
möglich ist, und dass auf die Auswahl der zu fördernden
Projekte besonderes Augenmerk gerichtet werden sollte. Alle drei
Gesichtspunkte sind im Engagement der Firma Köstritzer für
den Jazz gebündelt: Man hat sich hier sehr bewusst für
eine musikalische Nische entschieden, die jedoch aus Sicht des Unternehmens
eine große Deckung mit der angestrebten und tatsächlichen
Käuferschicht aufweist.
Nach wie vor ein unbefriedigendes Thema ist für die Unternehmen
der Umgang der Medien mit dem Sponsoring und vor allem den Sponsoren.
Besonders das Feuilleton der Tagesmedien scheint hier nicht willig,
dem Bedürfnis aller Beteiligten Rechnung zu tragen und den
Sponsor in der Berichterstattung zumindest zu nennen. Fachmedien
und Wirtschaftsressorts sind hier offenbar schon einen Schritt weiter.
Dass der Transport ihres Engagements in die Öffentlichkeit
die wichtigste Motivation für Firmen ist, damit fortzufahren,
lässt den von der „reinen Kultur“ träumenden
Berichterstatter noch immer kalt. Peter Eckenfels von den Winterthur
Versicherungen wurde bei einer Foto-Session zu einem Comedy-Projekt,
welches sein Unternehmen maßgeblich fördert, vom Feuilleton-Fotografen
mit den Worten „Aber bitte ohne Sie!“ sehr deutlich
von der Öffentlichkeit ausgeschlossen. Dafür fehlt ihm
jegliches Verständnis.
Es bleibt der Eindruck: Sponsernde Firmen und Kulturschaffende
leben nicht unbedingt auf demselben Stern. Eine Umfrage unter Sponsoren,
die die Initiatoren des „Gipfels“ im Vorfeld durchgeführt
hatten, besagt: Nur 33 Prozent der Befragten sind überzeugt,
dass Kulturschaffende und Wirtschaft in etwa das Gleiche unter dem
Begriff des Kultursponsoring verstehen.
In einem hat Stefan Shaw sicher Recht: Sponsoring ist ein Abkommen
auf Gegenseitigkeit, vom dem beide Seiten profitieren müssen
– sonst wird es langfristig immer weniger davon geben. Wenn
dann der Firmenchef selbst begeistert das Sinfoniekonzert besucht,
das er mitfinanziert hat, wird auch der kühlste Rechner nichts
dagegen haben.