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Ausgabe 2007/02
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nmz 2007/02 | Seite 14
56. Jahrgang | Februar
Ferchows Fenstersturz

Phänomen Songwriter – Singende Sensibelchen

Da sitzen sie. Alleine auf der Bühne. Angeleint an eine Akustik-Gitarre (zerfleddert, abgeschabt, mit Kapodaster). Auf einem Barhocker, der schon bessere Tage erlebt hat. Oder Gäste. Das Bühnenlicht ist ein heller Strahl, der Flugzeuge navigieren könnte. Als wollte er sagen: Trauer, Melancholie und Weltschmerz, bitte auf dieser Bühne landen. Sodann spielen sie den einfachsten aller Griffe: e-Moll mit zwei Fingern. Das Zepter der Depression. Das Gequietsche beginnt.

Willkommen beim Nerv-Trend 2006/ 2007. Die Renaissance der Songwriter und Liedermacher. Plötzlich sind sie wieder da: die Herz-Melker, Waschlappen, Mauler und Nörgler. Dabei war ich mir sicher, keinen sämigen Leonard Cohen, keine leiernde Joni Mitchell und keine hysterische Barbra Streisand mehr ertragen zu müssen. Und keinen tranigen Bob Dylan. Sie wissen schon, der mit einem Song verteilt auf 67 Alben. Oder moralinsauere Barden wie Yusuf „Cat“ Stevens, der Gott wieder kennt, wenn Woolworth die Kreditkarte einzieht. Huah. Gänsehaut.

Sie alle waren doch weg. Entsorgt wie Rudi Scharping beim Rad-Verband. Nun taucht ihr genetisches Erbgut auf und damit ein Schwarm Liedermacher-Embryonen. Die heißen David Poe, James Blunt, James Morrison, Ryan Adams, Sufjan Stevens, David Grey, Heather Greene, Adam Green oder Eileen Rose. Dazu regionale Liedermacher. Mundartsänger. Das verleiht kulturellen Anstrich. Als müssten sie extra betonen, dass ihre Schmonzetten über ihr vergeigtes Leben Kultur wären.

Und damit förderungswürdig. Weil textlich alles bedient wird. Politik mit Kalauern über den CSU-Ortsvorsitzenden. Die Gesellschaft mit „Alles ist so kalt, die böse Großstadt, die gemeinen Videospiele, die ans Krankenbett gefesselte Omi“-Geheule. Mit dürren, Kate-Moss-artigen Klängen aus der Klampfe wird lamentiert und zum Motto „Wir sitzen alle im gleichen Boot“ gebetet. Der Songwriter, die Oma und ich. Stimmt nicht. Denn ich will mich zu dieser depressiven Plörre nicht bei Kerzenschein und Lavendelduft mit geöffneten Pulsadern in die Badewanne setzen. Dieser Trend hat zwei Gründe. Und auf keinen Fall musikalische.

Erstens. Die Liedermacher sind grottenschlechte Musiker, die im Bandkontext nicht zu halten waren. Raus geworfen wurden sie. Weil es mehr sein musste als e-Moll und Gemeindelyrik. Den singenden Sensibelchen blieb die schaurige Einmannband und das Heimstudio in der Küche zwischen Obstschale und Zwiebeltopf. Dort ist man Produzent, Tontechniker, Musiker und Plattenfirma in einer Person. Dass ich nicht lache. Diktatoren wollt ihr sein. Und die Küche ist euer Terror-Torium.

Zweitens. Warum nehmen Veranstalter lieber Songwriter als Bands? „Schauen Sie“, wie Gerd Schröder so sagte, wenn er uns wie Vierjährige behandeln wollte, „denen geht es finanziell so schlecht wie Josef Ackermann. Ein Hansel auf der Bühne ist nun mal billiger als eine Rockband. Das ist doch klar, oder? Weniger Getränke, weniger Essen, kein Hotelzimmer, weniger Drogen. Die Zeche von einer Kanne Tee ist damit locker ohne Kultursponsoring der Ortsbanken zu stemmen“.

Das war’s. Kein musikalischer Grund spricht für die Beachtung der Songwriter. Also bitte Abstand halten von mir. Für immer. Nicht jammern, sondern umschulen. Irgendwas mit Promotion oder so. Street Team. Danke.

Sven Ferchow

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