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nmz-archiv
nmz 2007/02 | Seite 16
56. Jahrgang | Februar
Kulturpolitik
Popmusik ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen
Fachkonferenz
zur Förderung der Popular- und Jugendmusik in
Berlin
Vom 27. bis zum 29. November veranstaltete das Jugendkulturnetz – ein
Projekt zur Vernetzung im Jugend- und Popularmusikbereich in den
neuen Bundesländern – unter Schirmherrschaft von Monika
Griefahn im Berliner FEZ die Fachkonferenz „Music is my first
love“. Etwa 130 Teilnehmer aus ganz Deutschland diskutierten
hier über wirksame Förderung der Popular- und Jugendmusik
als Querschnittsaufgabe von Jugendarbeit, Kultur, Bildung und Wirtschaft.
Ein Blick in die Teilnehmerliste zeigte: Vertreter aus
Praxis, Politik, Forschung und Lehre wollten mitarbeiten und -denken.
Kultus- und Sozialministerien verschiedener Bundesländer,
die Deutsche Phonoakademie, das Popbüro Stuttgart, Musikschulen
oder die FH Potsdam waren genauso anwesend wie Vertreter der Jugendarbeit,
das Steinhaus Bautzen oder das Soziokulturelle Zentrum Kuhstall
e.V. Großpösna seien hier exemplarisch genannt. Gute
Voraussetzungen also für zielorientierte Diskussionen und
Arbeit in den Fachpanels.
Die Schirmherrin der Konferenz Monika Griefahn (Sprecherin für
Kultur und Medien der SPD Fraktion; vertreten durch Felix Falk,
wiss. MA) wies in Ihrer Eröffnungsrede auf den hohen Stellenwert
von Popmusik als kreatives und Identifikation stiftendes Element
der Kultur hin. Aus kultur- und medienpolitischer Sicht sei die
Förderung von Musik und Jugendkultur eine besonders wichtige
Aufgabe. Es bedürfe flexibler politischer Förderinstrumente,
um auch mit der zugehörigen Wirtschaft zukünftig erfolgreich
arbeiten zu können. Sie betonte, Deutschland müsse sich
stärker als bisher als Kreativstandort verstehen.
Gefahr von
rechts
Im anschließenden Impulsreferat unterstrich Uwe Bobsin (Vorstand
der LAG Rock & Pop in Mecklenburg-Vorpommern und Mitinitiator
des Jugendkulturnetzes in den neuen Bundesländern) die Bedeutung
von Musik für Jugendliche und für unsere Gesellschaft,
besonders mit Blick auf die Entwicklungen in der rechten Szene.
Hier spielt Musik eine große Rolle als Einstiegsmedium in
rechte Ideologien. Er erinnerte dabei an die Verteilung der so
genannten „Schulhof-CD“, die in Mecklenburg-Vorpommern
gezielt vor der Landtagswahl im September 2006 eingesetzt wurde.
Auch der Vorsitzende der Landesmusikakademie Berlin,
Joachim Litty, unterstrich in seinen eröffnenden Worten die
Bedeutung von populärer Musik und sah in der Konferenz einen
weiteren „Mosaikstein für die Verankerung des Themas
,Populäre
Musik/Kultur‘ im öffentlichen Bewusstsein“.
Projekte von Jugendlichen
Nach einer Podiumsdiskussion, in der Musikförderer aus Dänemark, Österreich
und der Schweiz über die Arbeit ihrer Institutionen berichteten,
stellten musikbegeisterte Jugendliche ihre eigenen Projekte bei
einem Podiumstalk vor. Beispielsweise „Rock im Grünen“,
eine ehrenamtliche Initiative, für die Musikförderung
als kreatives und friedliches Ausdrucksmittel im Fordergrund steht.
Oder die Initiatoren der DVD „Kein Bock auf Nazis“,
ein bewundernswertes Projekt, das ein Zeichen gegen Rassismus und
Rechts setzen will. Initiiert von der Band ZSK und unterstützt
von Prominenten Künstlern der Deutschen Musikszene wie zum
Beispiel: Die Ärzte, Die Toten Hosen, Donots, Muff Potter
und so weiter, will diese DVD Mut machen und zeigen, dass Engagement
auch cool sein kann. Eindrucksvoll hierbei ist, dass beide Initiativen
es geschafft haben, sich durch Spenden und Sponsoring zu finanzieren.
Derart motiviert ging es in die verschiedenen Fachpanels mit den
Schwerpunkten Pop & Bildung, Pop & Kultur, Pop & Jugendarbeit
und Pop & Wirtschaft. 20 hochkarätige Referenten diskutierten über
den Stellenwert von Popularmusikförderung aus den unterschiedlichen
Perspektiven. In allen Panels tauchte der Wunsch nach einer nachhaltigen
und umfassenden öffentlichen Förderung auf. Ebenso wurde
die Notwendigkeit regionaler und überregionaler Vernetzung
der Akteure sowie eine Koordination ihrer Aktivitäten deklariert.
Deutlich wurde auch: Popmusikförderung muss als Querschnittsaufgabe
verstanden werden.
Ob die Veranstalter der Fachkonferenz vom Jugendkulturnetz ab
Januar 2007 nur noch ehrenamtlich weiterstreiten können, bleibt fraglich.
Die bisherige Förderung über das Bundesprogramm Civitas
lief Ende Dezember 2006 aus. Ob in den Zeiten knapper Kassen die
Förderung von Jugendkultur seitens der Politik nicht nur ein
Lippenbekenntnis bleibt wird sich zeigen. Im schlimmsten Falle
werden wir es spüren, im besten Falle auch. Wir hoffen und
zitieren noch einmal aus der Rede von Monika Griefahn: „Mit
der Förderung von Musik helfen wir dabei, dass Jugendliche
in ihr ein positives und kultiviertes Ventil finden und sich nicht
durch gewalttätige Aggression oder extremistische Positionen
zu verwirklichen suchen.“