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nmz-archiv
nmz 2007/02 | Seite 7
56. Jahrgang | Februar
Magazin
Drei aus sechsundfünfzig durften in die Tonhalle
Internationaler Aeolus-Wettbewerb 2006 für Fagott, Saxophon
und Klarinette
Aeolus – verbirgt sich dahinter ein Werbeslogan für
fantasievolle Kulturreisen in Kleinasiens Touristikzone, Mogelpackung
für das einstige Land der Aeolier, die heutige Türkei,
die um europäische EU-Eingemeindung bangt? Nein, Aeolus, der
Hort der Winde, bläst wirklich frischen Wind, aber nicht als „lispelnd
Lied“ (Goethe) oder als „geheimnisvolles Saitenspiel“ (Mörike)
durch die auch Wind-, Geist- und Wetterharfe genannte Aeolusharfe,
sonder energisch tönend in das Blasinstrumentarium der Neuzeit.
Und sie beschränken sich nicht aeolisch auf eine der mittelalterlichen
Kirchentonarten, sondern beherrschen die Zwölftonskala durch
viele Oktaven. Aeolus, der Gott der Winde, verpflichtete jeden
seiner sechs Söhne und sechs Töchter zu einem speziellen
Blaswerkzeug, zu Instrumenten aus Holz und Blech, die gemeinsam
in den Wettstreit treten. Dabei bleiben drei Aeolus-Kinder mit
Blockflöte, Orgel und Akkordeon außen vor. Der neue
Aeolus-Wettbewerb widmet sich der Bläsergruppe im Sinfonieorchester
unserer Zeit: Drei Jahre hindurch sind jeweils drei Instrumente
dran, auf denen sich künftig die besten Jungbläser der
Hochschulen präsentieren können, die sich um Lorbeer,
Auftritte und Stipendien für den Karrierestart bewerben.
Düsseldorfs Robert-Schumann-Hochschule ist der gastgebende
Ort für dieses neue Wettbewerbspaket, das sich mit dem Bläserschwerpunkt
ambitioniert in die vorrangig Klavier und Geige gewidmeten Musikwettbewerbe
anderer deutscher Musikhochschulen wie Hannover, Köln, Weimar
einreihen möchte. Dahinter steht ein Mäzen alten Schlages,
dem es darum geht, den mitunter vernachlässigten Bläsern
mehr Chancen einzuräumen, mehr Wahrnehmung im öffentlichen
Musikleben; und sie zu mehr Eigeninitiative im Musikleben von heute,
auch außerhalb des Orchestergrabens, zu ermuntern. Denn die
heute für jedes der Blasinstrumente verfügbare Spielliteratur
aus fast allen Musikepochen – Entdecktes und neu Geschaffenes – ist
mittlerweile reichlichst vorhanden, reich für mehr als ein
langes Musiker-Leben. Und die Besten der Besten, die sich mit überdurchschnittlichen
Leistungen positionieren, verdienen eine attraktivere Förderung,
sprich eine Plattform für kreative künstlerische Entfaltung.
Für sie ist deshalb der Preiskorb wohlgefüllt, hochdotiert.
Dorthin eingeladen waren in diesem ersten Jahr 56 Bläser von
Fagott, Klarinette und Saxophon, gut ein Drittel der ursprünglich
143 Bewerber aus 27 Ländern.
Nach Absolvierung eines anspruchsvollen Pflichtrepertoires in
drei Runden nominierte die internationale Expertenjury unter dem
Dirigenten
Michael Sanderling ihre drei Finalisten, die sich in der Düsseldorfer
Tonhalle als Solisten mit den Düsseldorfer Symphonikern unter
Martin Fratz präsentieren konnten: Am überzeugendsten,
mit Henri Tomasis Concerto, der aus Armenien stammende Saxophonist
Koryun Asatryan, im Studium an der Kölner Hochschule, hierzulande
schon bestens bekannt durch seine verschiedenen Preise zwischen „Jugend
musiziert“ und Eurovision Young Musician. Er verdiente sich
mit dem ersten Preis und dem Sonderlob für die Interpretation
von Christian Laubas „Jungle“ als sein modern piece
14.000 Euro. Zweimal war auf dem Fagott Hummels Grand Concerto
F-Dur zu hören und beide Male wurden mit dem 2. Preis (7.000
Euro) gewürdigt (statt einem dritten Preis): die Deutsche
Ulrike Jacobs, von der Trossinger Musikhochschule kommend, und
der Südtiroler Philipp Tutzer, in Bozen, Wien und Hannover
ausgebildet und in allen erdenklichen jungen Orchestern wohltrainiert,
der sich auch das Publikumsvotum (mit zusätzlich 2.000 Euro)
verdiente.