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nmz-archiv
nmz 2007/02 | Seite 51
56. Jahrgang | Februar
Deutscher Kulturrat
Achterbahnfahrt mit (vorläufig) gutem Ende
Zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts · Von Olaf Zimmermann
Die Diskussion um die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts glich
im letzten Jahr einer Achterbahnfahrt. Der Ausgangspunkt waren
die Aussagen im Koalitionsvertrag – verabschiedet Ende 2005 –,
in dem steht, dass das Bürgerschaftliche Engagement gestärkt
und das Gemeinnützigkeitsrecht reformiert werden soll.
Gleich im Januar des Jahres 2006 erschien dann ein Rundschreiben
des Bundesfinanzministeriums, in dem klargestellt wurde, dass ab
dem 01.01.2007 die Mitgliedsbeiträge zu Kulturfördervereinen
nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden können, sofern
eine geldwerte Gegenleistung gewährt wird. Geldwerte Gegenleistungen
sind unter anderem der kostenlose oder der ermäßigte
Eintritt in die geförderte Kultureinrichtung. Gegen diese
Regelung erhob sich ein starker Protest aus dem Kulturbereich.
In den letzten Jahren wurden mit großem Engagement für
die Mehrzahl der Kultureinrichtungen Fördervereine aufgebaut,
die zum einen durch ihre Förderung die Kultureinrichtung finanziell
unterstützen und zum anderen positive Botschafter der Kultureinrichtung
sind. Im April 2006 stellte dann die Projektgruppe „Reform
des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts“, der neben
dem Deutschen Kulturrat der Deutsche Olympische Sportbund, der
Deutsche Naturschutzring, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien
Wohlfahrtspflege, der Bundesverband Deutscher Stiftungen und Fachwissenschaftler
angehören, ihre Vorschläge zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts
vor.
Anlässlich des Deutschen Stiftungstags in Dresden im Mai 2006
bezog sich der Chef des Bundeskanzleramtes Staatsminister de Maizière
auf diese Vorschläge und sagte deren genaue Prüfung zu.
Noch vor der parlamentarischen Sommerpause sollte der Referentenentwurf
zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts vorgelegt werden.
Im August 2006 erschien dann statt des erwarteten Referentenentwurfs
das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums
zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Die Vorschläge
dieser Gutachter waren ein Generalangriff auf den gemeinnützigen
Sektor. Gemeinnützige Organisationen wurden mit normal am
Markt agierenden Unternehmen verglichen und eine Konkurrenzsituation
wurde heraufbeschworen. Die gesellschaftspolitische Bedeutung gemeinnütziger
Organisationen und ihre Leistungen für die Gesellschaft wurden
nicht berücksichtigt. Wieder regte sich lautstarker Protest.
Dieses Mal allerdings nicht nur aus dem Kulturbereich, sondern
von allen gesellschaftlichen Gruppen. Der starke Protest führte
schließlich dazu, dass Vizekanzler Müntefering sich
ausdrücklich von dem Gutachten distanzierte.
Nach Monaten der Unsicherheit, was die Bundesregierung zur Reform
des Gemeinnützigkeitsrechts plant, nannte Bundesfinanzminister
Peer Steinbrück anlässlich der Vorstellung der Weihnachtswohlfahrtsmarken
am 27.11.2006 in Berlin erste Punkte zur geplanten Reform. Anfang
Dezember wurden vom Bundesfinanzministerium die 10 Maßnahmen „Hilfen
für Helfer“ vorgestellt.
Im Maßnahmenpaket ist geplant:
die Übungsleiterpauschale auf 2.100 Euro im Jahr zu erhöhen,
zur Zeit beträgt diese für Übungsleiter und Betreuer
1.848 Euro im Jahr,
den Spendenabzug einheitlich auf 20% zu erhöhen, zur Zeit
beträgt er im Kulturbereich 10%,
die Steuerfreigrenze für die wirtschaftliche Betätigung
von Vereinen von 30.678 Euro auf 35.000 Euro anzuheben,
den Höchstbetrag für die Ausstattung von Stiftungen
von 307.000 Euro auf 750.000 Euro anzuheben,
einen verbesserten Sonderausgabenabzug für Mitgliedsbeiträge
an Kulturfördervereinen zu ermöglichen,
die Abschaffung des zeitlich begrenzten Vor- und Rücktrags
beim Abzug von Großspenden, dafür soll ein zeitlich
unbegrenzter Spendenvortrag eingeführt werden,
die Senkung des Satzes, mit dem pauschal für unrichtige Zuwendungsbestätigungen
und fehlverwendete Zuwendungen zu haften ist, von 40 % auf 30
% der Zuwendungen,
die bessere Abstimmung der förderungswürdigen Zwecke
im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht,
einen Bürokratieabbau im Spendenrecht,
die Einführung einer Ehrenamtspauschale von 300 Euro im Jahr
für Bürgerschaftlich Engagierte im Sozialbereich.
Kurz vor Weihnachten legte das Bundesministerium der Finanzen
den „Referentenentwurf
für ein Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen
Engagements“ vor.
Der Deutsche Kulturrat hat zu dem Referentenentwurf Stellung genommen.
Die Stellungnahme kann unter http://www.kulturrat.de/detail.php?
detail=935&rubrik=4 abgerufen werden.
Anfang dieses Jahres wurde vom Bundesfinanzministerium das Rundschreiben
aus dem Januar 2006 ausgesetzt. So dass sich hier der Kreis schließt,
es allerdings bislang positiv ausgegangen ist. Nun kommt es darauf
an, dass der Referentenentwurf, der ein wichtiger Schritt in die
richtige Richtung ist, zum Regierungsentwurf wird und dann vom
Parlament beraten werden kann. Da auch die Länderhaushalte
berührt sind, wird es auch erforderlich sein, die Zustimmung
der Länder zu erhalten.
Der Verfasser ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates