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nmz-archiv
nmz 2007/04 | Seite 26
56. Jahrgang | April
Kulturpolitik
Spiritualität und Geistigkeit in der Musik heute
Darmstädter Frühjahrstagung des Instituts für
Neue Musik und Musikerziehung
Diskussionen über Themen wie Religiosität und Spiritualität
sind heute von unbezweifelbarer Wichtigkeit, in ganz Europa gibt
es ein deutlich zunehmendes Interesse für spirituelle Fragestellungen.
Gewiss ist es nicht mit dem Interesse an einer Auseinandersetzung
mit den christlichen Kirchen kongruent. Dennoch scheint es speziell
in Deutschland zusätzlich durch die Tatsache bekräftigt
zu werden, dass Papst Benedikt XVI. ein Deutscher ist.
Auch im Bereich der Neuen Musik, dem zentralen Arbeitsfeld des
Darmstädter Instituts für Neue Musik und Musikerziehung
(INMM), ist eine deutliche Steigerung der Aufmerksamkeit für
religiöse und spirituelle Fragestellungen in ihrer ganzen
Breite bemerkbar. Festzustellen ist, dass offene Bekenntnisse zu
religiösen Einstellungen häufiger geworden sind und gleichzeitig
das Spektrum der Ansätze erheblich gewachsen ist. Die Frage,
ob und in welcher Weise sich dies auf das Komponieren der Gegenwart
auswirkt, ist eines der Kernanliegen der unter dem Thema „Sinnbildungen.
Spiritualität und Geistigkeit in Neuer Musik“ stehenden
diesjährigen Frühjahrstagung des Instituts in der Darmstädter
Akademie für Tonkunst (11.–14. April 2007). Ausgangspunkt
der in sechs Themenblöcke gegliederten Tagung wird der Versuch
einer facettenreichen Analyse der Gegenwartssituation sein – mit
Hans Zender, Helga de la Motte, Dieter Mersch und Wolfgang Lessing
sind dabei bewusst Vertreter unterschiedlicher Disziplinen eingebunden.
Ein zweiter Block ist mit „Christliches Komponieren – heute?“ überschrieben
(mit Dieter Schnebel und Mark André sowie dem Theologen
Thomas Ulrich). Ausgehend von der spezifisch amerikanischen Geistes-Tradition,
die mit Namen wie Cage und Feldman und mit dem Transzendentalismus
verbunden ist, sollen sodann (unter anderem mit Heinz-Klaus Metzger,
Walter Zimmermann und Philipp Schaeffler) Möglichkeiten reflektiert
und befragt werden, wie sich an diesen spezifischen Weg einer von
spirituellen Ideen durchdrungenen Musikproduktion anknüpfen
lässt.
Hier wird es in gewissem Maße auch darum gehen, die Bedeutung
jener schon für Cage so wichtigen buddhistischen Erfahrungshorizonte
zu erörtern, die für Komponisten heute – gerade
auch in Europa – eine erhebliche Attraktivität besitzen.
Diese zuletzt genannte Spur wird am selben Tage (unter anderem
von Younghi Pagh-Paan und Ernstalbrecht Stiebler) mit Blick auf
ostasiatische Gedankenwelten fortgesetzt und spezifiziert. Auch
hier wird sich der Dialog von europäisch-christlichen Kontexten
bewusst wegbewegen. Im fünften Themenblock wird das Werk eines
Komponisten exemplarisch beleuchtet. Mit dem heute 81-jährigen
Klaus Huber, der erstmals seit langem wieder bei der Darmstädter
Tagung anwesend sein wird, wurde für diesen Akzent ein Komponist
ausgewählt, dessen Schaffen unterschiedlichste Facetten des
Gesamtthemas aufweist. Der mit „Sakrale Sehnsüchte“ überschriebene
letzte Themenblock sucht (unter anderem mit Robin Hoffmann und
einem Mitglied der Band „Umbra et Imago“) durch einige
generelle Betrachtungen den Bogen zurück zum Anfang der Tagung
zu schlagen, zugleich aber die Frage aufzuwerfen, welche spezifischen
Akzentuierungen spirituell orientierte populäre Musik heute
aufweist.
Die Vorträge werden durch eng auf die Thematik der Tagung
abgestimmte Konzerte mit namhaften Interpreten (unter anderem dem „Ensemble
Modern“) ergänzt. Eine wichtige Rolle in der Tagungsstruktur
spielen auch 2007 wieder die der Tagung voran gestellte Stadtmusik – die
eine Brücke von den speziellen Tagungsinhalten hin zu den
Interessen der städtischen Öffentlichkeit schlägt – sowie
die JugendMusikWerkstatt. Spezielle musikpädagogische Workshops
geben die Gelegenheit, die themenorientierte praktische Arbeit
mit Kindern und Jugendlichen kennen zu lernen.