nmz 2007/04 | Seite 2
56. Jahrgang | April
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Alice Coltrane bei einem Auftritt 1987 in Warschau. Zum
Tod der
Pianistin, Harfenistin und Komponistin ein Artikel auf
Seite 2.
Foto: Hans Kumpf
Coltranes kosmische Musik
Unser Titelfoto: Abschied von Alice Coltrane
Das Titelbild dieser neuen musikzeitung zeigt die am 12. Januar
2007 verstorbene Harfenistin Alice Coltrane. Alice McLeod, später
Alice Coltrane, stand als Frau des stilbildenden Saxophonisten
John Coltrane nicht, wie man vielleicht annehmen könnte, in
dessen Schatten, sondern war stets eine eigenständige Künstlerin
geblieben. Die Pianistin, Organistin, Harfenistin, Bandleaderin
und Komponistin stammt aus einer musikalischen
Familie und erhielt schon als Siebenjährige
Unterricht in klassischer Musik. Ihre Laufbahn begann also nicht
mit dem Jazz, sondern in der Kirche – das Spirituelle war
für Alice Coltrane untrennbar mit ihrem Leben und ihrer Kunst
verbunden. Zum Jazz kam Alice
McLeod durch ihren Halbbruder Ernie
Farrow, einem Bassisten, der mit Stan Getz, Yusef Lateef und Terry
Gibbs musizierte. Bereits als Teenagerin hatte die Hochbegabte
Auftritte mit Sonny Stitt und Cannonball Adderley. 1959 reiste
die damals 22-Jährige nach Paris, um beim Pianisten Bud Powell
zu lernen. Als sie 1963 mit
Terry Gibbs im New Yorker Birdland auftrat, lernte sie dort John
Coltrane kennen – ein Wendepunkt in ihrem Leben. Sie heiratete
Coltrane und ersetzte 1965 den Pianisten seines Quartetts, McCoy
Tyner. Als Coltrane 1967 starb, schwor seine Witwe, nicht mehr
zu heiraten. 1970 war sie zum Hinduismus übergetreten, das
Spirituelle verdrängte von da an zwar nicht die Musik aus
ihrem Leben, aber doch die Karriere in der Öffentlichkeit.
Zwischen 1978 und 2004 machte Alice Coltrane keine Platten mehr.
Dass sie drei Jahre vor ihrem Tod doch nochmals ins Tonstudio ging,
war ein Wunsch eines ihrer Kinder, des Saxophonisten Ravi Coltrane,
gewesen. Lesen Sie einen ausführlichen Nachruf über Alice
Coltrane von Marcus A. Woelfle in der für Abonnenten beiliegenden
Jazzzeitung auf Seite 22.
Die Redaktion der nmz möchte ihre Leser darauf hinweisen,
dass seit Anfang 2007 die Abonnenten der Allgemeinen Ausgabe der
neuen musikzeitung die Jazzzeitung als kostenlose Beilage erhalten
(fünfmal im Jahr).
Mstislaw
Rostropowitsch. Foto:
Charlotte Oswald
Rostropowitsch zum Achtzigsten
Vor einigen Wochen erschreckte die Nachricht von einer schweren
Erkrankung die Musikwelt: Mstislaw Rostropowitsch musste sich in
Moskau in ein Krankenhaus begeben. Seinen 80. Geburtstag konnte
er am 27. März 2007 feiern, die Glückwünsche aus
aller Welt und unzählige Würdigungen in Wort und Bild
dürften ihn erfreut haben. Rostropowitschs Spiel ist immer
wieder gerühmt worden: kraftvoller, großer Celloton,
Strahlkraft, die weitausholende Gebärde, die Unmittelbarkeit
der Attacke auf die Saiten – das besaß stets eine faszinierende
Präsenz. Die Beethoven- und Brahms-Sonaten mit Richter und
Serkin begeistern unverändert durch ihre Vitalität und
Expressivität. Rostropowitsch hat sich immer intensiv für
die Moderne engagiert, vor allem die russische. Berio, Britten,
Boulez oder Holliger schrieben ebenfalls Werke für ihn. Er
war auch ein perfekter Dirigent und Pianist. Der politisch engagierte
Künstler hat sich nie gescheut, den Machthabern seines Landes
mit allen Folgen für ihn die Stirn zu bieten.
Peter
Eötvös. Foto:
Charlotte Oswald
Peter Eötvös erhält Musikpreis
Der Komponist und Dirigent Peter Eötvös erhält den
mit 15.000 Euro dotierten Frankfurter Musikpreis für 2007.
Eötvös ist der 25. Preisträger der seit 1982 verliehenen
Auszeichnung, die 1980 von der Stadt Frankfurt, der Messe Frankfurt
und dem Bundesverband der Musikinstru-
mentenhersteller gestiftet wurde. Vor Eötvös erhielten
mit Heinz Holliger, Michael Gielen und Hans Zender schon andere
profilierte Komponisten der Gegenwart den Musikpreis, der im Wechsel
auch an Künstler der Jazz- und Popularmusik verliehen wird.
In der Begründung der Jury heißt es: „Eötvös
habe sich der Wahrnehmung der Neuen Musik und der Heranführung
des künstlerischen Nachwuchses besonders verschrieben.“
Komplexität heute
Brian Ferneyhough wird vom 5. bis 11. Mai 2007, also unmittelbar
nach der Verleihung des Siemens-Musikpreises, an der Dresdner
Hochschule für Musik zu Gast sein. Anlass ist eine Projektwoche
zum Thema „Über die Komplexität heutiger Musik“ am
dortigen Institut für Neue Musik. In deren Mittelpunkt steht
ein Porträtkonzert des Komponisten, ausgeführt von
Studenten und Absolventen der Hochschule. Es wird umrankt durch
Workshops und Diskussionsveranstaltungen, die Ferneyhoughs Schaffen
sowie seine Erfahrungen in Europa und Amerika gründlich
reflektieren sollen.