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nmz-archiv
nmz 2007/04 | Seite 47
56. Jahrgang | April
Rezensionen
Kurz vorgestellt
Soundtracks
Die Flucht
The Score Record Company
Er wurde angekündigt als das große „TV-Event“ des
Winters: der Zweiteiler „Die Flucht“. Im Mittelpunkt
dieser ARD-Produktion steht die Geschichte der ostpreußischen
Gräfin Lena von Mahlenberg, die in den Kriegswirren die Verantwortung
für das Familiengut übernimmt und im Winter 1944/45 einen
Flüchtlingstreck Richtung Westen führt. Ein „großes“ Thema
also, das hier verarbeitet wurde. Erst in letzter Minute stieß zu
dieser „Teamworx“-Produktion der Filmkomponist Enjott
Schneider hinzu. Autorin und Koproduzentin Gabriela Sperl wünschte
sich von Schneider eine „große epische Musik, wie etwa
Morricones ‘Es war einmal in Amerika“. Es war einmal
in Ostpreußen, so könnte also das Motto dieses Scores
heißen, der oberflächlich tatsächlich an Ennio
Morricone erinnert, der soeben seinen überfälligen Ehren-Oscar
erhalten hat. Über 500 Scores soll Morricone seit den frühen
60ern komponiert und arrangiert haben. Etwa genausoviel Filmmusiken
verfasste in den vergangenen drei Jahrzehnten Enjott Schneider,
der den italienischen Maestro sehr verehrt. Ähnlich wie Morricone
veredelt Schneider manchmal durch seine musikalische Perfektion
auch zweitklassige Filme. Mit seinem wunderbaren sehr melancholischen
Score zu „Die Flucht“ ist Enjott Schneider jedenfalls
ein großer
Wurf gelungen. Für den epischen Atem, den man in Kai Wessels
solider, aber schwerfälliger Inszenierung so schmerzlich vermisst,
sorgt hier ausschließlich Schneiders finessenreich orchestrierter
Score. Geschickt setzt Schneider dabei die Vokalisen der Sopranistin
Gabriele Steck als „innere Stimme“ der Protagonistin
ein. Lenas Liebe, ein französischer Kriegsgefangener, spricht
dagegen durch die dunkel-magische Klangfarbe eines armenischen
Duduks. Fazit: „Die Flucht“ ist die beste deutsche
Filmmusik des Jahres.