[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2007/04 | Seite 44
56. Jahrgang | April
Noten
Wiener Eleganz und Dekadenz im neuen Gewand
Neue Bearbeitungen von Kreisler-Charakterstücken für
Violine, Viola und Klaviertrio
Fritz
Kreisler (1875–1962): Malagueña. Für Violine
und Klavier. Hrsg. Wolfgang Birtel. Schott VLB 115 (2006)
Malagueña, eine von Fritz Kreislers selbst komponierten
Zugaben, erscheint zum ersten Mal um die Jahrhundertwende in der
Sammlung Klassische Manuskripte. Zunächst werden die Charakterstücke
als Transkriptionen alter Meister gehandelt, erst Jahrzehnte später
kommt die wahre Urheberschaft ans Licht. Mit seinen spanischen
Wurzeln versprüht Malagueña einen tänzerisch -
verspielten und zugleich geistreichen Charakter in Rhythmik und
Melodik, auf den schon der 6/8-tel Takt sowie die Vortragsbezeichnung „Allegretto,
con spirito“ verweisen. Technisches Know-How wird dem Spieler
bei Passagen in hoher Lage (dreigestrichenes f) sowie zwei Flageoletttönen
und einigen wenigen Doppelgriffen gegen Ende des Stückes abverlangt.
Die Miniatur ist im Ganzen aber durchaus – auch mit ihrer
aus Tonleiterläufen bestehenden Kadenz - für Mittelstufenschüler
zu bewältigen. Das Stück eignet sich gleichsam als Vortrags-,
unterhaltsames „Muckenstück“ und Zugabe.
Fritz Kreisler (1875–1962): Liebesfreud – Liebesleid.
Aus den Alt-Wiener Tanzweisen. Für Viola und Klavier. Hrsg.
Wolfgang Birtel. Schott ED 09787 (2006)
Die wohl bekanntesten Stücke des gebürtigen Wieners Kreisler
stammen aus den Alt-Wiener Tanzweisen: Liebesfreud und Liebesleid.
Das eine schwungvoll heiter, das andere eher elegisch sentimental,
sind beide geprägt vom Wiener „Kaffeehaus-Stil“.
Die Mischung aus Salonmusik und melodischer Eleganz, die musikalische
Ungezwungenheit an der Oberfläche und Dekadenz in der Tiefe,
machen ihren Charme aus. Birtel schreibt das ursprünglich
für Violine und Klavier komponierte Stück um für
Viola und Klavier. Dabei verzichtet er auf die Angabe von Fingersätzen.
Die Bindebögen sind sinnvoll eingesetzt, wenngleich Auf- und
Abstriche nur spärlich eingetragen sind. Wegen der vielen
Doppelgriffe empfiehlt sich Liebesfreud für fortgeschrittene
Mittel- bzw. Oberstufenschüler, Liebesleid mit seiner einstimmigen
Melodie auch für Mittelstufe I.
Fritz Kreisler (1875–1962): Liebesfreud – Liebesleid.
Aus den Alt-Wiener Tanzweisen. Für Klavier, Violine und Violoncello. Hrsg. Wolfgang Birtel. Schott ED 20010 (2006)
In Birtels Arrangement bleibt die Dominanz der Violinstimme
erhalten. Zu Beginn wird sie jedoch ausgedünnt: Die ursprünglich
in Doppelgriffen notierte zweite Stimme übernimmt das Cello,
so dass die Zweistimmigkeit auf Violine und Cello übertragen
wird. In gleicher Weise „gibt“ später die Klavierstimme
dem Cello eine Stimme „ab“. Teilweise erscheint der
Cellopart etwas undankbar, weil er neben Begleitfiguren die Melodiepassagen
nur zusammen mit der Violine zu spielen hat. Lediglich in Liebesleid
taucht in der Cellostimme an wenigen Stellen solistisch eine Variation
des Anfangsmotivs auf. Die Klavierstimme bleibt meist akkordisch,
dennoch nicht ganz einfach. Alles in allem ein beschwingtes Zusammenspiel
für Vortragsabend oder Kaffeehaus, Amateur oder Profi.