Keineswegs selten wird Dirigenten – und gerade von arglosen
Bewundern – die Frage gestellt: Was machen Sie eigentlich
tagsüber? Dahinter verbirgt sich die obligate Vorstellung
vom charismatischen Künstler-Genie, das abends vors Orchester
oder ans Opernpult tritt und, von höheren Mächten geleitet, „Sternstunden“ bewirkt.
Als Ur-Modell fungiert hier in der Regel der Schamane, das animistische
Ritual: Der jenseitig umwölkte Priester bewirkt durch pure
Magie, Handbewegungen, murmelnde Beschwörungen und musikinstrumentale
Zutaten sehnlichst erwartete Wunder – etwa Regen nach langer
Dürre oder Heilung von Schwerkranken. Zum Wunder aber gehört
das Vertrauen auf das Wunder – die unio mystica von Geisterwelt,
auserwähltem Vermittler und gläubigem Kollektiv. Verbal-semantische
Kommunikation, rationaler Diskurs, skeptisches Hinterfragen kultischer
Prozeduren spielen da keine Rolle, ja sind regelrecht tabu.
Der
Komponist, Dirigent und Musik-Gesellschaftsbeweger Michael
Gielen bei einer Probe im Juni 2007 im Konzerthaus Freiburg.
Fotos: Charlotte Oswald
Wer Filme mit Furtwängler gesehen oder Karajan häufig
erlebt hat, wird solcherart Irrationalismus-Syndrom kennen: der
Dirigent als auratischer Künder, allem Irdischen entrückt,
selbstverständlich ohne Partitur, mit geschlossenen Augen
und geheimnisvoll autoritär präsenten, gleichwohl gezielt
unscharfen Gesten mirakulös die Kollektive bannend, die Hundertschaft
vor ihm ebenso wie die ergriffenheitsbereite Menge im Saal. Man
muss dies nicht verteufeln; Furtwängler wie Karajan hatten,
bei allen Unterschieden, ihre Meriten. Trotzdem: Richard Wagners
giftiges Bonmot über den verhassten Meyerbeer: „Wirkung
ohne Ursache“ lässt sich – übrigens sehr
viel triftiger – durchaus auch auf einen Typus von Dirigenten
anwenden, die nicht zuletzt gerade durch Wagners Schrift „Über
das Dirigieren“ beeindruckt, Interpretation als geheimnisträchtige
Inszenierung aus dem Augenblick oder auch aus dem „Bauch“ heraus
verstanden. Man soll es sich mit Bannflüchen nicht zu einfach
machen: Ein irrationaler Rest schwingt noch im elaboriertesten,
avanciertesten Kunstwerk mit.
Sogar Michal Gielen bekundete einmal im Gespräch eine entsprechende
Ambivalenz. Denn während seiner Zeit als Kapellmeister an
der Wiener Staatsoper schickte ihn Ende der fünfziger Jahre
Herbert der Allmächtige, damals Herr über Berliner Philharmoniker,
Wiener Staatsoper und La Scala, nach Mailand, um für ihn „Tristan“ einzustudieren.
Gielen tat dies mit all seiner kompositorisch fundierten Werkkenntnis
und schon damals erheblicher dirigentischer Kompetenz – und
wohl vorzüglichem Ergebnis. Kurz vor der Premiere kam Karajan,
um höchstpersönlich die letzten Proben zu leiten, fing
an, brach nach einigen Takten ab, murmelte auf italienisch etwas
kaum Verständliches vor sich hin – und auf einmal sei
der „typische“, weich flutende Karajan-Klang entstanden.
Gielen bekundete eine Art Gespaltenheit: eine gewisse Bewunderung
für die nonverbale Kommunikation und dirigiertechnische Unaufwendigkeit – und
gleichzeitig das Misstrauen gegenüber solcher Guru-Suggestion.
Gielen wäre kein überragender Dirigent, wüsste er
nicht, welche Rolle auch Psychologie spielt, Willensübertragung
auf verschiedenen Ebenen. Aber „Wirkung ohne Ursache“ bereitet
ihm Unbehagen; an der effektvollen Oberfläche liegt ihm nicht.
Wird ihm mitunter vorgeworfen, seinen Interpretationen fehle es
an klangsinnlichem Glanz oder an „Ausdrucks“-Intensität,
so reagiert er nicht selten mit der überaus berechtigten Frage,
was dies denn überhaupt sei: ob sich denn „Sound“ oder „Gefühl“ so
isoliert überhaupt feststellen ließen, losgelöst
von der kompositorischen Basis und Funktion. In der Tat ist es
absurd, ausgerechnet einem Musiker, dem Beethoven, Wagner, Bruckner,
Mahler, Schönberg und Lachenmann so eminent viel bedeuten,
Mangel an Emotion, dem Debussy-, Berg- und Varèse-Enthusiasten
Desinteresse am Klang zu unterstellen. Gielen kann enorme Expressivität
entfalten, unerhörte Klangwelten – nur nicht unbedingt
als puren, sensualistischen Selbstzweck.
„
Denn in der Kunst haben wir es mit keinem bloß angenehmen
oder nützlichen Spielwerk, sondern mit einer Entfaltung der
Wahrheit zu tun.“ Diesen Satz aus Hegels Ästhetik hat
Adorno seiner „Philosophie der neuen Musik“ als Motto
vorangestellt. Das Buch ist 1948 erschienen, also vor fast sechzig
Jahren. Man könnte es „historisch“ nennen, was
es in einigen, wenigen Aspekten auch geworden ist. Doch in vielem
bleibt es unabgegolten, die Schubkraft des Zitats wirkt weiter.
Denn beobachtet man den gegenwärtigen Kulturbetrieb, so kommen
einem die bald zweihundertjährigen Hegelschen Kritikpunkte
wieder ins Bewusstsein: Die Event-Kultur, der „Hype“ um
die großen Namen, Superstars und „Senkrechtstarter“ greifen
mehr und mehr um sich. Dafür ist auch Geld aller Art da; für
Wichtigeres, die kulturprägenden Institutionen oder die Nachwuchsförderung,
schon sehr viel weniger. Das Kommerzprinzip, demzufolge Investitionen
primär an der Rendite zu messen sind, bestimmt zunehmend das
sogenannte Geistesleben. Doch die aus ganz anderen, eher linken,
politischen Regionen kommenden Fragen nach der „sozialen
Relevanz“ zielen bisweilen auf Änliches, etwa in der
plakativ-populistischen Alternative: Konzert oder Kindergarten.
Selbst die unabdingbare Forderung nach mehr Musikunterricht, weil
eben dieser die kognitiven und sozialen Fähigkeiten fördere,
hat ihren Haken im Pochen auf Nützlichkeit, pädagogisch
zweckmäßige Funktionen. Kunst-Autonomie ist da nicht
gefragt. Hegels Befürchtungen sind alles andere als inaktuell.
Gleichwohl ist kaum vorstellbar, dass
Michael Gielen der Idee vom l‘art pour l‘art, Vorstellungen
vom weltentrückten „Glasperlenspiel“ oder „Elfenbeinturm“ – eher
altmodischen Bildern für die selbstgenügsame Isolation
des Künstlers – zuneigen würde. Dies haben weder
Hegel noch Adorno gemeint – und erst recht nicht Gielen.
Dafür ist das Prinzip „Wahrheit“ viel zu verpflichtend.
Wahrheit freilich ist für Gielen keineswegs abstrakt, kein
fern idealistisches Luftgebilde, sondern konkret: Sie muss sich
in der Wirklichkeit bewähren. Und wer wüsste dies besser
als er, Komponist und Dirigent, der den Konflikt zwischen den zwei
Seelen, ach, in seiner Brust gleich mehrfach austragen muss: als
schöpferischer Musiker wie als Interpret in eigener Sache
und in der gleichermaßen verpflichten-den Rolle im Dienste
seiner komponierenden alter ego-Kollegen in Vergangenheit und Gegenwart.
Zudem operiert der Dirigent nicht im luftleeren Raum, sondern stets
auch in, mit und durch Institutionen wie Orchester oder Opernhäuser.
Er hat dies einmal in einer quasi Eigenanalyse dargestellt, vor
gut dreißig Jahren anlässlich seiner Einspielung von
Schönbergs „Moses und Aron“ als Soundtrack für
den Film von Jean-Marie Straub und Daniele Huillet. Denn Moses,
der Prophet, Gott nahe, weiß – möglicherweise – was
die Wahrheit ist, was die richtigen Gedanken wären; aber er
ist sprachgehemmt, kommunikationsunfähig, hilflos. Dagegen
sein Bruder Aron: redegewandt, demagogisch begabt, um inszenierte
Wunder nicht verlegen, ein Mann des propagandistischen Effekts:
ein Spitzenpolitiker. Ausgerechnet Gielen, strenger Anwalt der
Komponisten und ihrer oft unvorstellbar komplexen Partituren, hielt
es da mit Aron, dem Praktiker, vielleicht sogar der Macht: Was
nütze alle Wahrheit, werde sie nicht vermittelt.
Doch so wenig es Gielen um Macht-ausübung geht, so wenig taugt
er zur narzisstischen Pultdiva. Ja, er litt manchmal darunter,
dass er autoritativ, gar autoritär, rigide und schroff sein
musste, wollte er Werke obersten Anspruchs überhaupt realisieren,
erst recht „durchsetzen“. Weit lieber wäre ihm
gewesen, die Orchester hätten aus Einsicht, Überzeugung
und Liebe zur Sache zugunsten der Komponisten kooperiert. Die Widerstände,
die Gielen zu überwinden hatte, waren oft immens. Ohne eine
gewisse Rücksichtlosigkeit wären manch herausragende
Werke gar nicht oder zumindest erst sehr viel später realisiert
worden.
„
Nur liebt er mir zu sehr die Toten“, spottete Berlioz über
Mendelssohn – der „Zukunftsmusiker“ über
die Galionsfigur des Historismus. Analog hält es auch Gielen
nicht mit der Nostalgie, dem Kult ums Vergangene. Falsch sähe
man ihn indes einzig als Anti-Traditionalisten, so gigantisch auch
seine Verdienste als Protagonist der Moderne und Avantgarde sind.
Tradition der Moderne, Moderne der Tradition – das dialektische
Doppel ist für ihn stets prägend geblieben. Die Erfahrung
der Emigration mit den Eltern vor den Nazis nach Argentinien brachte
die des Neuen wie der Diaspora, europäischer Künstler
und Intellektueller in vielfältiger auch und gerade avancierter
Tradition, fernab allem trügerischem Dresd-ner und Wiener
Goldglanz. So wurde Schönberg für ihn zur Schlüsselfigur
der Musikgeschichte, Schnittpunkt von Geschichte und Zukunft. Schon
1949 spielte denn auch Gielen als einer der ersten Schönbergs
komplettes Klavierwerk. Doch Pianistik war für ihn ebenso
Mittel zum Zweck wie das Dirigieren: Kompositionen kennenzulernen
und adäquat zu vermitteln.
Gielens kompositorische Empathie, Strukturdenken, intimste Kenntnis
jüngster Partituren, sein „verbrecherisch“ scharfes
Gehör (so ein Orchestermusiker) und sein eminentes dirigentisches
Know-how, vor allem in der Proben-Strategie, prädestinierten
ihn zum Ur- und Erstaufführungs-Dirigenten. Denn was macht
ein Dirigent tagsüber: proben und nochmals proben, Partituren
immer wieder neu studieren, jüngere vor allem, aber auch ältere,
zudem mit Komponisten sich austauschen, gemeinsame Aufführungskonzepte
entwickeln – und lesen, intellektuelles Kontrapunktieren.
Gielen ist eminent gebildet, hat seinen Hegel, Freud, Bloch, Benjamin
und Adorno gelesen, kennt sich auch in der Belletristik aus. Insofern
ist er der prototypische Interpret der und für die Moderne.
Gegen nicht wenige, heute kaum mehr vorstellbare Widerstände
hat Gielen exemplarische Werke der neuen Musik zum Leben erweckt,
Aufgaben bewältigt, von denen es zunächst obligat hieß:
unmöglich, nicht aufführbar, gänzlich utopisch,
absurdes Mißverhältnis von Aufwand und (Publikums-)Wirkung.
Die Liste der Partituren ist so lang wie ehrfurchtgebietend – auch
wenn dem Anti-Pathetiker Gielen dies Wort nicht sonderlich behagen
dürfte. Aber: Zimmermanns „Soldaten“, Stockhausens „Gruppen“ oder „Carré“,
Ligetis Requiem, Kagels „Heterophonie“, Exemplarisches
von Nono und Lachenmann sind von Gielen seit den fünfziger
Jahren „durchgesetzt“ worden. Das Riskante, Randständige
empfand er als verpflichtende Herausforderung, und die Erfahrung
des Fremden in der Nähe hat den Emigranten und polyglotten
Wanderer denn auch zum Uraufführungsdirigenten
von Zimmermanns „Requiem für einen jungen Dichter“ (1969)
prädestiniert, einem „Lingual“, Sprachstück,
einer Komposition mit und über mehrere Sprachen und Sprachschichten.
Heiner Müllers Satz: „Der ganze Kulturbetrieb zielt
auf Dingfestmachung, du wirst festgelegt“ betraf auch Gielen,
für viele in erster Linie unersetzlicher Spezialist für
sperrigste Moderne. Vergessen wurde darüber der kritisch-moderne
Traditionalist, alles andere als ein musikalischer Friedhofswärter.
Das große Repertoire des achtzehnten, neunzehnten und frühen
zwanzigsten Jahrhundert hat er nicht zuletzt als Operndirigent
mit Verve bestritten: in Wien, Stockholm, Aix en Provence, Amsterdam,
Köln, Berlin und München. Mit dem „spekulativen
Gehör“ des Komponisten hat er auch die exemplarischen
Partituren des Musiktheaters durchdrungen (Mozart, Beet-hoven,
Wagner, Verdi). Und so war es denn auch nicht mehr als konsequent,
zudem ein extremer Glücksfall, dass Gielen 1977 die Frankfurter
Oper übernahm. Und es war weit mehr als nur eine Pointe, dass
zehn Jahre später, bei seinem Abschied, ein Satz aus Brechts
frühem „Im Dickicht der Städte“, gerade in
Frankfurt von Klaus Michael Grüber magisch bannend inszeniert,
zum Resümee-Motto wurde: „Das Chaos ist aufgebraucht.
Es war die beste Zeit.“ Gielen hat in der Stadt der Turbulenzen
wahrhaft zeitgenössisches Musiktheater gemacht: mit Uraufführungen
von Zender, Hespos und Holliger, der Zweitversion von Nonos „Al
gran sole“ wie der dreiaktigen „Lulu“, den „Ausgrabungen“ von
Schrekers „Gezeichneten“ und Busonis „Doktor
Faust“, exemplarischen Regietaten von Hans Neuenfels und
und Ruth Berghaus, fulminanten Händel- und Rameau-Produktionen
von Zankl-Wonder-Harnoncourt. Die „Ära Gielen“,
nicht unbedingt voraussetzunglos, hat leuchtturmartig und eminent
weiterwirkend bewiesen, was progressive Großstadtkultur sein
kann, zumal auch das Ballett von William Forsythe eine Errungenschaft
der Gielen-Oper war.
Zehn Jahre am Main schienen ihm genug, so ließ er dieser
Glücksphase die zweite folgen: als Chefdirigent des SWR-Orchesters
Baden-Baden/Freiburg, mit dem ihm eine mirakulös spannungsreiche
Mischung aus Tradition und Fort-schritt gelang. Denn zu seinem
Dirigierterrain gehörte nun auch Donaueschingen. Gewaltige
Werke in jeder Hinsicht hat er dort kreiert: so Wolfgang Rihms
schier bruitistisch ausladende „Klangbeschreibung“,
Dieter Schnebels epansive „Sinfonie X“, Matthias Spahlingers
antimetaphysisch transzendierende „paysage/passage“,
Adriana Hölszkys „Lichtflug“. Und nicht zuletzt
hat er den eigenbrötlerischen Kubano-Amerikaner George Lopez
entdeckt und lanciert – überdies in der Fernsehserie „Orchesterfarben“ kompositorische
Prozesse von Debussy bis Lachenmann so analytisch wie sinnlich
zu tönender Anschaung gebracht.
Dabei hat Gielen Dirigieren stets als eine Form des gleichsam
Am-Pult-Komponierens begriffen, nicht als Klassikerfeier des Immergleichen,
sondern
als creation in statu nascendi. Beethoven ist für ihn schon
immer zentral gewesen; eben deshalb ging es ihm um Befreiung von
den Schlacken falscher Tradition, besonders den überbreiten,
zudem schwankenden Tempi Furtwänglers und seiner Imitatoren.
Als einer der allerersten hat er mit den Metronomzahlen der „Eroica“ ernstgemacht:
Vor über dreißig Jahren (mit dem HR-Orchester) klangen
die Streicher geradezu wie ein Haufen aufgescheuchter Hühner.
Heute ist derlei kein Problem mehr, für Spieler wie Hörer – dank
Gielens Pioniertaten. Mit „seinem“ Orchester hat er
exemplarische Beethoven-, Brahms-, Bruckner-, und Mahler-Zyklen
eingespielt. Ein Dogmatiker ist er nicht gewesen, und bei aller
Beeinflussung durch Adorno ist er doch ein Puccini-Verehrer gewesen,
hat sich auch nicht nehmen lassen, Tschaikowsky und sogar Rachmaninow
zu dirigieren.
Auf gar keinen Fall unterschätzen darf man den Komponisten,
mag sein Œuvre auch schmal wirken: Orchesterstücke, Ensemblewerke,
ein Streichquartett, uraufgeführt sogar vom La Salle-Quartett,
eine hochkomplexe Glocken-Transmission für Klavier zeugen
von Gielens energischer Radikalität wie, nach eigenem Bekunden,
von Baukasten-Modellen beim Weiterentwickeln der Materialien. Und
das Dilemma des dirigierenden Komponisten gegenüber renitenten
Orchestermitgliedern schlug sich 1975 im „Mitbestimmungsmodell“ nieder,
später leicht resignativ modifiziert zu „Über einige
Schwierigkeiten bei der Überwindung der Angst“.
Vergessen sollte man auch nicht den Pädagogen, der lange eine
Dirigierklasse am Salzburger Mozarteum leitete und den Buch-Autor,
der überaus Erhellendes zu den Beethoven- und Mahler-Sinfonien
publiziert hat – und eine Autobiographie „Unbedingt
Musik“. Das eitel-schöne Ungefähre des rückblickenden
Stars ist seine Sache weniger. Nun, mit achtzig, will er sich allmählich
zurückziehen. Mit der Musik der jüngeren Komponisten
kann er nicht mehr allzuviel anfangen, und auch das „Regietheater“,
das gerade er in Frankfurt so vehement lanciert hat, scheint ihm
durch Selbstzweckhaftigkeit geschwächt. Da äußert
er immerhin Zweifel – ohne darüber gleich in überskeptische,
gar reaktionäre Tiraden zu verfallen. Zum Renegaten taugt
er nicht, läßt Widersprüche erkennen, die er nicht
glätten kann und will. Seine Verdienste nicht nur um die Neue
Musik, sondern auch um das Musiktheater und den lebendigen, gesellschaftlich
verantwortlichen Umgang mit Kunst überhaupt sind geradezu
unermesslich. Dass ausgerechnet ihm bislang noch nicht der Siemens-Musikpreis
zuerkannt wurde, ist ein Skandal.