Das Berliner Jugendorchesterfestival wird zum Exportartikel
Die Tatsache an sich ist nicht weiter sensationell: Jedes zweite
Jugendorchester reist heute nach China, Malay-sia oder Japan. Also
expandiert auch das Internationale Jugendorchesterfestival „Young
Euro Classic“, in Berlin inzwischen ein fest installierter
Bestandteil des Kultursommers, in den fernen Osten und schickt
eines seiner Orchester auf die Reise nach Peking, Nanjing, Shanghai
und Wuxi.
Interessant wird diese Nachricht erst, wenn man bedenkt, welches
Orchester hier die Jugendorchesterkultur präsentieren soll:
Es ist kein festes Ensemble, sondern ein extra für Young Euro
Classic „gemixtes“, das sich aus Mitgliedern der Jungen
Deutschen Philharmonie sowie aus jungen Musikern des Konservatoriums
Shanghai zusammensetzt. Unterschiedliche Kulturen treffen hier
also aufeinander. Im Gegensatz zu vielen anderen Orchesterreisen
in den Fernen Osten, die als Export westlicher Musik verstanden
werden können, findet hier ein echter Kulturaustausch statt.
Dieser manifestiert sich auch im Programm, das neben Werken von
Mozart und Brahms sowie einem Auftragswerk von Stefan Johannes
Hanke ein Werk von Musheng Chen enthält. Es wird am 18. August
im Berliner Konzerthaus im Rahmen des Festivals uraufgeführt.
Dirigent des Ensembles ist Muhai Tang, weltweit gefragter chinesischer
Dirigent, der heute unter anderem künstlerischer Berater der
neuen Konzerthalle in Shanghai sowie Chefdirigent des Zürcher
Kammerorchesters ist. Er hat auch für die Kontakte in sein
Heimatland gesorgt und die Organisation der Konzertreise dadurch
erleichtert.
Nicht nur in der großen weiten Welt, sondern auch in der
Quasi-Nachbarstadt Hamburg gibt es in diesem Jahr „Young
Euro Classic“-Ableger. Das Bundesjugendorchester mit Werken
von Rossini, Respighi, Bernd Alois Zimmermann und Richard Strauss,
das Shanghai Konservatorium-Orchester mit einem west-östlichen
Programm und das Australische Jugendorchester werden ihre Konzerte
in der Hansestadt ein zweites Mal geben. Die Hamburger Laeiszhalle
ist Anfang August Gastgeber der drei Jugendorchester.
Zentrum des Jugendorchesterfestivals, dem es alljährlich gelingt,
in der Hauptreisesaison das Berliner Konzerthaus mit jungem wie älterem
Publikum zu füllen, bleibt aber die Bundeshauptstadt. Und
wieder winken ungewöhnliche Programme, begabte und begeisterte
junge Musiker sowie einige Gäste von weit her, die es sich
anzuhören lohnt. Unter ihnen das Königliche Symphonieorchester
Oman, ein Jugendorchester aus Armenien oder eben das Australische
Jugendorchester, welches das Festival eröffnet. In der September-Ausgabe
der nmz werden wir ausführlich berichten.