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nmz-archiv
nmz 2007/07 | Seite 44
56. Jahrgang | Juli/Aug.
Wortlaut
Wortlaut
Den Eröffnungsvortrag auf dem Musikratskongress „Es
ist nie zu spät – Musizieren
50+“ in Wiesbaden hielt Heiner Geißler, früherer
Minister für Soziales, Jugend, Gesundheit und Sport. Sein
Szenario der demografischen Entwicklung und ihrer kulturpolitischen
Konsequenzen war ein Aufruf zur Politisierung des Deutschen Musikrates.
Hier ein Auszug aus seiner Rede, die in voller Länge unter
www.nmzmedia.de nachzuhören ist.
Kongresseröffnung
(v.r.): Martin Maria Krüger (Präsident des Deutschen
Musikrates), Heiner Geißler (Bundesminister a.D.)
und Christian Höppner (Generalsekretär des Deutschen
Musikrates). Foto: Deutscher Musikrat
„Die Frage, ob jemand im Alter musizieren kann, hängt natürlich
von den Bedingungen ab, unter denen er leben muss. Es hängt
davon ab, wo er wohnt, ob er alleine ist, oder ob der Ehepartner
noch da ist. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann
man sagen, dass alle diese Einrichtungen für alte Menschen,
alle Altersheime bis hin zu den Wohngemeinschaften einfach von
der Architektur her, von der Bausubstanz her kaum geeignet sind,
dieses Musizieren zu ermöglichen. Man muss die Frage politisch
diskutieren, wie die Wohnverhältnisse in Zukunft aussehen
werden und ob man nicht bei Neubauten auf die Möglichkeit
des Musizierens Rücksicht nehmen muss. Das müssen Sie
aber fordern, das muss begründet werden.
Die heutigen Senioren sind aktiver denn je, sie haben endlich
Zeit für das, was sie schon immer tun wollten, ein Instrument
lernen, oder gemeinsam mit Anderen Musizieren. Dies setzt allerdings
voraus,
dass die Leute dazu auch finanziell in der Lage sind.
Eine negative Kategorisierung des Problems der Überalterung
lautet heute: alt, arm und arbeitslos. Wenn man Interesse an der
Kunst, an der Kunstvermittlung hat, muss man sich mit dem Wirtschaftssystem
beschäftigen. Der deutsche Musikrat muss sich hier ein klein
wenig politisieren. Sie sind nicht in einem Elfenbeinturm, nicht
wahr? Bei einem Thema wie Musizieren 50+ würde man gerne eine
politische Aussage zugunsten der alten Menschen, zugunsten einer
solidarischen Rentenversicherung haben. Das wäre meine Empfehlung.“