nmz 2007/07 | Seite 22
56. Jahrgang | Juli/Aug.
Musikbildung
Neues initiieren, auf Neues reagieren
Musikpädagogik: ein Aufgabenschwerpunkt an der Landesmusikakademie
NRW
Angestoßen durch die Bildungsdebatte nach der Pisa-Studie
und der Iglu-Studie, richtet sich der Fokus der Kulturpolitik in
Nordrhein-Westfalen auf die kulturelle Bildung im Schulunterricht
sowie auf ergänzende Bildungsangebote an der Schule. Die Landesmusikakademie
NRW reagiert auf neue musikpädagogische Bildungsinitiativen
mit neu entwickelten, praxisorientierten Fortbildungskonzepten,
Seminaren und mehrphasigen berufsbegleitenden Qualifizierungen.
Musik in der Offenen Ganztagsgrundschule
Die Einführung der Offenen Ganztagsgrundschule in NRW bietet
neue Chancen, Kinder auf breiter Basis an Musik heranzuführen.
Die Schulen entwickeln ein musikalisches Angebot außerhalb
des Unterrichts, das sie mit externen Partnern umsetzen. Als Partner
bieten sich die Musikschulen an, aber auch Privatmusiklehrer, Kirchenmusiker
und Multiplikatoren aus der Laienmusik können sich beteiligen.
Da die Angebote eine qualifizierte musikalische Betreuung gewährleisten
sollen, müssen Methoden entwickelt werden, Kinder mit unterschiedlichsten
musikalischen und sozialen Voraussetzungen zum aktiven Musikmachen
zu gewinnen und sie in eine musizierende Gruppe zu integrieren.
Die Landesmusikakademie hat gemeinsam mit ihren Trägern eine
Fortbildung in drei Phasen konzipiert, die seit 2003 regelmäßig
zum Jahresprogramm gehört. In diesem Jahr wurde das Konzept
durch eine Evaluation bestätigt. Die nächste Fortbildung
beginnt am 30. November 2007.
Musik in der Grundschule
Der Musikunterricht an den Grundschulen in NRW wird aus Mangel
an Fachlehrern zum weit überwiegenden Teil von Lehrkräften
fachfremd erteilt. Um ihnen dabei zu helfen, den Unterricht qualifizierter
erteilen zu können und das Fach Musik an der Grundschule zu
stärken, entwickelte die Landesmusikakademie NRW mit ihren
Trägern eine eineinhalbjährige Fortbildung mit 30 Tagesveranstaltungen
vor Ort und 6 Akademiephasen. Die Stärkung der eigenen musikpraktischen
Kompetenz (Gesang, elementares Instrumentalspiel, Ensembleleitung,
Rhythmik), die Vermittlung von Musik und das Erarbeiten eines Repertoires
für die Grundschule stehen im Vordergrund. Nach einem ersten
erfolgreichen Durchlauf mit 30 Lehrerinnen im Regierungsbezirk
Münster läuft derzeit eine gut besuchte Fortbildung im
Raum Detmold. Am 15. November 2007 beginnt die nächste Fortbildung
im Regierungsbezirk Düsseldorf. Eine Evaluation in Zusammenarbeit
mit der Musikhochschule Detmold soll helfen, das Angebot weiter
zu optimieren.
Landesprogramm
Kultur und Schule
Mit dem Landesprogramm Kultur und Schule fördert die Landesregierung
NRW Projekte, die in Partnerschaft von Künstlern und Schulen
in der Regel über ein Schuljahr durchgeführt werden.
Die Künstler ersetzen mit ihren Projekten nicht den Fachunterricht,
sondern bereichern die musisch-kulturelle Bildung mit neuen komplementären
Elementen.
In der Sparte Musik konzipiert und realisiert die Landesmusikakademie
im Auftrag der Abteilung Kultur der Staatskanzlei NRW vier Fortbildungstage,
um die Musiker bei der Projektarbeit an der Schule zu begleiten.
Zwei Fortbildungsmodule sind dem Arbeitsfeld Schule gewidmet,
zwei weitere beziehen sich auf die Projektarbeit. Bei der Vielzahl
und
Unterschiedlichkeit der bewilligten Projekte hat sich die Landesmusikakademie
NRW für ein breit gefächertes Workshopangebot mit schulerfahrenen
Dozenten entschieden, aus dem die Künstler selbst zwei themenbezogene
Fortbildungstage aussuchen. Im Schuljahr 2006/2007 wurden aus 2.000
Projektanträgen über 700 Einzelvorhaben – davon
123 Musikprojekte – ausgewählt. Mit der Verdoppelung
der Landesmittel für das Schuljahr 2007/2008 ist eine erhebliche
Ausweitung des Landesprogramms zu erwarten.
Singen mit Kindern
Viele Eltern haben das häusliche Singen in ihrer Kindheit
nicht kennengelernt und geben es daher ihren eigenen Kindern nicht
weiter. Im Kindergarten und in der Grundschule sind Anteil und
Qualität der Singförderung so gering, dass die vokalen
Entwicklungsdefizite nicht ausgeglichen werden. In den bestehenden
Kinderchören, die ein Gegengewicht bilden, singen wiederum
fast ausschließlich Mädchen. Jungen können erfahrungsgemäß kaum
integriert werden, obwohl die Singbereitschaft bei Jungen im Schul-eintrittsalter
hoch ist. Die Folgen zeigen sich am fehlenden Nachwuchs bei den
Männerstimmen. Das hat schon heute gravierende Auswirkungen
auf die Sing- und Chorkultur. Die Choralsingschule der evangelischen
Kirchengemeinde Gütersloh hat deshalb in Kooperation mit der
Landesmusik-akademie NRW ein Zentrum für Vokalerziehung mit
Kindern gegründet. Dabei wurde die bereits bestehende Mädchen-
und Jugendchorarbeit um einen Knabenchor, den Knabenchor Gütersloh
e.V., als besonderes Förderprojekt erweitert. Dieser nahm
im Januar 2007 seine Arbeit auf. Seitdem singen dort schon rund
65 Jungen in vier nach Alter gegliederten Chorgruppen. Die Landesmusikakademie
NRW will die Initiative auch für die Fort- und Weiterbildung
von Musikpädagogen nutzen.
Tag der Musikpädagogik
An einem öffentlichen „Tag der Musikpädagogik“ werden
am 07.09.2007 in der Landesmusikakademie NRW Initiativen zur musikalischen
Bildung in NRW vorgestellt.