Ideentransfer von der Basis bis an die Verbandsspitze
Neue Entwicklungen beim Zertifikat Privater Musikunterricht
des Landesverbandes Bayerischer Tonkünstler (LVBT)
1. Gesellschaftliche Veränderungen, deren Konsequenzen und
daraus resultierende politische Forderungen
Vor dem Hintergrund fehlender 5. und 6. Jahrgangsstufen in bisher
rege frequentierten Schulchören und -orchestern sind unsere
Erwartungen für den Privaten Musikunterricht weiterhin alles
andere als positiv.
Die Geburtenquote ist weiter rückläufig – von 1,4
Geburten pro Frau im Jahr 2005 auf 1,2 Geburten in 2006. Der Rückgang
der Bevölkerungsgruppe der 3–35-Jährigen in den
nächsten 10 Jahren muss wohl von circa 4 Millionen Einwohnern
bundesweit noch nach oben korrigiert werden.
Die Prognosen der Bevölkerungsentwicklung gehen übereinstimmend
davon aus, dass in den nächsten 10 Jahren die Einwohnerzahl
der BRD jährlich um circa 200.000 sinken wird – das
entspricht der Einwohnerzahl einer Stadt wie Kassel. Diese Entwicklung
wird sich regional sehr unterschiedlich niederschlagen. Zu erwarten
ist, dass Ballungsräume von einer weiteren Bevölkerungskonzentration
profitieren, während die ländlichen Räume die großen
Verlierer dieser Entwicklung sein werden.
Gleichzeitig steigen die finanziellen Belastungen für Familien
durch die Einführung von Studiengebühren und Büchergeld,
durch Steigerung des Eigenanteils an der Altersversorgung und an
den Gesundheitskosten – Stichwort Gesundheitsreform, durch
berufsbedingte Flexibilitätsforderungen (Langstreckenpendler,
Zweitwohnsitz) und berufliche Unsicherheit sowie durch Erhöhung
von Steuern und Abgaben.
Vor diesem Hintergrund ist die Öffnung des öffentlichen
Schulbereichs für die qualifizierten Musiklehrer des LVBT
mit dem ‚Zertifikat Privater Musikunterricht‘ ein wichtiger
Teilerfolg und eine Bestätigung des vom Landesverband Bayerischer
Tonkünstler eingeschlagenen Wegs, die Unterstützung für
Private Musiklehrer (PML) über ein ‚Zertifikat Privater
Musikunterricht‘ des LVBT zu erlangen.
Mit dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht
und Kultus vom 11.8.2006 wird den Schulen der „... Aushang
von Plakaten und das Auslegen von Flyern des Landesverbandes und
seiner Regionalverbände mit Angeboten für den privaten
Musikunterricht (…) empfohlen.“ In einem Schreiben
des Bayerischen Landkreistages an alle Landkreise vom 20.11.2006
empfiehlt der Landkreistag eine wohlwollende Prüfung, um den
zertifizierten privaten Musiklehrern des LVBT unter anderem durch
kostenlose/kostengünstige Überlassung von Schulräumen
für Unterrichtszwecke und Schülerkonzerte und durch Einräumung
der Möglichkeit der Werbung in kommunalen Einrichtungen entgegenzukommen.
Wichtig für eine weitere überzeugende politische Arbeit
des LVBT für die Interessen der Privaten Musiklehrer und damit
für eine erhebliche Gruppierung der Mitglieder der regionalen
Tonkünstlerverbände ist verlässliches und aktuelles
Zahlenmaterial. Hier sind die Regionalverbände gefordert,
den Landesverband im Interesse ihrer Mitglieder zügig mit
den geforderten Daten zu versorgen.
Zu denken gibt aber auch die anstehende Reform der Hauptschule – in
diesem Zusammenhang wurde wiederholt von verschiedener Seite laut über
eine generelle Einführung der Ganztagsschule für diesen
Schultyp nachgedacht.
Kommt die Ganztagsschule in der gebundenen Form als Regelschule
in der Hauptschule, ist zu erwarten, dass auch in den anderen Schulformen
sehr schnell die Dämme brechen.
Es ist also nicht die Frage ob, sondern wann sich private Musiklehrer
mit der Ganztagsschule mit allen ihren Konsequenzen – Unterricht
an 4 Tagen bis 16.00 Uhr, Einbindung außerschulischer Angebote
in den Schulunterricht und damit in Stundentafel, schulische Organisationsabläufe
und projektbedingte Stundenverschiebungen, Gruppen- und Klassenunterricht,
etcetera auseinandersetzen müssen. In diesem Zusammenhang
sieht der Ausschuss PML in der Rahmenvereinbarung zwischen Bayerischem
Musikrat und Bayerischem Kultusministerium für die Ganztagesbetreuung
auch einen Präzedenzfall für die Ganztagsschule.
Lehrerverbände, Staatsinstitut für Schulqualität
und Bildungsforschung und Gewerkschaften haben mehr oder weniger
konkrete Vorstellungen von der Ganztagsschule, aber über die
Einbindung des außerschulischen Musikunterrichtes existieren
nur vage Formulierungen. Wir müssen uns jetzt bei diesen Einrichtungen
bemerkbar machen, bevor Konzepte fertig entwickelt sind, in denen
weder private Musiklehrer, noch Regionalverbände, noch der
Landesverband vorkommen.
Auf diese Entwicklung müssen sich Landesverband, Regionalverbände
und Private Musiklehrer organisatorisch und fachlich ausreichend
vorbereiten, sonst wird diese Entwicklung über sie hinweggehen.
Der Landesverband und, wo möglich, auch die Regionalverbände
müssen jetzt offensiv an die zuständigen Stellen herantreten,
das Gespräch suchen und die Anliegen der Privaten Musiklehrer
verdeutlichen.
Hier gibt es nach Auffassung des Ausschuss PML drei Schwerpunkte:
Planung der ‚musischen Angebote‘ in der Form, dass
außerschulische PML Schüler in der Schule unterrichten
können – hier muss auch die Rentabilität der Unterrichtstätigkeit
in der Schule für den PML beachtet werden.
Planung der ‚musischen Angebote‘ in zum Beispiel Doppelstunden
in Verbindung mit der Möglichkeit, dass Schüler die Schule
verlassen können, um außerschulische Angebote auch außerhalb
wahrzunehmen.
Anerkennung und Wertung dieser musischen Angebote der PML
als schulische Leistungen.
Um Bedenken hinsichtlich der Zulassung
zu einer Bewertung von
Schülerleistungen
durch externe Lehrkräfte seitens der Schulen und des Kultusministeriums
zu begegnen, verfügt der LVBT über ein schlagendes
Argument in Form des ‚Zertifikats Privater Musikunterricht‘!
2.
Verbandsinterne Strukturen ausbauen
In der öffentlichen Wahrnehmung besitzt der PML den Status
eines Einzelkämpfers. Er ist für alles, was den Musiklehrer
und sein Arbeitsfeld ausmachen, alleine verantwortlich, also ein
Selbständiger.
In der heutigen Zeit wird es zunehmend schwieriger sich mit dieser
Position durchzusetzen und sich ein ausreichendes Einkommen zu
verschaffen. (PML als Konkurrent zur Musikschule, zum G8 und zur
Ganztagesschule ...) Deswegen wird Kooperation mit Fachkollegen,
mit öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Kirchen, Vereinen
und so weiter immer wichtiger.
Für viele PML sind bereits Kooperationen Alltag. Deswegen
hat auch der Ausschuss angeregt, Modelle für die verschiedensten
Arten der Kooperation seiner Mitglieder zu sammeln, mit dem Ziel
diese Fakten und Daten zu dokumentieren.
Dennoch sind viele PML auf Unterstützung angewiesen und sei
es nur ideell. Deswegen ergeht auch ein Appell an die Regionalvorsitzenden,
in ihrem Wirkungsfeld Arbeitskreise anzuregen, die sich um die
Angelegenheiten von PML kümmern und für das Zertifikat
werben.
Wenn eine solche Vereinsstruktur Realität wird, dann funktioniert
der Informationsfluss von Landesverband zu Regionalverband, also
von oben nach unten besser. Umgekehrt wiederum könnte ein
Ideentransfer stattfinden von den Beteiligten direkt an der Basis
zu den Verbandsspitzen. Davon würden alle Beteiligten profitieren.
Frank Hartmann/Ute Schmid-Holzmann
Frank Hartmann leitete den Ausschuss PML (Private Musiklehrer)
seit seiner Gründung 2003 und gibt nun das Amt des Sprechers
des Ausschusses aus persönlichen Gründen ab. Herr Hartmann
wird dem Ausschuss weiterhin als Stellvertretender Sprecher angehören.
Frau Ute Schmid-Holzmann, langjähriges Mitglied im Ausschuss
PML und bestens mit der Arbeit des Ausschusses vertraut, übernimmt
die Aufgabe der Sprecherin dieses Gremiums.