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nmz-archiv
nmz 2007/07 | Seite 34
56. Jahrgang | Juli/Aug.
JMD Deutschland
Und der Jüngste ist der Prinz…
Festivalatmosphäre in Weikersheim: der Opernkurs der JMD
Der Opernkurs der Jungen Oper Schloss Weikersheim geht in die
dritte Runde. Seit dem 18. Juni wird intensiv geprobt, gelernt,
geübt und musiziert. Die dreifache Besetzung der Rossini-Oper „La
Cenerentola“ ist vollständig versammelt und wird durch
das Bundesjugendorchester begleitet und unterstützt.
Auf einmal herrscht Festivalatmosphäre in der kleinen Stadt
südlich von Würzburg und internationales Flair weht über
den Marktplatz: Es werden viele Sprachen gesprochen, man probt
englisch und französisch, gesungen wird italienisch und abends
im Schlosskeller hört man auch russisch oder serbisch. Die
jungen Sänger sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Die meisten
von ihnen werden zum ersten Mal open air singen, für viele
ist es aber auch die erste richtige Bühnenerfahrung außerhalb
der Hochschule. Der Jüngste im Team ist der Prinz selbst,
Don Ramiro alias Milos Bulajic. Inzwischen ist er 18 Jahre alt
geworden, doch sein Vertrag für die Teilnahme am Opernkurs
musste noch von seinen Eltern unterschrieben werden. Milos spricht
sechs Sprachen fließend und hat diverse Preise als Pianist
und Sänger gewonnen. Bei der Frage, was das Besondere für
ihn an Weikersheim ist, bekommt er leuchtende Augen: „Einfach
alles! Die Möglichkeit, die ich erhalten habe und die Rolle,
die ich singe! Die Menschen in Weikersheim und der Ort, an dem
wir proben und aufführen … die Musik natürlich – und
vor allem die wertvollen Erfahrungen, die für immer mir gehören!“
Die Schirmherrin der Jungen Oper, die berühmte Sopranistin
Helen Donath, unterstützt den größten Kurs der
Jeunesses Musicales in ihrem Vorhaben: „Weikersheim stellt
eine Zwischenstation zwischen Hochschule und Festengagement dar,
man gewinnt Erfahrungen,
steht auf der Bühne und lernt auf den individuellen Rhythmus
seines Körpers zu hören. Man erfährt, was einem
nützlich ist: wie viel Schlaf man benötigt, wie man sich
ernährt ... In Weikersheim haben junge Menschen die Möglichkeit,
mit Korrepetitoren, Dirigenten und Regisseuren zu arbeiten. Sie
lernen, Darstellung und Musik in Einklang zu bringen.“
Die Erfahrungen und die Möglichkeiten, die der Opernkurs den
jungen Leuten bietet, umfassen unterschiedlichste Bereiche der
Bühnenkunst: Körpertraining, Sprachunterricht, Bühnenpräsenz,
Gesangsunterricht und vieles mehr. Man lernt sich selbst kennen
und die Arbeit mit unterschiedlichen Kollegen: „Die Probenphase
im Frühling war etwas Neues und Bereicherndes für mich,
weil ich viele neue Menschen kennen gelernt und dazu die Hoffnung
geschöpft habe, dass es im Leben eines Sängers durchaus
nette und hilfsbereite Kollegen gibt“, sagt Milos und lächelt
dabei. Die Vorstellungen über das Sängerleben oder sogar
schlechte Erfahrungen werden hier schnell revidiert. Es ist ein
großer Lernprozess im doppelten Sinne: Die Sänger lernen
viel Praktisches, das ihnen in ihrem späteren Berufsleben
nützlich sein wird, darüber hinaus aber werden sie durch
die Inszenierung von Dominik Wilgenbus und das Bühnenbild
von Udo Vollmer in eine Welt zwischen Realität und Traum geführt,
die sie als Mensch und als Künstlerpersönlichkeit fordert:
Wann träumen wir unser Leben nur, wann aber leben wir wirklich
unsere Träume? Der Prinz tritt aus dem Schloss seiner Eltern – dem
echten Weikersheimer Renaissancebau – heraus und betritt
die Treppe des Lebens, die ihn zu seinem eigenen Schloss – und
natürlich zu Cenerentola – führen wird.
Mit der kompetenten Unterstützung seitens der Dozenten fühlen
sich die Darsteller sicher. „Einige von uns wurden als junge
Sänger auch unterstützt, wir wurden liebevoll geleitet
und nicht ins kalte Wasser geworfen“, betont Helen Donath.
Zwischen der zweiten Probenphase im April und der jetzigen Endphase
haben sich die Sänger intensiv auf ihre Partien vorbereitet.
Alessandro de Marchi, der musikalische Leiter, erwartet, dass sie
nun von Beginn an auswendig singen und der Regisseur hat ihnen
im April eine Art Hausaufgaben aufgegeben. Alle Sänger sollten
sich mit den Charakteren ihrer Partien auseinander setzen. Wer
ist eigentlich dieser Don Ramiro? Wie fühlt sich Angelina:
Aschenputtel oder Prinzessin? Denn schließlich legt jeder
Sänger ein Stück seines eigenen Herzens in die Figur
hinein, die er auf der Bühne verkörpert. Einige sollten
lernen zu jonglieren, die anderen Cocktails zu mixen und jetzt
wird das Gelernte auf der Bühne umgesetzt.
„
La Cenerentola“ ist eine komische Oper, eine Märchenoper,
die zum Lachen und zum Weinen gleichzeitig animiert. „Märchen
sind Teil unseres Menschwerdens, sie geben wichtige Lebensimpulse – Märchen
erteilen immer eine Lektion“, sagt Helen Donath und stimmt
dabei mit Rossini überein, der es als seine Aufgabe angesehen
hat, Glücksgefühle auf der Bühne zu zeigen, die
Illusionen des Zuschauers zu wecken und insgesamt Optimismus zu
verbreiten. Auf dieser positiven Grundstimmung basiert auch der
Opernkurs der Jungen Oper Schloss Weikersheim und nicht nur der
junge Prinz blickt hoffnungsvoll der Premiere am 25. Juli 2007
entgegen. (Weitere Termine: 27./28./29./31. Juli und 1./3./4./5.
August. Beginn jeweils um 20:00 Uhr).