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nmz-archiv
nmz 2007/07 | Seite 33
56. Jahrgang | Juli/Aug.
Landesmusikräte
Bilde sich wer kann
Initiativen musikalischer Bildung in NRW erfordern viel eigenes
Engagement der Beteiligten
Manchmal geht ein bisschen der Überblick verloren: Landesprogramm
Kultur und Schule, Jedem Kind ein Instrument, Offene Ganztagsschule,
MUS-E, Kultur macht Schule, Klassenmusizieren, Modellversuche mit
Musikschulen, Kinder zum Olymp!, netzwerk junge ohren … Es
gibt in Nordrhein-Westfalen mittlerweile eine Reihe von Programmen
und Initiativen, die geeignet sind, dem „normalen“ Musikunterricht
an den allgemein bildenden Schulen „auf die Sprünge
zu helfen“. Denn an welchen Schulen, vor allem Grundschulen,
ist schon gewährleistet, dass die Kinder durch Musikunterricht
an Musik und eigenes Musizieren herangeführt werden? Selbst
das Schulministerium räumt mittlerweile ein, dass nicht mehr
als ein bis zwei Prozent des Musikunterrichts an Grundschulen von
Fachlehrern erteilt werden. Da ist man über Hilfe von außen
dankbar.
Die zur Zeit durch Landesmittel geförderten Programme und
Projekte bestätigen, dass es der Landesregierung mit kultureller
Bildung von Kindern und Jugendlichen Ernst ist. Wahrscheinlich
mehr unfreiwillig als freiwillig stellt sich allerdings eine Wettbewerbssituation
ein: Welche Schulen bewerben sich für welche Programme? Und
finden vielleicht noch weitere Förderer und Sponsoren? Hier
ist viel Engagement insbesondere der Schulleiter gefragt.
„Kultur und Schule“
Das Landesprogramm „Kultur und Schule“ wurde für
das Schuljahr 2006/2007 erstmalig ausgeschrieben und möchte
Künstler – also auch Musikerinnen und Musiker – zu
einer Zusammenarbeit mit Schülern gewinnen. Bei der zweiten
Ausschreibung für das Schuljahr 2007/2008 ist ein Eigenanteil
der Schulen gefordert. Schulen und Künstler stellen einen
gemeinsamen Antrag an ihre Kommune. Die Projekte sollen nach Möglichkeit
zweistündig über die beiden Schulhalbjahre laufen. Im
letzten Schuljahr wurden rund 700 Projekte gefördert.
Offene Ganztagsschule
Mittlerweile bieten fast zwei Drittel der rund 3.000 Grundschulen
in NRW ein qualifiziertes Ganztagsangebot; Hauptschulen werden
seit dem letzten Schuljahr zu „gebundenen“ – also
für die Schüler verpflichtenden – Ganztagsschulen
ausgebaut. Eine zwar bescheidene, aber vorhandene finanzielle Ausstattung
ermöglicht die Betreuung sowie zusätzliche Angebote am
Nachmittag, so auch Musikangebote (Landesmusikrat und der Landesverband
der Musikschulen haben bei Einführung der offenen Ganztagsschule
im Jahr 2003 eine Rahmenvereinbarung mit den damaligen Ministerien
für Schule und für Kultur geschlossen). Die Musikschulen
engagieren sich dabei in besonderer Weise und werden von den Schulen
als erste Kontaktadresse empfunden. Die Landesarbeitsgemeinschaft
(LAG) Musik NRW fördert außerdem eine Reihe von Projekten
aus Mitteln des Landesjugendplans. Aufgrund des offenen Charakters
und der Fluktuation der teilnehmenden Kinder ist eine kontinuierliche
und aufbauende Arbeit in der OGS nur schwer zu gewährleisten.
„Jedem Kind ein Instrument“
Dieses Programm, eine gemeinsame Initiative des Landes NRW und
der Bundeskulturstiftung, geht von einem Bochumer Modell gleichen
Namens aus, das seit zwei Jahren erfolgreich läuft. „Jedem
Kind ein Instrument“ startet zum Schuljahr 2007/2008 und
sieht vor, dass die beteiligten Kinder nach einem vorbereitenden
elementaren Musikunterricht im ersten Schuljahr ab dem zweiten
Jahr ein Musikinstrument erlernen und ihre Fähigkeiten bis
zum vierten Schuljahr durch Kleingruppenunterricht und Spiel in
Ensembles und Orchestern weiterentwickeln.
Spätestens ab dem zweiten Schuljahr ist von den Eltern hierfür
ein moderater Monatsbeitrag zu entrichten; damit wird das Programm
jedoch zu einer freiwilligen Angelegenheit, wenn auch keiner aus
finanziellen Gründen ausgeschlossen werden soll, ein Sozialfonds
für Kinder aus einkommensschwachen Familien wird eingerichtet.
Das Programm fängt mit ausgewählten Schulen in ausgewählten
Städten des Ruhrgebiets an und soll bis zum Jahr 2010 circa
80 Prozent der Schülerinnen und Schüler im ersten Schuljahr
im gesamten Ruhrgebiet umfassen. Eine Ausweitung auf ganz Nord-rhein-Westfalen
ist vorgesehen.
MUS-E
MUS-E ist ein europaweites Programm der Yehudi-Menuhin-Stiftung,
das 1993 ins Leben gerufen wurde. Künstler aller Sparten arbeiten
mit Kindern in Schulen im Kernbereich des Unterrichts.
Besonderer Wert wird auf die positiven Wirkungen der Beschäftigung
mit Kunst und Kultur gelegt: die Förderung von sozialer Kompetenz
und Toleranz. Zielgruppe sind vor allem Kinder an Schulen in sozial
benachteiligten Stadtteilen.
Da kein Stiftungskapital existiert, ist MUS-E auf Förderer
angewiesen. Für NRW konnte 2006 die RWE AG als Hauptsponsor
gewonnen werden; auch private Spenden sind willkommen. Das Programm
war ein besonderes Anliegen der letzten Landesregierung, wird aber
auch von den Nachfolgern weiter unterstützt. In NRW nehmen
derzeit 440 Klassen an MUS-E teil.
Zusammenarbeit mit Musikschulen
Seit langem gibt es eine Zusammenarbeit von Grundschulen und
Musikschulen. Musikschulen haben Angebote in Räumlichkeiten der Schule gemacht,
um die Kinder vor Ort „abzuholen“. Durch die Möglichkeit
der Kooperation im Rahmen der offenen Ganztagsschule hat sich dieser
Kontakt verstärkt.
Die Landesregierung hat im Zeitraum 2003 bis 2005 die Zusammenarbeit
von Musikschullehrern und Schulmusikern im Vormittagsbereich gefördert,
die eine besondere Nachhaltigkeit verspricht. Zu dem an vier Grundschulen
durchgeführten Modellversuch „Vernetzung der Angebote
von Schulmusik und Musikschule zur Optimierung der musikalischen
Bildungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ liegt
mittlerweile eine Evaluation von Ortwin Nimczik (Musikhochschule
Detmold) vor. Musikschulverband, Landessportbund und Landesmusikrat
NRW haben in einer weiteren Kooperation an drei Standorten Modellprojekte „Sport
und Musik“ in der offenen Ganztagsschule initiiert.
Projekte mit Konzerthäusern und Orchestern
Konzerthäuser (Kölner Philharmonie, Tonhalle Düsseldorf,
Philharmonie Essen u.a.) und Orchester (Bergische Symphoniker,
Gürzenich-Orchester, musikFabrik NRW, Beethoven Orchester
Bonn u.v.m.) führen Projekte mit Schulen durch. Vermittler
sind Konzertpädagogen in fester Anstellung beziehungsweise
freie Konzertpädagogen; in Köln gibt es eigens ein „Büro
für Konzertpädagogik“.
Die Jeunesses Musicales Deutschland haben im Jahr 2000 die Initiative „Konzerte
für Kinder“ ins Leben gerufen. Daran anknüpfend
und zusammen mit weiteren Partnern aus Deutschland, Österreich
und der Schweiz wurde im Mai 2007 das „netzwerk junge ohren“ gegründet,
um vorhandene Ressourcen und Potenziale zu bündeln und einen
besseren Austausch zu ermöglichen.
Wettbewerbe und Preise
In die Riege von Wettbewerben und Preisen, bei denen es letztlich
aber vielmehr um eine Form des Austauschs und des Bekanntmachens
geht, sind die Landesbegegnung „Schulen musizieren“ und
prominente Initiativen auf Bundesebene wie „Kultur macht
Schule“ (Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung) und „Kinder
zum Olymp!“ (Kulturstiftung der Länder) einzureihen.
Solche Wettbewerbe bieten einen Anreiz, innovative Modelle zu entwickeln,
und sind zugleich – ganz legitim – lohnendes Modell
für Nachahmer. Das „Klassenmusizieren“ bietet
eine gute und effektive Möglichkeit, alle schulpflichtigen
Kinder über einen gewissen Zeitraum an eigenes Musizieren
heranzuführen. Um hierfür zu werben, haben der Verband
Deutscher Schulmusiker und der Landesverband der Musikschulen zusammen
mit dem Landesmusikrat NRW den Wettbewerb „klasse musiziert!“ ins
Leben gerufen, der in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal in Lüdenscheid
durchgeführt worden ist.