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nmz-archiv
nmz 2007/10 | Seite 31
56. Jahrgang | Oktober
Arbeitskreis
Musik in der Jugend
Bewegtes und Bewegendes
Der EUROTREFF 2007 in Wolfenbüttel zum Thema „Chor – bewegt“
Als
das internationale Jugendchorfestival EUROTREFF erstmals stattfand,
lag die Stadt Wolfenbüttel noch im sogenannten „Zonenrandgebiet“.
21 Jahre später befindet es sich nun glücklicherweise
in der Mitte Europas. Die musikalische Vielfalt Europas war für
fünf Tage in der niedersächsischen Barockstadt zu erleben,
denn insgesamt nahmen Chöre aus 13 Nationen an diesem Festival
teil.
Das diesjährige Thema des EUROTREFFs lautete „Chor – bewegt“.
In den sieben Workshops des Festivals erkundeten die teilnehmenden
18 Chöre, unterstützt von internationalen Fachleuten
wie Stan Engebretson (USA), Catherine Fender (Frankreich) oder
Markus Detterbeck (Bensheim) Möglichkeiten, wie Chormusik
darstellerisch und szenisch gestaltet oder in Bewegung umgesetzt
werden kann.
Die Ideen zur Umsetzung stammten aber nicht alle von den renommierten
Workshopleitern, sondern auch von den 700 jungen Sängern selbst.
Workshopleiter Cornelius Trantow aus Hamburg beispielsweise forderte
seine gemischten Chöre auf, selbst Vorschläge zur Chorimprovisation über
das „Locus iste“ von Anton Bruckner zu erarbeiten und
mit den anderen Sängern zu gestalten. Und auch Sanna Valvanne
aus Finnland entlockte den Kinderchören aus Italien, Norwegen
und Halle bewegende Rhythmen und Klänge. So entstand in der
knapp bemessenen Zeit der täglichen Workshoparbeit ein neuer, äußerst
kreativer Prozess zwischen Chören und Workshopleitern. Alle
Teilnehmer präsentierten ihre Arbeit gemeinsam in dem großen
Abschlusskonzert am Samstagabend. Einigen Workshops standen dabei
Choreographen (Panda van Proosdij, Niederlande und Marion Wilmer,
Deutschland) zur Seite, die das Motto des Festivals „Chor – bewegt“ in
derart swingende Aktionen umsetzten, dass es das Publikum kaum
auf den Stühlen hielt. Dabei agierten die Choreographen teilweise
direkt hinter den Dirigenten, um den Chören die geplanten
Bewegungen zu verdeutlichen. Das Programm der sieben Workshops
zog regelrechte Begeisterungsstürme des Publikums nach sich.
Einen besonders spannenden Part übernahmen die Workshopleiter
Wolfgang Beuschel (Zürich) und Klaus Brecht, Dozent an der
Landesmusikakademie Baden-Württemberg. „Ihre“ Mädchenchöre
aus Italien, Estland und Weißrussland setzten drei Stücke
aus Michael Endes Chorliederbuch in bewegende Körpersprache
um, produzierten dabei Töne auf Flaschen und verblüfften
durch die verständliche Aussprache des nicht einfachen deutschen
Textes.
Neben der Workshoparbeit fanden abends zahlreiche Konzerte in
den Kirchen in und um Wolfenbüttel statt. Hier – und auch
beim traditionellen Singen in der Fußgängerzone am Samstagvormittag – bekam
nicht nur das Publikum ein breites Spektrum europäischer Chormusik
geboten. Durch die geschickte Programmgestaltung der Veranstalter
in den Begegnungskonzerten war es auch allen jungen Sängern
möglich, Konzertprogramme anderer Chöre zu erleben und
so einen Einblick in die Literatur der anderen Teilnehmer zu erhalten.
Alle teilnehmenden Chöre haben darüber hinaus Kostproben
ihres Könnens in Schulen, Seniorenheimen und weiteren sozialen
Einrichtungen gegeben und den Zuhörern auch in anschließenden
Gesprächen etwas von der eigenen Kultur nahegebracht.
Das gegenseitige Kennenlernen fand jedoch nicht nur in den Workshopproben
statt: Während der Mahlzeiten im großen Essenszelt vor
dem Wolfenbüttler Schloss, das auch in diesem Jahr von ehrenamtlichen
Helfern des Deutschen Roten Kreuzes geführt wurde, kam es
zu zahlreichen Begegnungen und spontanen Gesangseinlagen. Viele
E-Mail-Adressen und Telefonnummern wurden ausgetauscht, um auch
weiterhin in Kontakt zu bleiben.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, der die
Schirmherrschaft für den EUROTREFF übernommen hat, äußerte
sich zum EUROTREFF: „Es ist immer wieder beeindruckend, wie
Musik, die Weltsprache schlechthin, in der Lage ist, Menschen unterschiedlicher
Herkunft zusammenzuführen und in freundschaftlicher und friedvoller
Weise auf ein gemeinsames Erlebnis einzustimmen.“
Wolfram Fette, Generalsekretär des Arbeitskreises Musik in
der Jugend, geht davon aus, dass mit dem Festival und seinem Motto „Chor – bewegt“ ein
Samen in der Chorbewegung gesät worden sei. „Ich bin
mir sicher, dass das Thema Bewegung auch in Zukunft bei der Chorarbeit
eine große Rolle spielen wird.“
Der AMJ wird die Erfahrungen aus der Workshoparbeit zum Thema „Chor – bewegt“ auch
in seinen Chorleiterfortbildungen als besonderen Baustein einbauen. „Bewegung
ist ein guter Weg, um Chormusik lebendig zu halten“, meint
der Generalsekretär.
AMJ-Bildungsreferentin und EUROTREFF-Organisatorin Katrin Kleinschmit,
die für einen reibungslosen Ablauf dieses Musikfestivals sorgte,
fügt hinzu: „Begeisterung zeigten bei diesem EUROTREFF
alle – die Besucher, aber vor allem auch die Choristen sowie
die Chor- und Workshopleiter. Mehr kann man sich eigentlich nicht
wünschen.“
Der nächste EUROTREFF findet im September 2009 statt – die
Vorfreude darauf wächst schon jetzt mit jedem Tag.