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nmz
2007/10 | Seite 31
56. Jahrgang | Oktober
Deutscher Musikrat
Mit dem Ohr am Beat der Zeit
PopCamp – Meisterkurs für Populäre Musik
Der Deutsche Musikrat ist mehr als eine feste Größe:
Er ist Urgestein, musikhistorische Instanz, ja in Teilen vermutlich
sogar Prophet des bundesdeutschen Musiklebens. Aus zivilgesellschaftlichem
Engagement heraus vor 54 Jahren von Bürgern gegründet,
die, trotz eines grausamen Weltkriegs, den Glauben an die gestaltende
Kraft der Kultur nicht verloren hatten und in der sprichwörtlich
gewordenen „Stunde Null“ einen bundesweiten, musikkulturell
und musikpolitisch arbeitenden Verband gründeten. Es spricht
für die Unerlässlichkeit seiner Existenz, dass seine
Vitalität, auch in schwierigen Zeiten nicht gelitten hat.
Die musikpolitische Arbeit bildet das Kerngeschäft des Deutschen
Musikrates.
Die gewachsene Mitverantwortung des Dachverbandes für gesellschaftliche
Entwicklungen fasst Generalsekretär Christian Höppner
so zusammen: „Musikpolitik ist Gesellschaftspolitik.“ Deshalb
wurden Projekte mit dem Ziel initiiert, Musik und Musikpolitik
im Zusammenhang gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen wirksam
werden zu lassen. Im September 2003 wurde die Deutscher Musikrat
gemeinnützige Projektgesellschaft mbH gegründet.
Förderprojekte
unter einem Dach
Sämtliche Förderprojekte, die bis zu diesem Zeitpunkt
unter dem Dach des DMR e.V. angesiedelt waren, sind seitdem in
einer eigenständigen gemeinnützigen Gesellschaft vereinigt.
Alleiniger Gesellschafter ist der Deutsche Musikrat e.V. Beide
Säulen – Projektgesellschaft und Verein bilden seither
den Deutschen Musikrat. Die Projekt GmbH ist die zeitgemäße
Form, um eine professionelle Verbindung zwischen den Verbänden
und dem Projekt-Management zu sichern. Fünf Kernbereiche des
Musiklebens standen und stehen im Mittelpunkt der Projektarbeit:
Förderung professioneller Musiker, Jugendprojekte, Laienmusizieren,
Förderung der Zeitgenössischen Musik sowie eine breit
angelegte musiktheoretische Information und Dokumentation. Derzeit
sind es 18 ständige Projekte, manche von ihnen mehr als 40
Jahre alt. Die Projekte werden durch Projektleiter und Projektbeiräte
gesteuert, wobei der Beirat das Projekt inhaltlich betreut und
berät.
Verbindende Elemente
Gibt es verbindende Elemente zwischen den 18? Dr. Peter Ortmann,
künstlerischer Leiter der Projektgesellschaft formuliert dies
so: „Gemeinsame Absicht ist es, das bundesdeutsche Musikleben
weiterzuentwickeln. Daher sind alle Projekte bundesweit und nachhaltig
angelegt. Ihre Wirkung ist inzwischen weit über die Landesgrenzen
hinaus spürbar.“ Dass inhaltliche und gestalterische
Autonomie möglich ist und dass das auch so bleibt, ist der
Finanzierung aus Bundes- und Ländermitteln zu verdanken. Andererseits
spielen – projektbezogen – einzelne Kommunen, Stiftungen,
private Sponsoren und Mäzene eine tragende Rolle. Der kaufmännische
Geschäftsführer des Unternehmens, Norbert Pietrangeli,
vertritt eine klare Haltung: „In Zeiten wahrscheinlicher
weiterer Mittelkürzungen unserer öffentlichen Förderer
ist es unerlässlich, unsere Aktivitäten zur Findung und
Bindung neuer privatwirtschaftlicher Stifter und Sponsoren zu verstärken.
Positiv ist, dass uns die Gesellschaftsform der GmbH gestattet,
das Rücklageninstrumentarium konsequenter zu nutzen. Dadurch
können wir eine bessere Risikovorsorge betreiben.“
Der Anspruch bleibt hoch und ist weit gesteckt: Die Deutscher
Musikrat gemeinnützige Projektgesellschaft mbH möchte mit ihren
Projekten Maßstäbe im deutschen Kulturbetrieb setzen
und den musikalisch-künstlerischen Nachwuchs, die zeitgenössische
Musik, das Laienmusizieren sowie die Musikinformation zielgerichtet
fördern. Wie diese Förderung im Detail aussieht, wird
die neue musikzeitung in einer Serie vorstellen, die mit dieser
Ausgabe beginnt. Wir stellen das jüngste der Musikrats-Projekte
vor: „PopCamp – Meisterkurs für Populäre
Musik“ mit dem Projektleiter Michael Teilkemeier.
Das Interview
neue musikzeitung: PopCamp ist
eines der jüngsten Projekte
im DMR. Wann wurde das Projekt ins Leben gerufen? Michael Teilkemeier: 2003 wurde durch die neu
gewählten Präsidiumsmitglieder
Jens Michow, Dieter Gorny und insbesondere Udo Dahmen der Weg für
ein Spitzenförderprojekt im Segment Pop/Rock/Jazz geebnet.
Kurz nach seiner Wahl begann das Präsidium über eine
Erweiterung des Projektportfolios nachzudenken. Ich möchte
aber nachdrücklich betonen, dass ohne das Engagement von Norbert
Pietrangeli allein der Wunsch geblieben wäre. 2004 begannen
die Vorbereitungen, 2005 wurde die erste Ausschreibung veröffentlicht.
nmz: Was steckt hinter dem Begriff
PopCamp? Teilkemeier: PopCamp hat den Untertitel „Meisterkurs für
Populäre Musik“. Anders gesagt ist PopCamp Spitzenförderung,
in der hoch talentierte und motivierte Musiker gesucht und gefunden
werden, die dann auf ihrem Weg ins Profilager unterstützt
werden, um ihre Erfolgsaussichten auf dem Markt zu verstärken.
nmz: Wie läuft das Projekt ab? Teilkemeier: Am Anfang eines Jahres bitten wir
unsere „Nominatoren“ um
Vorschläge für Bands ihrer Wahl. Derzeit arbeiten wir
mit 93 Institutionen und Einzelpersonen, „scouts“,
von denen wir glauben, dass sie das Ohr am „Beat“ der
Zeit haben. Das sind beispielsweise Ausbildungseinrichtungen wie
die Popakademie oder der Verband deutscher Musikschulen, Wettbewerbe
wie der „f6 music award“ oder der „John Lennon
Talent Award“ oder Jugendsender wie WDR, „1Live“ oder
SWR, „DAS DING“. Eine Jury beschließt dann aufgrund
der vorliegenden Einsendungen, die DVDs, CDs oder Videotapes enthalten,
welche acht Bands zum Live Audit eingeladen werden. Nach einem
kurzen Live-Auftritt finden dann Interviews statt, die schließlich
in das Votum der Jury für die fünf Bands des nächsten
PopCamp münden.
Wir haben drei Arbeitsphasen: Zunächst kommen alle Bands eines
Jahrgangs zusammen und besuchen dort Pflichtveranstaltungen wie
Medien- und Vertragsrecht, Marketing, Interview-Training, GEMA,
GVL und KSK. Ein zusätzlicher „horizontaler“ Lerneffekt
ergibt sich erfreulicherweise dadurch, dass sich die Bands hier
als Partner mit demselben Anliegen begegnen und miteinander diskutieren.
In der dritten Arbeitsphase dann produziert jede Band ein „electronic
press kit“, eine digitale Visitenkarte, mit der sich die
Band Veranstaltern und Medien vorstellen kann. Diese Arbeitsphase
findet in Zusammenarbeit mit der Deutschen Rockmusik Stiftung statt.
nmz: Wie wird PopCamp überhaupt finanziert? Teilkemeier: Das Projekt wird als Spitzenförderprojekt im
Bereich der Populären Musik getragen aus Mitteln des Beauftragten
der Bundesregierung für Kultur und Medien. Wir liegen momentan
bei rund 250.000 Euro, wobei davon 50.000 Euro direkt und auf Antrag
der Deutschen Rockmusik Stiftung in die oben erwähnte dritte
Arbeitsphase fließen.
Mit den Zuwendungen werden Strukturkosten, Arbeitsphasen, Dozentenhonorare
abgedeckt. Die Bands leisten für ihre Teilnahme am PopCamp übrigens
einen Eigenbeitrag von 500 Euro.
Darüber hinaus gibt es Sponsoren, die uns mit Equipment oder
Know how unterstützen: Sennheiser für die Mikrophonie
im Abschlusskonzert und der Arbeitsphase. PPV-Medien, die die Fachbücher
für die Teilnehmer bereit stellen, Steinberg liefert die Software
zum Arbeitsbereich „Producing“.
nmz: PopCamp gibt es nun im dritten
Jahr. Wie sehr hat sich dieser Workshop in der Szene inzwischen
herumgesprochen? Teilkemeier: Vor einigen Monaten haben wir auf
www.myspace.com/popcamp ein „Projekt-myspace-Portal“ eingerichtet und stellen
dort eine ungeheure Bewegung fest. Freundesanfragen, der Austausch
der Bands untereinander, zwischen Dozenten und Bands ist rege und
nimmt zu. Der Begriff „PopCamp“ taucht in allen diesen
chats ständig auf. Und wir erhalten inzwischen auch immer
wieder Anfragen für die Mitarbeit im Jury- oder Dozententeam.
Die hervorragende Verankerung von PopCamp hatte übrigens auch
den wunderbaren Effekt, dass mir seit Juni 2007 eine Mitarbeiterin,
Marleen Mützlaff, zur Seite steht.
nmz: Wie nachhaltig ist denn der
Kontakt zu den Bands. Endet er mit dem Ende des Workshops? Teilkemeier: Dem gesamten Team rund um PopCamp
ist sehr daran gelegen, den Kontakt womöglich gar nicht abreißen zu lassen.
Die erwähnte neue Mitarbeiterin hat insbesondere die Aufgabe,
den „MySpcae“-Bereich zu pflegen und auszubauen. Sie
hält aber auch den Kontakt zu den Bands des ersten und zweitens
Jahres, fragt Bedürfnisse, Anforderungen ab und bietet Unterstützung
an. Und seit neuestem gibt sie einen Newsletter heraus, der über
besondere Highlights der Bands berichtet und so Thema und Inhalte
von PopCamp in der Öffentlichkeit hält.
nmz: Was ist das nächste Highlight? Teilkemeier: Dieses Jahr fand das Live-Audit in
Celle statt. Dort haben wir beschlossen, erstmalig ein PopCamp-Forum
zu veranstalten,
ein großes Get-together der PopCamp community. Es findet
am 6. Oktober in Bonn statt. Alle bisherigen Bands, Dozenten und
Juroren sind dorthin eingeladen. Nach zwei internen Einheiten in
Kooperation mit dem Deutschen Musikverleger-Verband e.V., in denen
Gespräche, Austausch und Berichte stattfinden, treffen sich
dann fünf Bands aus drei Jahren zu einem öffentlichen
Konzert. Beginn 19.30h, der Eintritt kostet 9,00 Euro und wir freuen
uns auf zahlreiche Besucher!
Wichtig zu wissen:
6.10.2007: PopCamp Forum, Kunst- und Ausstellungshalle Bonn,
fünf
Bands aus drei Jahren
23.11.2007: PopCamp on stage, Berlin, die fünf Bands 2007
Weitere Infos:
www.musikrat.de/popcamp