Aktuelle Ausgabe
Nehmen Sie Kontakt zur nmz auf
Holen Sie sich die nmz ins Haus
Archiv und Sitemap der neuen musikzeitung
Links zum Musikleben
neue musikzeitung interaktiv
Taktlos - Das Musikmagazin des bayerischen Rundfunks und der neuen musikzeitung
Fortbildung - Stellenmarkt der nmz
Die nmz als Werbeplattform
zurück zur vorherigen Seite
Startseite der neuen musikzeitung, nmz aktuell
Counter





Ausgabe 2007/10
Inhaltsverzeichnis
Archiv und Suche
[an error occurred while processing this directive]
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

nmz-archiv

nmz 2007/10 | Seite 23
56. Jahrgang | Oktober
Verbandspolitik

„Es muss ja nicht immer Beethoven sein“

Steffen Kampeter, Haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU, zum Start der Initiative Musik

Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags hat beschlossen, an der Schnittstelle zwischen Musikförderung und Musikwirtschaft zu investieren. Initiative Musik nennt sich das Förderprojekt. Mitte September stellte sich die Initiative Musik im Rahmen der PopKomm in Berlin der Öffentlichkeit vor. Die nmz befragte den Haushaltspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Berichterstatter im Haushaltsausschuss für Kultur und Medien, Steffen Kampeter, MdB, zum Thema.

neue musikzeitung: Welche Struktur hat sich die Initiative Musik gegeben? (Wer trägt das Projekt? Welche Kosten fallen für die Verwaltung an?)

ecke quad
quad

Steffen Kampeter.

quad
quad

Bild vergrößernSteffen Kampeter.
Foto: Deutscher Bundestag

quad
ecke quad ecke

Steffen Kampeter: Die Bundesregierung und das Parlament haben entschieden, eine private Gesellschaft zu gründen, keine Gesellschaft öffentlichen Rechts. Die Gesellschaft hat einen non-Profit-Charakter. An ihr sind neben dem Bund auch die GVL und der Deutsche Musikrat beteiligt. Die GEMA ist kein Gesellschafter, wird sich aber an der Projektfinanzierung wesentlich beteiligen. Wir haben eine Trägergesellschaft gegründet, weil im Haushaltsrecht verzeichnet ist, dass dann Zuwendungen zur Selbstbewirtschaftung zugewiesen werden können. Das heißt, die Gesellschaft erhält nach der Gründung die Förderung des Bundes und kann auch im nächsten Jahr damit wirtschaften. Es gibt also kein Novemberfieber.

nmz: Wie wird das Geld verteilt? Gibt es einen Schlüssel? Wer ist förderberechtigt? In welche Sparten werden Fördermittel fließen? Welche Experten und Praktiker sind in das Modell integriert?
Kampeter: Nach seiner Konstituierung ist die erste Aufgabe des Aufsichtsrates, Fördergrundsätze zu entwickeln. Eine Entscheidung darüber wird der Aufsichtsratsrat im Oktober treffen. Mit Dieter Gorny konnte ein ausgewiesener Kenner verschiedenster Segmente der populären Musik für den Vorsitz gewonnen werden. Eine weitere kluge Entscheidung betrifft die Gründungsgeschäftsführung: Peter Zombik wird für die Dauer der Gesellschaftsgründung die organisatorischen Fäden in der Hand halten. Er ist ebenso gesellschaftsrechtlich wie musikwirtschaftlich fest im Sattel. Die Gesamtzusammensetzung des Aufsichtsrats zeigt politische wie musikwirtschaftliche Breite – er wird sich aber auch ergänzendem Sachverstand bewusst öffnen.

nmz: Die Anschubfinanzierung der Initiative Musik beträgt eine Million
Euro. Was kommt nach dem Anschub? Wie finanziert man den „Dauerbetrieb“?
Kampeter: Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat sich entschieden, dass die Anschubfinanzierung nicht einmalig gezahlt, sondern als Beitrag des Bundes jährlich investiert wird. Die Beteiligung der Musikwirtschaft stellt mich bisher nicht zufrieden. Eine öffentliche-private Partnerschaft ist eine gemeinsame Sache. Ich bin aber zuversichtlich, dass nach dem Anlaufen der Arbeit auch für die private Seite der Mehrwert einer solchen Partnerschaft klarer wird.

nmz: Ist die Initiative Musik das neue Exportbüro?
Kampeter: Eine der Säulen ist Exportförderung. Der Tenor wird sein: Wir wollen aus Fehlern lernen und uns darauf konzentrieren, was notwendig ist. Eine umfassende Wiederbelebungsaktion einer Förderung, die bisher nicht erfolgreich war, soll jedoch nicht erfolgen. Exportmöglichkeiten wird es aber bestimmt geben.

Die drei Säulen der Initiative Musik

nmz: Die Initiative Musik ruht auf drei Säulen: der Nachwuchsförderung, der Exportförderung und dem Bereich Integration und Pädagogik. Mit wie viel Prozent und mit wie viel Manpower werden die jeweiligen Bereiche ausgestattet?
Kampeter: Auch wenn die Ungeduld verständlich ist – diese Festlegungen wird der Aufsichtsrat treffen. Es geht dabei nicht um politische Entscheidungen, sondern um die konkrete inhaltliche Ausgestaltung eines von der Politik formulierten Handlungsrahmens. Diese soll im Miteinander der Beteiligten entwickelt werden. Nur eines muss klar sein: Es handelt sich nicht um die unkritische Steigerung der Projektförderung von ehedem schon gut ausgestatteten Organisationen.

nmz: Können Sie schon Details zu den Inhalten der drei Säulen nennen?
Kampeter: Wie gesagt, das wird der Aufsichtsrat in seinen nächsten Sitzungen festlegen. Sobald die Fördergrundsätze stehen, werden sie natürlich auch öffentlich gemacht, so dass das Bewerbungsverfahren starten kann.

nmz: Können Integration und Pädagogik Aufgaben geförderter Popmusik sein? Was sind das für Modellprojekte?
Kampeter: Der Grundgedanke spiegelt sich in der SchoolTour wider, die vor einigen Jahren mit Mitteln der Bundeszentrale für Politische Bildung entwickelt wurde und nun mit viel Einsatz von der Deutschen Phono- Akademie betrieben wird. Der Grundgedanke der SchoolTour leuchtet ein: Wer gemeinsam musiziert, schlägt sich nicht den Schädel ein. Dieses muss in schul- und zielgruppengemäßer Form modellhaft fortentwickelt werden. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Maria Böhmer (CDU), hat Musik und Integration auch zum Thema auf dem zweiten Integrationsgipfel gemacht. Darauf kann aufgebaut werden.

nmz: Die Initiative Musik ist eine öffentlich-private Partnerschaft gemeinsam mit dem Deutschen Musikrat und den Verwertungsgesellschaften GVL und GEMA. Dazu drei Fragen: 1. Warum ergibt die Suche auf musikrat.de unter dem Begriff „Initiative Musik“ keinen Treffer? Ist das Konzept überhaupt angekommen?
Kampeter: Das müssen sie den Musikrat fragen.

nmz: Die zweite Frage: GEMA und GVL geben je 150.000 Euro jährlich. Welche Bedingungen sind daran geknüpft?
Kampeter: Die Zusammenarbeit mit GEMA und GVL gründet auf dem Gesellschaftsvertrag und gegenseitigem Vertrauen. Der Bund und seine privaten Partner erwarten, dass das Geld vernünftig angelegt wird.

nmz: Und zur dritten Frage: Inwieweit wird der Rundfunk (öffentlich-rechtlich und privat) mit einbezogen?
Kampeter: Das finde ich eine gute Anregung. Zwar ist es schon mit einzelnen Dingen gelungen, die etwas zurückhaltende Art der Öffentlich-Rechtlichen gegenüber der Populären Musik aufzuweichen. So soll das Fernsehformat „Newcomer-TV“ nach Erfolgen in der dritten Schiene nunmehr in 3Sat aufgewertet werden – aber das ist noch nicht genug. Der im kommenden Jahr in Essen erstmals ausgerichtete Jazz-Echo wird eine neue Chance sein, im Fernsehen der populären Musik eine Plattform zu geben. Im Hörfunk hat sich die Situation erheblich gebessert. Die Selbstverpflichtung für junge und deutsche Musik zeigt doch erheblich Wirkung. Auch haben Ziel führende erste Kontaktaufnahmen mit dem Verband der Privaten stattgefunden.

nmz: Im Jazz ist es am auffälligsten, dass die Förderung der Spielstätten gleichzeitig die Förderung des Musikstils ist. Ist das ein weiteres Augenmerk der Initiative Musik?
Kampeter: Mit Spielstättenförderung – wie sie etwa die Bundeskonferenz Jazz fordert – bin ich grundsätzlich sehr vorsichtig. Die Diskursorientierung der Initiative ist der eigentliche Effekt, um Geld geht es eigentlich bei den jetzigen Summen noch nicht. Wir hatten vor kurzem einen parlamentarischen Abend, bei dem der Jazz in der musikalischen Ausgestaltung berücksichtigt wurde. Dass zum Beispiel Till Brönner kürzlich beim Kulturstaatsminister war, zeigt, dass dieser für Jazz ein offenes Ohr hat. Es würde eine größere Anerkennung für den Jazz bedeuten, wenn er mehr auf öffentlichen Veranstaltungen eingesetzt würde. Es muss ja nicht immer Beethoven sein.

Ziel: Verbesserte Rahmenbedingungen

nmz: Die Initiative Musik ist dazu angetreten, die Rahmenbedingungen für Musik und Musikwirtschaft zu verbessern. Was verstehen Sie im Detail darunter?
Kampeter: Die eigentliche Verbesserung der Rahmenbedingungen wird durch die Debatte über die Initiative und den politischen Wettbewerb erfolgen. Die Pionierfunktion dieser Arbeit hat viele wachgerüttelt und eine breite Debatte über den Wert und den notwendigen politischen Rahmen für die Musikwirtschaft eröffnet. Michael Glos (CSU) eröffnet als Wirtschaftsminister die Popkomm und wird ein Rahmenkonzept für die Kreativwirtschaft als Teil der Mittelstandspolitik entwickeln – wer hätte das gedacht? Die Opposition wird sich auch bald an dieser Debatte beteiligen – sie fühlt sich doch etwas im Hintertreffen.

nmz: Eine Förderung der deutschen Musikindustrie durch die Initiative Musik ist sicher begrüßenswert, aber wäre es nicht sinnvoller, bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt stärker zu fördern?
Kampeter: Die Initiative Musik ist keine Industrieförderung, sondern soll den Kreativen helfen. Es ist mir wichtig, dass das deutlich wird. Im Übrigen schließen sich Wirtschaftsförderung und Förderung bürgerschaftlichen Engagements doch nicht gegenseitig aus. Letzteres hat die Große Koalition doch gerade mit dem „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ aufgewertet und damit die steuerlichen Rahmenbedingungen für jede Form ehrenamtlicher Tätigkeit materiell erheblich verbessert.

nmz: Wie wird die Zielgruppe definiert? Möchte man ECHO-Preisträger züchten oder Proberäume etablieren? Anders gesagt: Subvention für Creative Industries oder Strukturförderung für Subkultur.
Kampeter: Was sind das für Scheingegensätze? Kaum ein Echopreisträger wird ohne Proberaum gestartet sein. Und: Wir sind doch kein Züchterverein! Aber es würde uns natürlich freuen, wenn unsere Förderung das eine oder andere Mal Früchte trüge. Das dürfte sich auch ruhig in wirtschaftlichem Erfolg niederschlagen.

nmz: Können eine Million Euro helfen, den Wert der Musik zu steigern, wenn an Schulen immer noch am Musikunterricht gespart wird?
Kampeter: Die Kritik am Musikunterricht trifft zu. Die Länder versagen bisher – von Ausnahmen abgesehen – umfassend. Als begrenzte Soforthilfe hat die Bundeskulturstiftung gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) die Aktion „Jedem Kind ein Instrument“ gestartet. An über 200 Grundschulen im Ruhrgebiet wird mit 7200 Schülern im Rahmen eines ergänzenden Musikunterrichts jedem Kind ein Orchesterinstrument vorgestellt. Dem Bundespräsidenten Horst Köhler war die Sache so wichtig, dass er die Schirmherrschaft übernommen hat. Im Übrigen ist der Mangel beim Musikunterricht in den Bundesländern doch wohl keine ernsthafte Aufforderung an den Bund, deshalb auch nicht das zu tun, was im Rahmen seiner Kompetenzen möglich ist.

nmz: Was kostet die Gründung des Trägers der Initiative Musik?
Kampeter: Das müssen sie den Gründungsgeschäftsführer fragen. Aber sie können sicher sein, dass dafür nur das unbedingt Notwendige investiert wird. Der Gründungsgeschäftsführer selbst arbeitet ohne Entgelt. Der Aufsichtsrat bekommt keinerlei Vergütungen. Die Initiative arbeitet schlank.

nmz: Denken Sie, dass durch die Initiative Musik der Musik ein größerer Stellenwert in den Creative Industries eingeräumt wird?
Kampeter: Der Bundeswirtschaftsminister hat in der vergangenen Woche die Kreativwirtschaft zum Gegenstand seiner Haushaltsrede gemacht. Sie bringt genauso viel Umsatz wie die deutsche Stahlindustrie. Die politische Wahrnehmung hat sich erweitert. Was wir nicht wollen, ist ein „Bundesjazzbeauftragter“ – Musik soll nicht bürokratisiert werden. Die Kreativität soll im Mittelpunkt stehen.

Das Gespräch führte Andreas Kol

Social Bookmarking
Bookmark bei: Mr. Wong Bookmark bei: Webnews Bookmark bei: Linkarena Bookmark bei: Newskick Bookmark bei: Newsider Bookmark bei: Folkd Bookmark bei: Yigg Bookmark bei: Digg Bookmark bei: Del.icio.us Bookmark bei: Reddit Bookmark bei: Slashdot Bookmark bei: Netscape Bookmark bei: Yahoo Bookmark bei: Google Bookmark bei: Technorati Bookmark bei: Newsvine Bookmark bei: Ma.Gnolia Information

| top | nmz-start | kontakt |
| aktuelle ausgabe | kulturinformationszentrum | archiv/suche | abonnement | leserbrief |
| © 1997-2008 by neue musikzeitung und autoren | Impressum | Alle Rechte vorbehalten |