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nmz-archiv
nmz 2007/11 | Seite 42
56. Jahrgang | November
Rezensionen-CD
Zeitgenossenschaft
Edition der Streichquartette von
Johannes Brahms:
Streichquartett c-Moll, op. 51,1; Friedrich Gernsheim: Streichquartett
a-Moll, op. 31; Mandelring Quartett; audite 97.503
Streichquartett
B-Dur, op. 67; Heinrich von Herzogenberg: Streichquartett g-Moll,
op. 42,1; Mandelring Quartett; audite 97.504
Streichquartett a-Moll,
op. 51,2; Felix Otto Dessoff: Streichquartett F-Dur, op. 7; Mandelring
Quartett;
audite 97.505
Generations-Angehörige innerhalb einer Epoche bilden, auch
wenn sie ohne gegenseitigem Kontakt bleiben, Zeitgenossenschaften.
Deren sich aktuell oder später auswirkende Gemeinsamkeiten
und substantielle Abweichungen führen zu oft überraschend
aufschlussreichen Betrachtungsansätzen.
Das Mandelring Quartett
bietet auf drei CDs den Vergleich der drei Brahms-Streichquartette
mit gleichbesetzten Werken an, die
nicht
nur im Schatten des komponierenden Wieners aus Hamburg entstanden
sind, sondern deren Autoren Brahms auch verehrungsvoll-freundschaftlich
verbunden waren. Brahms und die drei jüngeren Kollegen,
von denen einer sogar vor ihm starb, waren alle aktiv in das
Musikleben
ihrer Zeit eingebunden, Brahms bevorzugt als freier Komponist.
So interessiert unter der Prämisse der Zeitgenossenschaft
mit Brahms die Sicht auf Dessoff, Gernsheim und Herzogenberg
besonders. Dessoff, Gernsheim und – noch am wenigsten – Herzogenberg
sind heute so gut wie vergessen. Die meisten werden auf die drei
aufmerksam werden durch die hier vorgelegten Einspielungen ihrer
Quartette. Sie an Brahms’ Quartetten zu messen, lässt
einen Mangel an Fairness entstehen. Denn eines ist unumwunden
zuzugestehen: Ohne die Existenz von Brahms würden die drei
(wie übrigens
auch der im Gegensatz zu diesen sehr bekannte Max Bruch auf seine
Weise) vollgültig bestehen und den Zeitstil ohne Abstriche
repräsentieren. Aber an Brahms, gar an seinen Streichquartetten,
führt kein Weg vorbei, was diese Einspielungen beklemmend
verdeutlichen. Blendet man diesen Aspekt dagegen aus, wird der
Weg frei für ein gerechteres Hören (denn Vergleiche
mit Giganten sind immer ungerecht!). Dann ergeben sich viele
originäre
Eindrücke von Dessoff, Gernsheim und Herzogenberg, die sich
untereinander aufgrund ihrer differenzierten Arbeitsverfahren
und einfallsreichen Gestaltungsmethoden im übrigen auch
klar unterscheiden.
Eine in jeder Beziehung so reiz- wie verdienstvolle
Edition, nicht zuletzt dank der zupackenden und tief in die Texturen
eintauchenden Interpretationen durch das Mandelring Quartett.