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nmz-archiv
nmz 2007/11 | Seite 28
56. Jahrgang | November
Jeunesses Musicales Deutschland
Einsatz für die Verwirklichung von Träumen
Detlef Hahlweg – ein Ideenträger für Jugendorchester
Erfolgreich und mit großer internationaler Beteiligung findet
seit einigen Jahren im Konzerthaus Berlin das jährliche Jugendorchester-Sommerfestival „Young
Euro Classics“ statt. Events wie dieses gehörten zu
den Träumen der 70er- und 80er-Jahre, die wir uns in der damals
ins Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaft Jugendorchester (AGJO)
der JMD noch gar nicht auszudenken trauten.
Anfangs dachten wir an die Möglichkeit, dass Musikstädte
wie München, Hamburg, Bonn, Stuttgart oder Berlin auf kommunaler
Ebene vielleicht einmal Jugendorchester-Reihen anbieten sollten.
Der Weg dahin aber würde zunächst schwierig sein; viele
Vorurteile wären zu überwinden, und zunächst war
vor allem ein Bewusstsein dafür zu wecken, auf welch hohem
Leistungsniveau auf überregionaler oder internationaler Ebene
arbeitende Jugendorchester zu konzertieren imstande waren, selbst
im direkten Vergleich mit den Profiorchestern der Städte und
Konzerthäuser. Heute ist das allgemein bekannt; schließlich
haben sich aus den Landes- und Bundesjugendorchestern von damals
so namhafte Klangkörper entwickelt wie die Junge Deutsche
Philharmonie, das Ensemble Modern oder das Europäische Jugendorchester,
um nur diese zu nennen. Weniger allerdings denkt man noch an diejenigen,
die sich für die Verwirklichung solcher Träume mit all
ihrer Zeit und Kraft derart einsetzten, dass das heute so ist.
Detlef Hahlweg war so einer, und er war es beharrlicher und auch
erfolgreicher als viele andere. 1976 eine AGJO zu gründen
war eigentlich ganz einfach. Für das zusammen mit Hans-Joseph
Menke auf der Basis der in der Gründerzeit vieler überregionaler
und Landesjugendorchester gesammelten Erfahrungen formulierte Aktionsprogramm
von guten 20 Punkten waren in den zuständigen Gremien eigentlich
nur noch offene Türen einzurennen.
Von allen Seiten kam Zuspruch, und das umso ermunternder, als
allen Beteiligten klar war, dass es nun darum ging, alle diese
Punkte
auch in die Tat umzusetzen. Das aber bedeutete langfristige Arbeit
und damit auch ein Festhalten an der Sache, welches gerade da so
schwer ist, wo auf Dauer Angelegtes eben noch nicht personell gesichert
ist. Oft sprachen wir gerade dann von „manpower“, wenn
sie fehlte, und wir waren sehr erleichert, als sich Detlef Hahlweg
der Realisierung dieses Aktionsprogramms annahm. Voll und ganz,
wie es seine Art war. Schon bald war eine zwar nebenberufliche,
aber funktionierende Geschäftsstelle eingerichtet, zunächst
in Münster, später im Weikersheimer Generalsekretariat.
Steigende Beitrittszahlen immer neuer Jugendorchester zeigten,
dass man auf dem richtigen Wege war. Die Betreuung dieser neuen
korporativen Mitglieder aber schulterte zunächst wieder Detlef
Hahlweg selbst.
Daneben nahm Hahlweg Anfang der 1980er-Jahre engagierten und effektiven
Anteil an den Debatten über die anstehende Novelle des Urheberrechtsgesetzes,
eine Milderung des Kopierverbots für die Probenzwecke in Ausbildungssituationen
fordernd, (vor allem bei reversgebundenen Orchestermaterialen,)
verhandelte mit dem Deutschen Musikverlegerverband bis zum Abschluss
eines auf die Bedürfnisse von Jugendorchestern zugeschnittenen
Rahmenvertrags und – vor allem – trug er entscheidend
dazu bei, dass die-se Themen öffentlichen wurden.
Auch mit der GEMA verhandelte Hahlweg über die damals gerade
reformierte Tarifstruktur, machte immer wieder mit jenem ganz ruhig
bleibenden Nachdruck, die zu den Aktiva seiner Persönlichkeit
gehörte, Problemlagen und Desiderate deutlich — auch
hier mit bewundernswerter Unbeirrtheit in der Sache.
Ein Langzeitprojekt, das er ebenfalls ausdauernd weiterverfolgte
und wachsen ließ, war das schon im ersten Aktionsprogramm
geforderte Handbuch Jugendorchester: eine umfassende Arbeitshilfe
für alle wichtigen Fragen.Wir werden ihn vermissen, das kann
man sagen. Bemerkten wir, wie selten seine Person wahrnehmbar wurde,
ein Mensch, dessen Lebensplan persönliche Profilierung oder
Publizität einfach nicht vorsah? Man wäre froh, wenn
irgendetwas nach Detlef Hahlweg benannt würde. Ein Saal in
Münster vielleicht oder auch in Quito, ein Raum in der Weikersheimer
Bildungsstätte etwa oder besser noch ein Stipendium, ein Preis
für die schönste Programmidee oder für eine Konzertreihe
für Jugendorchester. Wo, wäre eigentlich egal.