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nmz-archiv
nmz 2007/12 | Seite 10
56. Jahrgang | Dez./Jan.
Cluster
Dummerle gesucht
Per Stellenanzeige sucht die Berliner Senatskanzlei für kulturelle
Angelegenheiten – Referat Vb – für das Konzerthaus
Berlin eine(n) Konzerthausdirektor/in. Eine Position weit oben
in der Kulturhierarchie. Man liest: Bewerbungsunterlagen können
nicht zurückgeschickt werden, es sei denn, man legt einen
frankierten Rückumschlag bei; die Reisekosten für ein
Vorstellungsgespräch trägt der Eingeladene natürlich
auch. Am besten bringt man sich also Bockwurst, Kaffee, Kuchen
und Sitzgelegenheit selbst mit. Musikalische Kenntnisse, erfährt
man, seien erwünscht, aber nicht Voraussetzung. Wichtiger
sind Betriebsführungskunst und, wie man textimmanent erkennt,
Leidensfähigkeit. Kasse statt Kunst, Kommerz statt Konzert.
Wer, bitte, nimmt so ein Jobangebot ernst? Doch nicht einmal ein
karrierebewusster Kulturmanagement-Lebensdauer-Praktikant. Verantwortlich
für diese Stellenausschreibung ist Berlins oberste Kultur-Nase
Klaus Wowereit. Denn, wir erinnern uns, Kultur wurde in Berlin
nach der letzten Wahl zur Chefsache. Leider, denn der Chef ist
ganz der typische Vertreter des Politikerprekariats: Große
Klappe, nichts dahinter. Der Vorgang ist eine Peinlichkeit für
diese Stadt. Er zeigt, wie sehr die Berliner Regierung die Künste
wirklich schätzt. Und es passt dazu nur zu gut, dass auch
die entsprechende Website der Stadt Berlin hier eine „Baustelle“ anzeigt.
Eine Abbaustelle, wenn man es genau nimmt. Was der regierende Chef
von Berlin hier in aller Gemütsruhe durchzieht ist die Umwandlung
der Berliner Kultur in „Wowi‘s Kulturreste-Rampe“.
Wer sich auf diesen Posten also bewirbt, disqualifiziert sich im
gleichen Moment oder hat reich geerbt – aber vielleicht sucht
man ja gerade so ein neureiches Dummerle.