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nmz-archiv
nmz 2007/12 | Seite 14
56. Jahrgang | Dez./Jan.
Kulturpolitik
Verantwortungsbereiche unzureichend abgegrenzt
Expertise zur fristlosen Kündigung des Direktors der Musikakademie
Hammelburg Grollmann
Am 22. Juni 2007 beschloss die Vorstandsschaft des Trägervereins
der Bayerischen Musikakademie Hammelburg einstimmig die fristlose
Kündigung des seit 1. Januar 2000 als Direktor der Musikakademie
wirkenden Hermann Grollmann. Am 29. Juni wurde die Kündigung
wirksam. Grollmann musste seinen Schreibtisch räumen und die
Schlüssel abgeben. Seither tobt in Hammelburg ein Konflikt
zwischen dem gekündigten Direktor und dem Vorsitzenden des
Trägervereins, Landrat Thomas Bold.
Die Gründe, die der Vorstand um den Vorsitzenden Landrat Thomas
Bold (Bad Kissingen) Grollmann für die fristlose Kündigung
genannt hat, halten wir in ihrer Absurdität für lesenswert,
so dass wir sie im Folgenden gekürzt abdrucken:
Grollmann habe sich „persönlich bereichert“,
weil er seine persönliche Mitgliedschaft beim
Musikverband Jeunesses Musicales Deutschland (JMD) von der Akademie
habe bezahlen
lassen.
Grollmann habe sich ebenfalls „persönlich
bereichert“,
weil er ein Zeitungsabonnement der „Saale-Zeitung“ und
des „Sonntagsblatts“ auf Kosten der Akademie zu sich
nach Hause schicken ließ. Weiter wurden Grollmann Kompetenzverstöße
vorgeworfen, die sich aus der Grundordnung (Satzung) der Akademie
ergeben würden.
Der Vorstand wirft Grollmann vor, er
halte sich nicht an arbeitgeberseitige Weisungen, weil er unerlaubterweise
vor der Akademie geparkt
habe, obwohl er dort nur zum Be- und Entladen hinfahren dürfe.
Die Urteilsbegründung lag wegen einer Erkrankung beim Arbeitsgericht
Schweinfurt bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Das Gericht hatte
aber bereits Mitte November die Kündigung des Direktors Hermann
Grollmann für nichtig erklärt, zugleich aber einem Auflösungsantrag
mit einer Abfindung von 35.000 Euro zugestimmt. Der wahre Kündigungsgrund
liegt weiterhin im Dunkeln. Der Verdacht, der sich dem Beobachter
aufdrängt, dass die Bayerischen Musikakademien zukünftig
ohne künstlerische Direktoren betrieben werden sollen, bestätigte
sich im Fall Hammelburg nicht. Die Stelle ist bereits wieder ausgeschrieben.
Grollmann wendet sich jetzt mit einem Offenen Brief an den Ministerpräsidenten
Günther Beckstein. Wir zitieren aus diesem Brief: „Eine
Expertise vom 24. August 2007 ‚zu den Grundsätzen und
der Grundordnung der Bayerischen Musikakademie Hammelburg‘ durch
den renommierten Würzburger Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Wolfgang Baumann kommt zu dem Schluss, dass ‚schwerwiegende
Verstöße gegen das Satzungsrecht‘ vorliegen und ‚die
Praxis nach der Grundordnung in jedem Fall rechtswidrig ist.‘“
Der Schluss der Expertise lautet: „Rein arbeitsrechtlich
bedeutet diese Situation, dass wegen der Grundordnung die Verantwortungsbereiche
völlig unzureichend abgegrenzt sind und niemandem in der Bayerischen
Musikakademie Hammelburg klar sein konnte, wer nun für welche
Entscheidungen zuständig war beziehungsweise wer beteiligt
werden musste. Es ist verwunderlich, dass die Bayerische Musikakademie
Hammelburg dennoch funktioniert hat. Keinem der Verantwortlichen
der BMH kann aus irgendwelchen unklaren Verhaltensweisen und geringfügigen
Kompetenzüberschreitungen ein Vorwurf gemacht werden.“ ?
ak