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Ausgabe 2007/12
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nmz 2007/12 | Seite 7
56. Jahrgang | Dez./Jan.
Magazin

Sie merken, wir senden live!

C. C. Stechbart inszeniert ein Live-Musikfeature auf Bayern 2

Das Feature ist sicherlich die Königsdisziplin für Hörfunkautoren. Für kein anderes Format, ausgenommen das Hörspiel, muss so viel Arbeit investiert, muss so viel recherchiert und vorbereitet werden wie für ein einstündiges Feature, bei dem Autorentext, O-Töne, Schauspielszenen und Musik zu einem dramaturgisch durchkomponierten Ganzen verschmelzen. Ein Aufwand, der es Autoren und Hörfunkregisseuren nicht erlaubt, solch ein Hörstück in einer Live-Situation zu produzieren. Möchte man zumindest meinen, denn der Regisseur Christoph C. Stechbart hat es trotzdem versucht. Mit seinem „on air“ produzierten Musik-Feature „Durch Existenzkrise zur Schaffenskraft – Aus dem Leben des Herrn Rachmaninow“ für den Bayerischen Rundfunk hat er gezeigt, was mit ein wenig Mut und professioneller Vorbereitung im Medium Radio möglich ist.

Es klappt fast alles perfekt. Die Schauspieler beherrschen ihre Dialoge, der Sprecher liest fehlerfrei. Ausgerechnet auf der Zielgeraden passiert es dann: Drei Minuten vor Schluss fehlt dem Sprecher plötzlich das letzte Blatt seines Manuskripts. Offenbar ist es bei den Vorbereitungen verloren gegangen. Nach einem Moment der Ratlosigkeit geht man zu Plan B über: „Sie merken, liebe Hörer, wir senden live ...“. Ein Einspieler wird abgefahren, ein alternatives Ende abgesprochen.

Bis dahin hat Stechbart ein sehr dichtes Bild von Sergej Rachmaninows Leben entworfen, in dem der musikkritische Gegenwind oft heftig wehte. Diese Dichte wird nicht zuletzt durch den regen Wechsel von Autorentext und live gespielten Szenen erreicht, in denen Rachmaninow im Dialog mit Zeitgenossen zu hören ist.

Auch das für Features ungewöhnliche Telefoninterview findet Platz in dieser „on air“-Produktion. Das macht das Hörstück weniger poetisch, dafür aber griffiger und informativer, und es fördert den Eindruck des gemeinschaftlichen Erlebens. All das könnte man auch, wie sonst üblich, in Ruhe produzieren, ohne dass man Versprecher und Technik-Ausfälle fürchten müsste. Warum also tut sich Stechbart diese Live-Produktion an?

Es geht ihm um eine Rückbesinnung auf die Urform des Radiomachens. Ein Anklang an Zeiten, in denen Radio noch live im Studio gemacht wurde und Klänge nicht von Sounddateien sondern von Geräuschemachern kamen. Die Spannung, unter der die Akteure stehen, weil sie wegen der direkten Übertragung nicht scheitern dürfen, soll sich unmittelbar auf den Hörer übertragen und damit eine lebendige Atmosphäre geschaffen werden. In etwa vergleichbar mit einer Theaterproduktion, die auf DVD selten die Intensität erlangt, die sie vielleicht auf der realen Bühne noch gehabt hat, wo die Schauspieler nur einen Versuch hatten, das Publikum zu überzeugen.

Dieser Ansatz erfordert eine noch genauere Vorarbeit und sorgfältigere Bearbeitung der Inhalte, als sie beim vorproduzierten Feature schon stattfindet. Texte müssen so organisch geschrieben sein, dass kein Akteur ins Stolpern gerät, die Bausteine so vorausschauend geformt sein, dass auch eine plötzliche Umstrukturierung im Falle einer Panne noch ein sinnvolles dramaturgisches Gefüge ergibt, denn eine Nachbearbeitung nach dem Motto, „Das schneiden wir dann raus!“, ist nicht möglich. Routine und Sicherheit im Umgang mit dem radiospezifischen Handwerkszeug ist bei dieser Arbeitsweise unerlässlich und es liegt nahe, dass Stechbart mit dem Live-Musikfeature diese Herausforderung gesucht hat.

In jedem Fall hat er damit einen erfolgreichen Versuchsballon gestartet, der durchaus geeignet scheint, das Format Feature neu zu beleben. Den einen oder anderen Ausfall kann der Hörer dabei sicherlich verschmerzen. Bei einer Fußballübertragung schaltet man schließlich auch nicht gleich ab, nur weil Waldi gerade nicht weiß, in welche Kamera er sprechen soll.

Jörg Lichtinger

 

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