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nmz-archiv
nmz 2007/12 | Seite 52
56. Jahrgang | Dez./Jan.
Rezensionen-CD
Killers, Angels und andere Songwriter
Neue Popmusik zwischen November und Dezember
Schönes Geschenk, das The Killers, diese „James-Dean-Gedächtnis-Kapelle“ aus
Las Vegas, da vorweihnachtlich ausliefern. „Sawdust“ nennt
sich das Album und vereint Raritäten wie B-Seiten. Songs,
die es während der Aufnahmen zu den Alben „Hot Fuzz“ und „Sam’s
Town“ nicht in die Auswahl schafften, darf man nun behören.
Unbedingt hörenswert weil brüchig, schmerzend und ungeschminkt:
Das Dire Straits Cover „Romeo and Juliet“ sowie eine
abgespeckte Version von „Sam’s Town“. Beide mit
Weicheigitarren und zittrigem Klavier gespielt und von Brandon
Flowers Herz zertrümmernd rezitiert. Der Mann kann auch ohne
Effekthascherei achtbar singen (www.thekillersmusic.com).
Dass es von der US-Band Angels and Airwaves tatsächlich noch
ein Album geben könnte, das war nicht zu vermuten. Aber siehe
da, die Musikgenossenschaft um Tom Delonge, den früheren Blink
182-Songschreiber, hat sich zum Album Nummer zwei zusammengefunden.
Nicht, dass das erste Album schlecht war. Es dauerte nur einige
Monate, bis sich die ätherischen, aber sperrigen Songs aus
der Ecke der Unbeachtung drückten. Diesmal ist es anders. „I-Empire“ hat
schöne Strukturen, tendiert Richtung Romantic-Rock, und ist
damit melodiös und oft ein wenig mit Bands wie Dashboard Confessional
verwandt. Noch dazu ist man barmherzig und geht bedächtig
mit den Gitarren um, womit sich das Album desgleichen als Begleitmusik
zum Heiligen Abend empfehlen lässt. Herzlich Willkommen in
der Welt der Erwachsenen, Tom Delonge (www.angels-andairwaves.com)!
Mit der britischen Stadt hat die österreichische Band Everton
wenig am Hut. Ihr Album „Floorsleepers“ setzt auf Verständigung
durch rockige Dynamik. In melancholische Melodien brechen laute
Gitarren. In klagende Gesänge preschen monströse Drums.
Das alles kommt rechtschaffen und aus einem Guss. Als hätten
sie das Album in Originalzeit eingespielt. Zudem vermag die Musik
von Everton Bilder beim Hörer zusammenzufügen. Wenn es
gegenwärtig einen Soundtrack zum Autofahren in elenden Schneenächten
zu empfehlen gäbe, darf man beherzt auf Everton verweisen.
Wer Autofahren schon immer mal mit seiner Lebensbeichte verbinden
wollte, bitteschön (www.everton.at).
Mark Olson war Gründungsmitglied der Jayhawks. Er stieg 1996
aus, trödelte ein wenig herum und hat es 2007 geschafft, sein
erstes richtiges Soloalbum „The Salvation Blues“ fertig
zu stellen. Hat sich gelohnt. Folkrock, Countryklagen und Blueshymnen
verschmelzen unter Mark Olsens barmender Stimme zu einer faszinierenden
Songwriter-Glocke. Begleitet wird seine Stimme von unaufdringlichen
Steelgitarren (wahrlich eine Kunst) und spannenden Geschichten über
die Liebe, das Leben und wahrscheinlich Mark Olson selbst. Als
Starthilfe für jene, die sonst Schwierigkeiten haben, einfach
mal los zu flennen (www.myspace.com/mark-olsonmusic).
Del Amitri, die schottische, für ihre smarten Melodien nicht
unbekannte Popband, muss für eine Zeitlang auf ihren Songschreiber
und Sänger Justin Currie verzichten. Der ist gerade solo unterwegs
und stellt sich die zentrale Frage: „What is love for?“ Um
jene zu beantworten, hat er sich ein ganzes Album Zeit genommen.
Leider verpufft die Vorfreude auf dieses Album in unendlichem Pathos.
Justin Currie hat ein paar Mal zu viel in den Schmalztiegel gegriffen
und insgesamt elf belanglose Popnümmerchen zusammen geschustert.
Musik, die im Pendler-Radioprogramm zwischen sechs und acht Uhr
abends überhört
werden wird. Schade (www.myspace.com/justincurrie).
Dass leise laut sein kann, beweisen Wemakemusic* aus Österreich.
Cornelia Liebhart und Christian Benedikt gehören der akustischen
Popbewegung an, sind aber deswegen keine Leisetreter. Ihre Songs
werden durch Inhalte laut. Ein wenig Gitarre, Piano und Schlagzeug.
Dazu wohl überlegter, schmeichelnder, oft zweistimmiger Gesang,
dem man ab und an noch ein paar Streicher verpasst. Hübsch
(www.wemakemusic.cc).
Sven Ferchow
Diskographie
The Killers – Sawdust (16.11.2007, Universal)
Angels and Airwaves – I-Empire (2.11.2007, Geffen)
Everton – Floorsleepers (November 2007, Austro Mechana)
Mark Olson – The Salvation Blues (16.11.2007, Ryko)
Justin Currie – What is love for (9.11.2007, Ryko)
Wemakemusic* – In A Living Room (2.11.2007, Broken Silence)