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nmz-archiv
nmz 2007/12 | Seite 37
56. Jahrgang | Dez./Jan.
Arbeitskreis
Musik in der Jugend
Bewegte Tour
Chorleiter auf Studienreise
Sie sind kompetent und kennen ihr Handwerk, sie sind neugierig
und aufgeschlossen, sie freuen sich über Anregungen, sie genießen
es, mal nicht vorn zu stehen, sondern im Hintergrund zu beobachten
und genau hinzuhören, sie machen sich Notizen und – mit
am allerwichtigsten – sitzen am Abend beim Wein zusammen
und reden über alles Gehörte und Gesehene. Es sind Chorleiter
auf einer Study-Tour.
Eine Study-Tour – was ist das denn? Nicht nur Laien fragen,
was dieses „neudeutsche“ Wort bedeutet, auch Musiker,
Chorleiter und Sänger wissen es nicht immer recht einzuordnen.
Die Chorleiter von Europa Cantat oder ähnlichen Festivals
wissen allerdings Bescheid. Beim
EUROTREFF 07 in Wolfenbüttel wurde zum ersten Mal so ein – auf
Deutsch – Studienrundgang mit in das Programm einbezogen,
das diesmal den Schwerpunkt „Chor bewegt“ hatte.
Zwei Vorstandsmitglieder, beide engagierte Chorleiter und -festival-Besucher
stellten sich ehrenamtlich als Leitung zur Verfügung. Was
hat es nun mit dieser Study-Tour – der englische Titel macht
ja doch mehr her! – auf sich? Es wurden Chorleiter angesprochen,
an allen Workshops des EUROTREFFs teilzunehmen, die der Öffentlichkeit
sonst nicht zugänglich sind. Sie konnten mit den Workshop-Leitern
und mit den Chören sprechen, sich austauschen, Kontakte knüpfen
und natürlich - abgucken! Einmal nicht für alles verantwortlich
sein, sondern sich in dem für sie bekannten und meist schon „abgehangenen“ Chorgeschäft
treiben zu lassen und viele neue Ideen mit nach Hause zu nehmen:
Das war für alle bereichernd, wichtig und auch entspannend
(alle Teilnehmer bekamen reservierte Plätze für alle
Konzerte).
Nina Schoeneck und ich hatten die Leitung dieser zehn-köpfigen
Gruppe. Auch hier kamen viele Kilometer zusammen: aus dem tiefsten
Bayerischen Wald, aus Augsburg, dem Rheinland, Sachsen und aus
Niedersachsen. Mit Kirchenmusikern, Musiklehrern aller Art, Stimmbildnern
und freien Chorleitern war die Gruppe lebendig gefüllt.
Wir entschieden uns nach einem Aufwärm-Kennenlernen im feinen
Schloss Wolfenbüttel für einen autoritären Anfang
der Tour („wir sagen an, wo es lang geht und alle kommen
mit!“), weil auch für die entsprechenden Shuttles gesorgt
werden musste. Wir ließen die Gruppe aber dann natürlich „frei“ laufen,
so dass jeder entscheiden konnte, wann und wie lange er bei den
einzelnen Workshops bleiben wollte. Manchmal konnte man sich im
vollen Zelt beim Mittagessen treffen, manchmal sah man den einen
oder anderen auch in der schönen Fachwerkstadt Wolfenbüttel
beim Cappuccino ausruhen. Spät abends nach den Konzerten machten
wir jeweils einen anderen „Lokaltermin“ aus, um über
alles zu sprechen. Keiner „seilte sich ab“ oder zeigte
sich uninteressiert. Die Lust und das Interesse am Zuhören
und Mitnehmen aller Erfahrungen war groß.
Nach dem fulminanten Abschlusskonzert in der Lindenhalle, bei
dem wirklich „der Bär tobte“, trafen wir uns zum Abschluss-Feedback
in einer „gemütlichen Abstellkammer“, wie es ein
Teilnehmer etwas abfällig nannte. Unprogrammgemäß konnten
wir nur dieses Provisorium benutzen, weil alle anderen Räume
von glücklichen, verschwitzten und tobenden Jugendlichen besetzt
waren, ehe dann fast alle 700 Teilnehmer aus 18 Ländern eine
riesige Tanz-Disco-Abschiedsparty an ihrem Auftrittsort in der
Lindenhalle feierten!
Ich denke, dass sich die Study-Tour gelohnt hat. Die Stimmung
war gut, das Interesse groß, ebenso die Bewunderung für
eine solche Veranstaltung, die inhaltlich und organisatorisch gelungen
war. Zum EUROTREFF 09, der vom 9. bis 13. September 2009 in Wolfenbüttel
stattfinden wird, kann ich die Study-Tour allen interessierten
Musikern empfehlen und lade herzlich dazu ein!