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2007/12 | Seite 30
56. Jahrgang | Dez./Jan.
Deutscher Musikrat
Zeichen wiedererstarkten Vertrauens
Der kaufmännische Geschäftsführer Norbert Pietrangeli über
die DMR-Projektgesellschaft
Norbert Pietrangeli ist seit 2003 kaufmännischer Geschäftsführer
der „Deutscher Musikrat gemeinnützige Projektgesellschaft
GmbH“. Gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter Dr. Peter
Ortmann verantwortet Pietrangeli derzeit 16 Projekte. Aus der Industrie
kommend, brachte er eine Reihe von Ideen und Neuerungen mit, die
das Vertrauen der Förderer in die Projektgesellschaft inzwischen
enorm stabilisiert haben. Über Erfahrungen, Eindrücke
und Perspektiven sprach der gebürtige Rheinländer mit
Susanne Fließ.
Susanne Fließ: Seit 2003 sind Sie Geschäftsführer
der Projekt GmbH. Haben Sie im Musikrat Strukturen vorgefunden,
die Ihnen aus vorigen Berufspositionen geläufig waren? Norbert Pietrangeli: Ich kam nach 25-jähriger Tätigkeit
aus der Industrie und war an klare Ziele und deren gemeinsame Umsetzung
gewöhnt. In meiner neuen Position erlebte ich zum ersten Mal,
wie schwierig es ist, Partikularinteressen unter einem Dach zu
vereinen und einheitlich auszurichten. So gehörte die Herstellung
eines gemeinsamen öffentlichen Erscheinungsbildes für
die Projekte zu den vordringlichsten Aufgaben, beginnend mit der
Gestaltung eines entsprechenden Internetauftritts und der Entwicklung
von Richtlinien für ein Corporate Design.
Fließ: Welche Qualitäten haben Sie mitgebracht, um den
Musikrat zu leiten? Pietrangeli: Beruflich hat mich stets das Anforderungsprofil
des Controllers als kaufmännischem Generalisten geleitet. Er motiviert,
gestaltet inhaltlich und ist das kaufmännische Gewissen des
Unternehmens. Dazu gehört auch ein ausreichendes Maß an
Konfliktfähigkeit. Beim Projektcontrolling liegt innerhalb
der Planung, Steuerung und Überwachung des Unternehmensgeschehens
der Schwerpunkt in der Maßnahmenumsetzung und Maßnahmenbegleitung.
Als aktuelles Beispiel nenne ich die Deutsch-Polnische Musikbörse,
einem Internetauftritt auf bilateraler Ebene. Hier stehen wir vor
der schwierigen Situation, nach Auslaufen der Anschubfinanzierung
mit deutlich weniger Geld die Leistung weiter zu erbringen. Gleichzeitig
steht aber unser Anspruch im Raum, die bilaterale zu einer europäischen
Musikbörse weiterzuentwickeln.
Fließ: Interessiert Sie eines
der Projekte ganz besonders? Pietrangeli: Im Moment und je nach Zählweise gibt es unter
dem Dach des Deutschen Musikrates 16 Projekte. Meine Aufgabe bedingt
es, mich allen Projekten in gleicher Weise zu widmen. Ich gebe
jedoch gerne zu, dass mir der Jugendbereich besonders am Herzen
liegt. Aber auch der Deutsche Chorwettbewerb und der Deutsche Orchesterwettbewerb
wie das Laienmusizieren sind von überragender musikkultureller
Bedeutung. Sie sind die musikalische Basis, und durch sie erreichen
wir die Aufmerksamkeit, die erforderlich ist, um auch unsere Spitzenförderung
im professionellen Bereich wie den Deutschen Musikwettbewerb oder
das Dirigentenforum platzieren zu können. Wenn Sie mich nach
meiner persönlichen Vorliebe fragen, so liegt sie im Bereich
der Popularmusik. Ich gehöre einer Generation an, die mit
den Beatles und den Rolling Stones aufgewachsen ist und fühle
mich diesem Lebensgefühl bis heute sehr verbunden.
Fließ: Das Zentrum der Projekt
GmbH ist die Zentrale Verwaltung. Pietrangeli: Im Moment besteht die Zentrale Verwaltung
aus sieben Mitarbeitern, die alle schon bei meinem Antritt 2003
da waren.
Es ist niemand gegangen und niemand hinzugekommen.
Diese Mitarbeiter haben zum Teil auch andere Strukturen im Musikrat
erlebt, ihr Engagement und ihr Fachwissen sind mir eine große
Stütze. Es ist dieser Teamarbeit zu verdanken, dass wir den
kaufmännischen Bereich erfolgreich weiterentwickeln konnten.
Aber auch darüber hinaus bringt sich die Zentrale Verwaltung
ein, etwa bei der Öffentlichkeitsarbeit oder bei unserem „Förderertag“,
mit dem wir vor drei Jahren begonnen haben. Nicht zu vergessen,
dass hier im Karneval die Hochburg des Musikrates ist.
Fließ: Wer sind die Förderer für die Durchführung
der Projekte? Pietrangeli: Jeder, der fördert, hat es verdient, genannt
zu werden. Von zentraler Bedeutung für unsere Projekte ist
aber zweifellos der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur
und Medien. Aus dem Hause von Kulturstaatsminister Bernd Neumann
kommen rund 42 Prozent des Gesamtbudgets. Unbedingt zu nennen sind
auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend und die Kulturstiftung der Länder. Bei der Finanzierung
von Wettbewerben sind auch die jeweiligen Bundesländer und
Kommunen unterstützend dabei. Hinzu kommen Drittmittel aus
der Privatwirtschaft, so fördert die Sparkassen-Finanzgruppe „Jugend
musiziert“ in ganz erheblichem Maße, weiter ist als
Förderer für das Bundesjugendorchester und das Bundesjugendjazzorchester
Daimler zu nennen.
Fließ: Wie hängen die Projekt GmbH und der Vereinsteil
des Deutschen Musikrates zusammen? Pietrangeli: Der Deutsche Musikrat hat einerseits
die Aufgabe, musikpolitische Interessen wahrzunehmen. Das geschieht über
den DMR e.V. Ohne die Unterstützung und den Sachverstand der
aus den Mitgliedsverbänden kommenden Projektbeiräte wäre
der Erfolg unserer Projekte nicht möglich.
Den wichtigen und ständigen Kontakt zur Politik stellt der
Verein her, und die Projekte profitieren davon. So können
wir uns auf das Musikschaffen konzentrieren, ohne zusätzliche
Aufgaben wahrnehmen zu müssen.
Fließ: Glauben Sie, dass
die aktuelle Struktur geeignet ist, den Musikrat auf Dauer zu stabilisieren? Pietrangeli: Davon bin ich zutiefst überzeugt. Wir haben ein
professionelles Kostenmanagement, eine funktionierende Finanzmittelsteuerung,
wir haben jederzeit den Überblick über unser betriebswirtschaftliches
Ergebnis und können so kurzfristig gegensteuern.
Fließ: Nicht zuletzt, weil Ihre Arbeit
und Ihre Person auf die Förderer vertrauensbildend wirken. Pietrangeli: Es ist immer schön, Vertrauen zu spüren.
Ein Zeichen wieder- erstarkten Vertrauens war 2007 der Auftrag
der Bundesregierung, mit uns im Rahmen der europäischen Ratspräsidentschaft
die „Europäische Ensemble-Akademie“ als musikalisches
Geschenk Deutschlands an Europa zu veranstalten. Dafür stellte
die Kulturstiftung des Bundes uns ein Budget von 700.000 Euro zur
Verfügung und innerhalb von anderthalb Monaten bewältigten
wir das Projekt mit 60 Musikern aus drei Ländern, mit Auftritten
in neun europäischen Städten höchst erfolgreich.
Solch ein Vertrauen zu erhalten und womöglich weiter auszubauen,
ist neben der Weiterentwicklung der Produkte und der Sicherung
der Arbeitsplätze die wichtigste Aufgabe der Geschäftsführung
eines gemeinnützigen Unternehmens.
Fließ: Damit haben Sie bereits den Wunsch
für die kommenden
Jahre formuliert. Pietrangeli: Der Deutsche Musikrat mit seinem
Stammhaus in Bonn blickt auf eine mehr als fünfzigjährige Tradition zurück,
die durch substantielle Beiträge zur musikalischen Bildung
aller Bevölkerungsschichten und durch musikalische Leuchttürme
geprägt ist. Wenn es unser Ziel und unser Auftrag ist, in
enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern die Musikkultur in Deutschland
zu befruchten, müssen wir uns ständig der Aufgabe stellen,
Bewährtes und Neues in höchster Qualität abzuliefern.
Ich war viele Jahre in Unternehmen tätig, die hochwertige
elektronische Messgeräte oder komplexe Software erstellten,
und auch wenn dies Premium-Produkte in ihrem Segment sind, so sind
im Vergleich dazu die Projekte des Deutschen Musikrates wirklich
unvergleichlich und einzigartig.