Fast jeder Musiker hat schon von der Suzuki-Methode der Instrumentalpadägogik
gehört und assoziiert diese meist mit Bildern von Violinensem-bles
japanischer Kinder im Vorschulalter. Meist schon nicht mehr bekannt
ist, auf welchen pädagogischen Grundsätzen die Methode
aufbaut, dass sie nicht nur bei Streichinstrumenten sondern auch
beim Klavier äußerst erfolgreich ist, und dass sie auch
in Deutschland seit Jahrzehnten von einer aktiven und wachsenden
Schar von Musikpädagogen praktiziert wird.
Am Wochenende 6./7. Oktober wurde der erste in München stattfindende
Deutsche Suzuki-Klavierworkshop vom Landesverband Bayerischer Tonkünstler
ausgerichtet. 27 teilnehmende Kinder im Alter von 3 bis 14 Jahren
mit ihren Eltern hatten im Steinway-Haus München zwei Tage
lang Spaß am Musizieren, und zahlreiche als „Kiebitze“ eingeladene
Musiklehrerinnen und Musiklehrer aller Fachrichtungen sahen hautnah
den Fokus der Suzuki-Methode auf spielerischem Musikerleben und
Gehörentwicklung.
Das Programm war gleichermaßen anspruchsvoll und kindgerecht:
Am Anfang stand ein Konzert des Musikkabarettisten und Steinway-Künstlers
Joja Wendt. Mit höchst virtuosen eigenen Arrangements aus
verschiedenen Musikrichtungen ein Genuss für den Hörer,
aber auch sehr sympathisch im Umgang mit den Kindern, die er sogar
stellenweise in die Aufführung mit einbezog. Aus Sicht der
Kinder ein höchst motivierender Einstieg: Musik wird von tollen
Leuten gemacht, und wir können mitmachen!
Spielerischen Zugang zu Rhythmus und Harmonie eröffneten die
Gruppenstunden: Das „Weitergeben“ geklatschter Rhythmen
im Ring macht Spaß und schult die Fähigkeit zum gemeinsamen
Musizieren, das Springen unterschiedlicher Figuren zu Tonika, Dominante
und Subdominante eines gespielten Kinderliedes verschafft Bewegung
und schult das Harmonieempfinden. Unterschiedlichste Spiele ermöglichen
auch den jüngsten Kindern spielerischen Zugang zu musiktheoretischen
Lerninhalten und zum Notenlesen.
Zwei international renommierte Suzuki-Klavierpädagogen, Grant
Mead und Ruth Miura, waren speziell für den Einzelunterricht
aus London und Brüssel angereist: Intensivbetreuung für
jeweils vier Kinder vergleichbaren Fortschritts im Turnus einer
Viertelstunde. Scheinbar nicht viel, aber die Lernintensität
ist hoch, da grundsätzlich am auswendig beherrschten Repertoire
der Kinder gearbeitet wird – welches wenige, aber dafür
umso gründlicher erlernte Stücke umfasst, zum Beispiel
bei Anfängern oft nur eine Hand eines Kinderlieds.
Die bisweilen unterstellte Überforderung der Kinder ist daher
nicht zu befürchten. Ganz im Gegenteil behauptete Shinichi
Suzuki sogar, dass das Erlernen des Instrumentenspiels vor allem
durch die stete Verbesserung der Technik über bewusstes Hören
des Klangergebnisses erfolgt Überforderung entsteht in dieser
Sichtweise eher dann, wenn man selbst Anfängern gleichzeitig
noch den hochkomplexen Vorgang des Notenlesens abverlangt!
Die Räume waren voll im „Einzelunterricht“: Vier
Kinder, davon ein gerade spielendes, Eltern und Beobachter. Das
gewöhnt die Kinder an das Spielen vor anderen und lässt
Aufrittsängste und Lampenfieber gar nicht erst entstehen.
Vor allem aber sind die Eltern die zweite Zielgruppe des Unterrichts:
Das allzu häufige Phänomen, dass zwischen den Stunden
planlos oder sogar falsch geübt wird, wird durch die intensive
Einbeziehung der Eltern vermieden – schließlich findet
der größte Anteil des musikalischen Lernens zuhause
statt. Die Eltern sehen und verstehen aus erster Hand, woran das
Kind arbeiten sollte, und werden konkret angeleitet, wie sie das Üben
zuhause am besten begleiten und damit wirkungsvoll gestalten können.
Das Beobachten des Unterrichts der anderen Kinder gibt Kindern
wie Eltern weitere Anregungen.
Diese Balance lag auch den verbleibenden Programmelementen zugrunde:
Spiel und Spaß für die Kinder auch noch beim Basteln
von Musikinstrumenten aus einfachsten Materialien, beispielsweise
ein Schellenbaum mit Kronkorken, eine Zupflaute auf Basis einer
halben Kokosnuss oder ein Kontrabass mit einem Wasserball als Klangkörper!
Der Abschluss schließlich bestand im großen Schülerkonzert
im Rubinstein-Saal des Steinway-Hauses: Das Vorspiel vor großem
Publikum auf der Bühne ist bei Suzuki selbstverständlich,
auch für die Kleinsten. Vollkommen professionell, mit Programm,
auswendigem Vortrag und anschließender Verbeugung. Das Programm
war breit, von einfachen Anfängerstücken mit einer Hand
(die ein Lehrer begleitete) über barocke Menuette und Schumanns „Fröhlichen
Landmann“ bis hin zu ganzen Mozart-Sonaten oder vierhändig
gespielten Tänzen, wobei die Qualität des Zusammenspiels
umso mehr verblüffte, als die Duo-Partner lediglich zwei Tage
zur Verfügung hatten, um sich aufeinander einzustellen. Zu
guter Letzt gab es noch „Twinkle Twinkle Little Star“ im
großen Ensemble auf den vorher selbstgebauten Instrumenten
zu hören.
Der große Bogen der Veranstaltung – die Eröffnung
durch einen Konzertpianisten, das Schlusskonzert aber ausschließlich
mit Auftritten der Kinder – zeigte aber am wunderbarsten,
wie konsequent hier unser musikalischer Nachwuchs im Mittelpunkt
stand!
Gerhard Seiler
Infos zum Thema Suzuki-Methode für Klavier (auch zu Ausbildungsmöglichkeiten
für Lehrer) erhalten Interessierte bei SuzukiPiano München
unter 089-58969543 oder info@klavierunterricht-muenchen.com.