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nmz-archiv
nmz 2007/12 | Seite 40
56. Jahrgang | Dez./Jan.
Landesmusikräte
Großer Wettbewerb mit Wermutstropfen
85 Orchester mit mehr als 3.000 Musikern beim 7. Landes-Orchesterwettbewerb
in Hamm
Es war schon nach dem 6. Landes-Orchesterwettbewerb NRW im Jahr
2003 in Wuppertal absehbar: Dieser Wettbewerb, alle vier Jahre
vom Landesmusikrat NRW veranstaltet und von der Landesregierung
gefördert, gewinnt mehr und mehr an Popularität und Akzeptanz
unter den Laienmusikern im Land. So waren der Landesausschuss des
Wettbewerbs und das Team des LMR NRW sich bereits bei der Suche
nach einem geeigneten Veranstaltungskonzept für 2007 und,
damit verbunden, nach der räumlichen und logistischen Infrastruktur
bewusst, dass hier eine musikalische Großveranstaltung ins
Haus stand, die es in dieser Form in Nordrhein-Westfalen noch nicht
gegeben hatte. Die Resonanz auf die Ausschreibung des 7. Landes-Orchesterwettbewerbs
war dann sogar noch höher als erwartet: Insgesamt 96 Orchester
meldeten sich an, von denen letztendlich 85 wirklich teilnahmen.
Die Stadt Hamm in Westfalen ist im Allgemeinen nicht ein Synonym
für große Kulturevents. Das Wochenende des 10. und 11.
November 2007 hat aber gezeigt, dass dies nicht so bleiben muss.
Den über 3.000 Musikerinnen und Musikern der Orchester konnten
in den insgesamt vier Spielstätten in Hamm optimale Bedingungen
für musikalische Höchstleistungen geboten werden, deren
sich manch größere Stadt nicht schämen müsste.
Im großen Saal des Kurhauses traten die Blechbläserensembles,
die Spielleute, das einzige teilnehmende Akkordeonorchester, die
Gitarrenensembles, die Kinderorchester (eine nordrhein-westfälische „Spezialität“)
und die Sinfonieorchester an.
Herausragend war hier das Blechbläserensemble der Musikschule
aus Hamm sowie das Vororchester des Jugendblasorchesters der Rheinischen
Musikschule in Köln, das mit 88 noch sehr jungen Bläserinnen
und Bläsern anreiste und ein hinreißend kindgerechtes
Programm in der Kategorie „Kinderorchester“ darbot.
Die Aula der Friedensschule bot zwar einen nicht ganz so glanzvollen
Rahmen, war aber für die Darbietungen der Zupforchester und
der Posaunenchöre bestens geeignet. Besonders zu erwähnen
sind hier die Leistungen dreier nordrhein-westfälischer „Dauerbrenner“:
Bei den Posaunenchören konnten erneut die Bläser der
Christuskirche Herford am meisten überzeugen, bei den Zupforchestern
gab es, wie fast in jedem Landes-Orchesterwettbewerb NRW, wieder
ein Kopf-an-Kopf-Rennen des Mülheimer Zupforchesters mit der
Mandolinen-Konzertgesellschaft Wuppertal, das die Zupferinnen und
Zupfer vom Rhein in diesem Jahr knapp für sich entscheiden
konnten.
Zum Wettbewerb hatten sich insgesamt 18 symphonische Blasorchester
angemeldet, was die Wettbewerbsleitung dazu veranlasste, die mit
Abstand größte Halle in Hamm, die 3.000 qm große
Alfred-Fischer-Halle, ganz diesen in NRW sehr leistungsstarken
Klangkörpern zu reservieren. Auch hier überraschte das
Ergebnis die Insider nicht. Der Orchesterverein Hilgen war wieder
nicht zu schlagen und erreichte das Traumergebnis von 25 Punkten.
An den Abenden der Wettbewerbstage war die Halle zudem Kulisse
für die großen Abschlusskonzerte, die mit jeweils circa
1.000 Zuhörern ein begeistertes Publikum fanden.
Ein edles Ambiente bot den Kammerorchestern, den Big Bands und
den Ensembles der „Offenen“ Kategorie der Saal des
Gustav-Lübcke-Museums. Den Atem stocken ließ hier das
Westfälische Jugendkammerorchester Münster, vor allem
mit dem Vortrag des „Adagio for Strings“ von Barber,
bei dem man die Stecknadel fallen hören konnte. Der Wettbewerb
der Big Bands bot grandiosen Swing und Jazz, bei dem sich am Ende
vier Orchester dem Deutschen Orchesterwettbewerb 2008 empfahlen.
Dass von diesen vier Ensembles wohl nur ein einziges an der Wupper
auftreten wird, dafür sorgt eine in Hamm heftig diskutierte
Regelung in der bundesweiten Ausschreibung.
Obwohl in ganz Deutschland die Wettbewerbe dieser Kategorie „Ea“ (Jazzorchester)
und „Eb“ (Jugend-Jazzorchester) zu den zahlenmäßig
und qualitativ stärksten aller Landeswettbewerbe gehören,
gesteht der Projektbeirat des Deutschen Orchesterwettbewerbs den
Bundesländern nur je eine „Festmeldung“ von Jazzorchestern
zu. Andererseits wird getrennt gewertet nach Jugend und Erwachsenen,
was die Jurys und die Verantwortlichen vor die unlösbare Aufgabe
stellt, sich für das eine oder das andere Orchester entscheiden
zu müssen. In anderen Kategorien, etwa bei Blasorchestern,
Akkordeonorchestern oder Kammerorchestern, ist dies nicht erforderlich.
Hier können je ein Jugend- und ein Erwachsenenorchester fest
angemeldet werden. Die Gründe des Projektbeirats sind hierbei,
so hört man, nicht nur finanzieller Natur. Man fürchtet
auch, dass der DOW durch die zu erwartenden mehr als 25 Big Bands
inhaltlich „aus dem Lot“ geraten könnte. Ob man
hiermit aber der Tatsache gerecht wird, dass die Big Band-Szene
in deutschen Schulen und Musikschulen boomt und auch qualitativ
immer mehr an das Profi-Niveau heranwächst, sei dahin gestellt.
In Nordrhein-Westfalen betroffen ist die Junior Big Band der
Clara-Schumann-Musikschule Düsseldorf, die sich trotz hervorragenden Spiels (24 Punkte)
mit einer unsicheren „Optionsmeldung“ nur für
das Nachrückverfahren des DOW qualifizieren konnte. Fest gemeldet
wurde die „BIG STUFF“-Big Band der Musikschule Wipperfürth.
Den Jugendlichen aus Düsseldorf ist diese Regelung leider
nur sehr schwer vermittelbar. Ein Wermutstropfen in einer faszinierenden
Großveranstaltung.