[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2008/02 | Seite 49
57. Jahrgang | Februar
Oper & Konzert
Kein Licht am Ende des Tunnels?
Uraufführung von Hans-Peter Dotts Cellokonzert „Trauergesänge“
Für den 1952 in Koblenz geborenen Isang-Yun-Schüler Hans-Peter
Dott erweist sich das Thema Trauergesang als ein nicht endendes
Work-in-progress. Sein vor elf Jahren vom Kurpfälzischen Kammerorchester
Mannheim uraufgeführtes, zweisätziges „Concerto
die canti malincónici“, das Trauer und Leiden des
Jugoslawienkrieges aufzuarbeiten sucht, bildet den Grundstock zu
seiner neuen Komposition „Konzert der Trauergesänge“,
die vom Dirigenten Israel Yinon angeregt wurde.
Konkret für die Fähigkeiten der russischen Cellistin
Tatjana Vassiljeva konzipiert, erweist sich die um Bläser
und Schlagwerk erweiterte Fassung Dotts als ein kompaktes Spiel
mit Klangfarben und -Flächen. Die drei Sätze entwickeln
aus einem kurzen, um einen Zentralton kreisenden Motiv unterschiedliche „Aggregatzustände
der Trauer“ (Dott). Dabei wird das Soloinstrument sehr kantabel
eingesetzt, es greift Arien- und Rezitativ-Formen auf, sich immer
wieder in fast romantische Gefilde vorwagend. Diese Momente bleiben
im Ohr, aber auch die Motorik der Streicher, der orgelartige Einsatz
der Harmoniestimmen, der verzerrte, alles niederbügelnde Bach-Choral „Aus
tiefer Not schrei ich zu dir“. Das Ende des dritten Satzes
umschreibt der Komponist mit „Die Nacht, das Dunkle, siegt,
von der Erinnerung bleibt nur ein verglühter Stern, der in
einem schwarzen Loch für immer ohne Gedenken versinkt.“
Dieses „letzte Aufleuchten“ ist jedoch überraschend
tonal, wohingegen das finale disharmonische Bersten schwach bleibt.
Der Streicherapparat des Deutschen Kammerorchesters Berlin, im
Gegensatz zu den nicht ganz so homogen hinzutretenden Streichern,
ist ausgezeichnet disponiert und realisierte die Uraufführung
von Dotts Partitur im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin mit
Liebe zum Detail. Tatjana Vassiljeva macht den schwierigen Solopart
mit auskomponierter Kadenz auf einem Stradivari-Cello tatsächlich
zu einem sanglichen Bravourstück mit Tiefe. Das Deutsche Kammerorchester
folgt dem häufig clownesken, aber stets charismatischen Israel
Yinon mit Hingabe. Yinon rückt die Uraufführung zwischen
Strawinskys Concerto in D und Beethovens Vierter, in welcher er
die Kontraste und Verrücktheiten als komische Überraschungseffekte
zu einem wahrlich unerhörten Erlebnis gestaltet – aber
das ist ein anderes Thema.